Helmuth Schönauer
Rückschlag für Tourismus in Afghanistan
Spanische Weltenbummler
in der Provinz Bamyian
überfallen!
So und ähnlich ist eine Nachricht überschrieben, die ähnlich selbstverständlich wie die Staumeldungen zu Pfingsten über die Kanäle kam. In der afghanischen Provinz Bamyian, die vor allem durch ihre gesprengten und teils restaurierten Buddha-Statuen bekannt ist, kam es zu einem Überfall mit mehreren Toten. Die Reaktionen in Europa sind fast einhellig: Was haben Touristen momentan in Afghanistan verloren?
Kühne Vermutung: Es könnten Pioniere gewesen sein, die austesten wollten, ob es schon wieder geht. Denn nichts macht Reisende aus Europa so wild, wie Länder, in die man nicht hinfahren kann. Dazu muss man sich in Erinnerung rufen, dass die Menschheit mittlerweile die Erde vollends unterworfen hat. Es gibt kein Stück Brache mehr, denn überall ist schon jemand gewesen und hat seinen Fußabdruck hinterlassen oder ein Selfie gemacht.
Für Europäer mit ihrer Überbevölkerung, dem Overtourismus und der Über-Versiegelung des Bodens werden daher die Länder weltweit eingeteilt nach ihrer Nutzbarkeit.
Die gängigsten Nutzungsarten von Ländern und Landschaften sind dabei:
a) Tourismus
b) Bergbau / Energie / Landwirtschaft
c) Krieg
Diese Nutzungsarten gehen oft fließend ineinander über, wie man am konkreten Beispiel Afghanistans sieht. Bergbau gilt hier übrigens als Anbau von Mohn im Gebirge.
Nachdem die europäischen Friedenstruppen als Beiwerk der Amerikaner aus Afghanistan abgezogen sind und keine direkte Erfahrung mehr mit dem Land haben, müssen sie offensichtlich monatlich testen, welche Nutzung schon möglich ist. In der Graphik der Friedensdividende steht dabei eindeutig der Tourismus an der Spitze. Wenn es Tourismus gibt, gibt es keinen Krieg, daher muss der Tourismus gefördert werden.
Ein bisschen liegt dieser europäischen Floskel auch die Erfahrung mit Südtirol zugrunde, wo man bald gemerkt hat, dass Bewirtung einträglicher ist als Mastensprengen. Jetzt gilt es, dieses Friedensmodell auf der ganze Welt zu verbreiten. Der Druck auf die Länder nimmt nämlich zu, seit sich ganz Europa gegenseitig auf die Füße steigt. Staaten mit ausreichend Retentionsflächen für Flutungen durch Reisende werden immer weniger. Zum einen, weil in Ländern wie Chile das halbe Land enteignet und für Solar- und Batteriezwecke umgebaut wird, zum anderen, weil in bisherigen Reisedestinationen immer öfter Kriege ausbrechen.
Da ist es kein Wunder, dass man EU-weit vor der Wahl noch schnell austestet, wie komfortabel diverse Länder für das Reisen sind. Deshalb sollte man die jetzt in Afghanistan überfallenen Touristen als europäische Pioniere friedlicher Expansion würdigen und weniger als frivole Vertreter von Katastrophen- und Extremtourismus.
Denn hinter dem Austesten des Tourismus in Afghanistan könnte noch eine ganz andere europäische Überlegung stecken: Wenn es in Afghanistan wieder Tourismus gibt, dann darf man womöglich abgelehnte Asylwerber auch wieder problemlos dorthin zurückschicken.
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