Literarische Korrespondenz:
Alois Schöpf an Anton Mattle
Dorothea Zanon an Alois Schöpf
Andreas Braun an Dorothea Zanon
Alois Schöpf an Dorothea Zanon
Automatische Antwort an Alois Schöpf
Betrifft: Das Land Tirol fördert keine Blogs!

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann!
Sehr geehrter Herr Mattle!

Als neuem Kulturreferenten darf ich Ihnen das unten stehende Mail an ihre Vorgängerin Dr. Palfrader zur Kenntnis bringen. Wie Sie dem im Anhang beigefügten Schreiben der Kulturabteilung entnehmen können, wurde mein Ansuchen mit der lapidaren Begründung abgelehnt, das Land fördere keine Blogs. Immerhin Inhaber des Verdienstkreuzes des Landes Tirol habe ich diese Art der Ablehnung als arroganten Akt empfunden.

Ich kann nur hoffen, dass das allgemeine Gerede über die Notwendigkeit der Digitalisierung der Gesellschaft nun auch am Boden der politischen Realität angekommen ist, weshalb ich mir erlaube, mein Ansuchen erneut, diesmal an Sie zu richten.

Im Unterschied zum Mai 2021, als ich es zum ersten Mal versuchte, hat sich Folgendes geändert:

1. schoepfblog wurde inzwischen von 60.000 Personen besucht und verfügt im Vierteljahr über eine Leserschaft von ca. 8000 Personen, was mehr ist, als jede vom Land bisher geförderte Kulturzeitschrift jemals erreichte.

2. Weiterhin möchte ich die mir zufließenden allfälligen Subventionen lediglich dazu benützen, um meinen Autoren ein einigermaßen faires Honorar bezahlen zu können. Für mich würde ich lediglich die Unkosten der Infrastruktur einbehalten. Meine eigenen Artikel, die oft mehrere tausend Leser erreichen, würde ich somit nicht honorieren, sondern lediglich jene anderer Autoren.

Ich habe mich mit der Bitte an Andreas Braun und Karlheinz Töchterle gewandt, mir ein Empfehlungsschreiben zukommen zu lassen in der Hoffnung, Sie, sehr geehrter Herr Landeshauptmann, durch die Unterstützung dieser beiden Persönlichkeiten für mein Projekt gewinnen zu können. Sie finden die Empfehlungsschreiben im Anhang.

Sollte das Land Tirol sich zu einer Unterstützung bereit erklären, würde das in folgende Formulierung auf der Titelseite des schoepfblog eingebunden:

Kontroversielle Debatten sind die Basis einer funktionierenden Demokratie. Aus diesem Grund wird schoepfblog unterstützt von:

Mit herzlichen Grüßen
Alois Schöpf


Sehr geehrter Herr Schöpf,

vielen Dank für Ihr Engagement und Ihre Anfrage an Herrn Landeshauptmann, die ich nach fachlicher Rückfrage beantworten darf.

Die Kunst- und Kulturförderung des Landes Tirol basiert auf Richtlinien, die sich auf das Tiroler Kulturfördergesetz berufen. Diese Richtlinien sind auch die Grundlage für die Ablehnung der Fachabteilung aus dem Jahr 2021. Gemäß dem geltenden Förderregime fördert die Kulturabteilung des Landes aktuell keine Blogs. Ich bitte um Verständnis, dass ein Abweichen von diesen Richtlinien oder eine Einzelfallentscheidung nicht möglich sind.

Eine generelle Änderung der Kunst- und Kulturförderung beziehungsweise eine Erweiterung der Richtlinien hat verständlicherweise einen budgetären Mehrbedarf zur Folge. Sinnvolle Anpassungen der Förderrichtlinien werden zu gegebenem Zeitpunkt diskutiert, dann in Verbindung mit der Budgetplanung für das Jahr 2024.

Daraus leiten sich auch die künftigen Möglichkeiten für die Kunst- und Kulturförderung ab.

Ich bedaure, dass ich Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt keine positive Rückmeldung geben kann, darf aber um Verständnis für die aktuelle Situation bitten.
Mit besten Grüßen,
Dorothea Zanon


Sehr geehrte Frau Magister Zanon, liebe Dorothea!

Ich habe Deine Absage einer Förderung des „schoepfblogs“ in Kopie dankend erhalten. Du gestattest mir eine kurze Anmerkung, was die Begründung dieses ablehnenden Schreibens anlangt:

Zunächst frage ich mich in formalrechtlicher Hinsicht, ob die von Dir apostrophierten Richtlinien wirklich keinen Spielraum eröffnen würden. Das Tiroler Kulturförderungsgesetz führt explizit elektronische Medien, neue Medien und unkonventionelle Kulturäußerungen als förderwürdige Kategorien an. Zudem liegt es im Wesen jeder effektiven Kulturpolitik, dass sowohl inhaltlich als auch budgetär ein gewisser Ermessensspielraum offen bleibt.

Abgesehen vom Rekurs auf einen formaljuristischen Standpunkt vermisse ich den redlichen Ansatz einer meritorischen Stellungnahme aus kulturpolitischer Perspektive, das heißt welchen intellektuellen Mehrwert verspricht der besagte Blog, bzw. welch gesellschaftspolitischer Impact kann von dieser neuen Plattform geistiger Auseinandersetzung mit Fug und Recht erwartet werden.

Allein die jüngsten konstruktiv/kritischen Beiträge von Alois Schöpf betreffs einer anderen Tiroler Kulturpolitik hätten meines Erachtens in Deinem Schreiben erwähnt werden sollen. Dies vor allem, um die Vermutung zu widerlegen, dass formelle Argumente die Befassung mit inhaltlichen Fragen ausblenden bzw. substituieren könnten.

Ich bin mir bewusst, liebe Dorothea, welch akrobatische Seiltänze Ihr täglich hinsichtlich Kulturförderung mit und ohne Netz absolvieren müsst, dennoch drängte es mich als alten Beobachter der Tiroler Politik Dir meine Meinung in Sachen schoepfblog kundzutun.

Kurzum: Aufmüpfiges und vom braven Mainstream Abweichendes gehörte gefördert. Das auch ins Ohr Deines Kulturreferenten.

Liebe Grüße Andreas


Sehr geehrte Frau Mag.a Zanon!

Ich danke Ihnen sehr herzlich für Ihr Mail.
Da ich jedoch nicht Sie, sondern Herrn Mattle angeschrieben habe, betrachte ich Ihr Mail nicht als eine Antwort auf mein Ansuchen.

Ich akzeptiere derartige obrigkeitliche Gesten nicht und warte darauf, dass Herr Mattle sich persönlich an mich wendet. Man muss in diesen Dingen nur Geduld haben.

Ich bitte Sie sehr herzlich um Verständnis, zumal ich die Höflichkeit in Ihrem Schreiben sehr wohl zur Kenntnis genommen habe.
Mit besten Grüßen
Alois Schöpf


Sehr geehrte Damen und Herren,
ich bin beruflich außer Haus und lese meine Nachrichten nur unregelmäßig. In dringenden Angelegenheiten wenden Sie sich bitte an buero.landeshauptmann@tirol.gv.at bzw. 0512 508 2004.
Herzliche Grüße,
Dorothea Zanon

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Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

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