Helmuth Schönauer
Will haben Frau.
Stichpunkt

In einem Fellini-Film sitzt ein Narr in einem Baum und schreit den ganzen Tag lang: „Ich will eine Frau!“ Als die Sonne untergeht, erscheint aus dem nahen Kloster eine resche Nonne mit flatterndem Kopfsegel, steigt auf einer Leiter den Baum hinauf und führt den sedierten Narren ab.

An diese Sequenz sind wir staatstragenden Männer gemahnt, wenn wir unseren Wunsch vortragen, eine Frau möge doch als Bundespräsidentin kandidieren.

Jetzt sind die Wahllisten heraußen – es bewerben sich nur Männer.
Und wer jetzt noch nach einer Frau schreit, wird abgeführt wie in einem gut gegenderten Film.

Woran liegt es, dass nur eine Horde Männer dem amtierenden Bundespräsidenten in der WZ (Wahlzelle) gegenübertritt?

Aus den letzten öffentlichen Nachrichten zur Genderei in Österreich lassen sich nur Vermutungen anstellen.

– Der aktive Bundespräsident hat so weibliche Züge angenommen, dass er als Frau durchgeht.

– Die Gemahlin des Bundespräsidenten hat sich so als „Frau Bu-Präs“ eingelebt, dass sie von den Frauen des Landes erwartet, dass sie keine weibliche Gegenkandidatin aufstellen. Denn die einzige Frau in der Hofburg verlöre dann womöglich ihr Amt.

– Die Österreichische Verfassung ist von einem Mann geschrieben und es verbietet der Anstand, dass unter diesem hormonell geprägten ungegenderten Text eine Frau antritt und sich gar einem Amt unterwirft.

– Der weibliche Anteil bei Staatsakten in Österreich ist durch die Nachjustierung der Bundeshymne ausgiebig befriedigt. Zwar ist die Bundeshymne ursprünglich von einer Frau geschrieben worden, aber durch den männerdominierten Nationalrat ist sie jetzt ausreichend gefälscht und verhunzt (siehe Dominas und Töchterinnen), sodass sie als Kunstwerk entwertet ist. Wieder einmal sind es weibliche Begriffe, die ein bewährtes Kunstwerk entmündigt und zu einem Genderfall gemacht haben.

– Wie der Equal-Day beweist, müsste eine Frau sieben Jahre lang in der Hofburg sitzen, um die Leistung eines Mannes in fünf Jahren zu erbringen. Da die Lebenserwartung einer Frau höher ist als die eines Mannes, würden die Wähler vermutlich keine antretende Frau wählen, weil diese sie alle überleben würde. Und das macht Angst.

– Vielleicht sind die Frauen einfach nicht reif für dieses Amt. Man kann das nur als Vorurteil vermuten, denn einen logischen Grund für das Nichtkandidieren gibt es nicht.

Oder es ist alles nur ein großes sprachliches Genderspiel. Da es in der Realität niemanden interessiert, welches Geschlecht der Bundespräsident hat, beschränkt sich die Genderbewegung darauf, sprachlich ein bisschen Wirbel zu machen und Sternchen in die Wörter zu pressen.

Wenn es dann ans Eingemachte geht, hauen diese Wörterkämpferinnen ab, um nach der Wahl arrogant festzustellen, dass sich wieder nur Männer um das Amt beworben haben.

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Helmuth Schönauer

Helmuth Schönauer (* 23. September 1953 in Innsbruck) ist Schriftsteller und Bibliothekar an der Universität Innsbruck. In seinen Romanen beschreibt er das Alltagsgeschehen skurriler Randfiguren auf dem Weg nach oben. Als beinahe lückenloser Rezensent der Tiroler Gegenwartsliteratur ist er Vertreter der "low lectured edition". Im sechsbändigen Tagebuch eines Bibliothekars sind knapp 5000 Rezensionen aus den Jahren 1982–2018 zu einem durchgehenden Fließtext zusammengefasst, der chronologisch nach Erscheinungsweise der rezensierten Bücher geordnet ist. Dadurch ergibt sich eine zeitgenössische Geschichtsschreibung anhand von Lektüre. Schönauer ist Mitglied der Grazer Autorinnen Autorenversammlung.

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