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Literarische Korrespondenz:
W. Plasil an A. Schöpf
Betrifft:
Erbschafts- und Vermögenssteuer

Lieber Alois!

Allseits wird inzwischen anerkannt, dass man ein faires Modell der Besteuerung von Erbschaft und Vermögen braucht. Selbst einige Millionäre rufen schon danach. Wer die gesellschaftspolitische Brisanz dieser Notwendigkeit noch nicht erkannt hat, setzt sich dem Verdacht aus, faktenresistent zu sein.

Ich meine, das ist auch weder eine rechte noch eine linke Position, sondern ein Schritt für mehr soziale Gerechtigkeit. Es muss Ziel sein, die verschwindend kleine Besteuerung von Vermögen in Österreich (auch im europäischen Vergleich) auf ein vertretbares Maß anzuheben. Das ist vernünftig. 

Literatur darüber und Berechnungen dazu gibt es inzwischen im Überfluss. Auch Modelle aus anderen Ländern liegen längst vor.

Es sollte also nicht allzu schwer sein, auch für Österreich so etwas einzuführen. Das Vermögen des Mittelstands wird nicht vernichtet, die Wohlhabenderen werden nicht aus Österreich flüchten und es wird auch niemand enteignet, nur weil es eine Steuer gibt, die anderswo längst existiert. Ja, es wird welche geben, die sie bezahlen müssen.

Es heißt immer, Österreich sei ein Hochsteuerland. Da ist tatsächlich was dran. 

Sehen wir uns das näher an.
Was nimmt der Staat an Steuern ein, welche Gruppen zahlen wieviel?
80 % zahlt  die große Masse in Form von Lohn- und Einkommenssteuer. Auch die Mehrwertsteuer, die alle Verbraucher trifft, ist hier mitberechnet.
6 % beträgt der Anteil aus Besteuerung von Unternehmensgewinnen.
3 % stammt aus Besteuerung von Vermögen, Aktien und Vermietung.
11 % kommen aus div. Steuern im Kommunalbereich.

Also hoch besteuert wird eigentlich die breite Masse, weil Arbeit so hoch besteuert ist. Was geschieht, um die Situation besser zu machen?

Nur 9 % der gesamten Steuereinnahmen stammen aus Vermögens- und Unternehmergewinnen. Für Vermögende ist Österreich wirklich kein Hochsteuerland. Und ab 2024 werden die Gewinne noch niederer besteuert!

Nun zu deinem Beispiel:

Das Kind eines Bauern erbt einen Grund von 2.000 m2. Natürlich alles nur fiktiv. Du nimmst den Wert mit 4.000 € /m2 an, was dem eines Baugrunds entspricht. Ein Haus ist auch noch drauf. Das ergäbe dann ein Erbe in Höhe von 8,5 Millionen €.

Das heißt, eine Person wird mit einem Schlag ohne eigene Anstrengung zum Multimillionär. Für den Durchschnittsbürger reden wir da von astronomischen Werten!

Würde ein Leistungsträger, sagen wir ein Facharbeiter, monatlich 1.000 € sparen, um auf 8,5 Millionen zu kommen, würde er 8.500 Monate oder 708 Jahre dafür brauchen.

Aber in deinem Beitrag klingt das so, als ob der bedauernswerte Millionenerbe ins Unglück gestürzt wird. Sein finanzieller Ruin ist vorgezeichnet, weil er ab nun Vermögenssteuer bezahlen muss.

Zu den Ausmaßen des Grundstücks, damit man sich das besser vorstellen kann:
Das Erbe bestünde aus 2.000 m2 Grund! Das Mindestmaß für den Bau eines Eigenheims beträgt 150 m2. Also wäre der Grund theoretisch ausreichend für 13 Eigenheime.

Freilich wäre das mit 150 m2 sehr knapp. Daher rechnen wir mit dem Doppelten. Man könnte auf diesem Grund immer noch 6 komfortabel große Eigenheime bauen.

Das soll nur ein Hinweis dafür sein, was man mit dem Grund auch machen könnte.
Man könnte den Baugrund aber auch unbebaut lassen. Wie man weiß, wird das gemacht, um abzuwarten, was die laufende Wertsteigerung noch alles bringen wird. Aber das ist ein anderes Thema.

Also berechnen wir:

Der Wert von Grund und Haus wird nach dem SPÖ Vorschlag nach dem Modell der bestehenden Grundstücks-Werteverordnung des Bundes berechnet. Nach genau diesem System wird derzeit auch die Grunderwerbssteuer ermittelt, die der fiktive Erbe nach derzeit gültigem Tarif zu zahlen hätte. Sie beträgt 2 % für Familienmitglieder, in dem Fall: 170.000 €.

Diese Steuer würde aber nach dem SPÖ Modell überhaupt abgeschafft werden. Das erspart sich der Erbe mal. Dann noch etwas zu den lt. SPÖ Modell geplanten Erbschaftssteuern.

Bewohnt der Erbe das ererbte Eigenheim für die Dauer von 10 Jahren als Hauptwohnsitz, entfällt auch die Erbschaftssteuer.

Und was die Vermögenssteuern betrifft:
Ja, den (bedauernswerten) neuen Multimillionär wird es mit einer Vermögenssteuer treffen. Da gibt es nichts zu rütteln dran.

Aber deine Berechnung, wonach im Lauf von 80 Jahren 40% des Vermögens vom Staat (das sind übrigens wir alle) einkassiert wird, hinkt.

Allein schon deswegen, weil du die laufende Wertsteigerung des Grundstücks nicht berechnet hast. Meinst du nicht auch, dass die höher sein wird als die Steuer. Also höher als 0,5 % pro Jahr? Und die Wertsteigerung wird dann auch nur mit 0,5% besteuert.

Auch ein möglicher Ertrag aus einer Nutzung des riesigen Grundstücks ist nicht berechnet. Klar würde der auch besteuert, aber es bliebe noch genug übrig.

Ein ganz anderes Beispiel wäre das auch von dir genannte, mit dem älteren Paar.
So schnell wird es wohl nicht dazu kommen, dass es ein nahezu mittelloses (?) Pensionistenehepaar an den Rand des Ruins treibt, nur weil sie ein Haus und einen etwas größeren Garten haben.

Wenn es ein Ehepaar mit der Steuer träfe, die ja personenbezogen berechnet wird, könnten ja beide Hälfte-Eigentümer sein. In dem Fall müsste zum Beispiel allein die Hälfte ihres bescheidenen Anwesens über 1,5 Millionen € wert sein, bevor überhaupt eine Steuer anfällt.

Ich weiß nicht, ob es derart finanzschwache pensionierte Einzelpersonen mit eigenem Haus und Garten gibt, das einen Grundstückswert inkl. Haus von wesentlich mehr als 1,5 Millionen Euro hat. Und wenn ja, ginge es nur darum, jenen Betrag zu besteuern, der darüber hinaus geht.

Also ich denke, man sollte da noch einige plausible Beispiele aus der Praxis durchrechnen. Am Ende vermute ich, dass wir mit so einem oder ähnlichem Steuermodell ganz gut zurechtkommen. Auch in anderen Ländern hat man das geschafft. Die Wohlhabenderen konnten die Steuer aufbringen und mussten nicht vom Sozialstaat gerettet werden.

Es trifft sicher nicht die Armen, soll aber bei den nicht so Armen einen gerechten Beitrag einfordern. Freilich wird man über das Ausmaß an Gerechtigkeit streiten. Aber so wie es derzeit ist, kann es nicht bleiben.

Und eine Besteuerung, ohne dass die Besteuerten davon etwas merken, bleibt wohl für die Betroffenen ein Wunschtraum.

Literaturtipp:
Theorie und Ideengeschichte der Steuergerechtigkeit. Reiner Sahm (2018)

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Walter Plasil

Walter Plasil, Jahrgang 1946, geboren in München, aufgewachsen in Wien, seit 1971 in Innsbruck. Führte viele Jahre das INGENIEURBÜRO WALTER PLASIL für Technische Gebäudeausrüstung und Energieplanung und war als Allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger tätig. Walter Plasil: „Ich war immer ein Vielschreiber und habe nun, nachdem meine bisherige Tätigkeit dem Ende zugeht, Zeit und Lust dazu, auch zu veröffentlichen. Mein neuer Beruf daher: „Literat.“

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Margit Jordan

    Zu Walter Plasil: Erbschafts- und Vermögenssteuer
    Der Bereich Steuern und die damit verbundene Gerechtigkeit liefert seit jeher Anlass zu Auseinandersetzungen und politischen Querelen. Es dürfte aber einleuchten, dass die Erben großer Vermögen auch einen adäquaten Beitrag für die Allgemeinheit leisten können. Das hat weder mit Neid noch mit Klassenkampf zu tun, sondern schlichtweg mit Fairness gegenüber Menschen in einem Staat, denen das Glück einer großen Erbschaft nicht gegönnt ist. Die Vermögensverhältnisse in Österreich fallen ohnehin für die Superreichen sehr günstig und für die weniger Bemittelten, also den Mittelstand mit den Arbeitenden und Wohlstand Schaffenden im Vergleich eher ungünstig aus.
    Der Beitrag von Walter Plasil bringt klar zum Ausdruck, dass Steuern für ausgleichende und nicht zu große Einkommensunterschiede sorgen sollen. Nicht der Häuslbauer soll zum Handkuss kommen, sondern die Erben unverdienter großer Vermögen!

  2. c. h. huber

    danke für diesen kommentar, der einiges ins rechte, also richtige licht rückt!

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