Helmuth Schönauer
Schönwetterdämmerung
Stichpunkt
Jeder von uns
kann eine Katastrophe
katastrophal managen!
Noch bevor das Sommerloch kommt, werden noch einmal die besten Sager des letzten Jahres aufgetischt. Und seit pandemisch bedingt die Politik ausschließlich darin besteht, mit mehr oder weniger geglückten Statements den Wählern die eigene Hilflosigkeit zu übermitteln, fällt auch das Urteil von uns Kritikern überraschend mild aus.
„Bleibts zu Hause, damit die anderen kommen können!“
Dieser wunderbare Satz hat die Kraft, die Epoche einer langjährigen Landeshauptmannschaft zu überleben. Der Unterhaltungskünstler und auf Stehereignissen gern gesehene Folklore-Chef ist angeschlagen und persönlich betroffen, seit seine unverbindlichen Sätze plötzlich ungeahnten Tiefgang der anderen Art bewirken.
Als Heilmittel gegen alles das tägliche Schifahren zu empfehlen, ist ein zu primitiver Schachzug, als dass er einem modern gewickelten Schamanen (ein solcher muss in Tirol ja der Landeshauptmann sein) zur Ehre gereicht.
„Ah! Das war doch der Tourengeher, Quarantänemeister und Sonnenscheinpolitiker!“ So wird vielleicht die Enkelschaft urteilen, wenn man ihr die Ahnengalerie großartiger Tiroler Landeshauptleute in Form eines Wimmelbildes vorlegt und dabei auf den zerknirschten Zammer zeigt, der am Schluss nichts mehr z´ammhalten konnte.
„Ich bin wahnsinnig gerne Landeshauptmann gewesen, weil es für mich eine schöne Zeit war!“
Je länger der Landeshauptmann über sich, die Zeit und seine heißgeliebten Tirolisierenden räsoniert, umso mehr muss er feststellen, dass sich eine Entfremdung breitgemacht hat.
Mit der Maske die Schützenformation abzuschreiten, wobei auch die Gewehre eine Maske aufgepfropft haben, unterm Mundschutz das Stamperl anzusetzen, durch den Janker die Impfung in den salutierenden Oberarm zu jagen – selbst der landesübliche Empfang ist in den letzten Jahren aus dem Ruder gelaufen und hat um ein Ende der Sonnenscheinepoche geflennt. Wenn es aber keinen landesüblichen Empfang mehr gibt, hat Tirol nichts mehr, was es so einmalig auf der Welt macht.
„Einmal muss genug sein!“
Dem Landeshauptmann sind plötzlich gehässige Töne um die Ohren geflogen. Spätestens als die fesche Studententruppe um den Bundeskanzler samt ihren Chats gecrasht war, tauchten auch die unangenehmen Jubel-Bilder wieder auf, wo der akut längst-dienende Landeshauptmann samt seinem tirolisierenden Wahlvolk Winke-winke machte in Richtung Medien-Messias.
Und mit der sogenannten Künstlichen Intelligenz Schrammi, wie die Digitalministerin liebevoll bezeichnet wurde, in den Bundeswahlkampf zu ziehen, bringt auch keine Glanzlichter ins Netz. Schrammis Plattform wurde dieser Tage mit einem finalen Mausklick vom Netz genommen.
Das Wording funktioniert nicht mehr. In einer Katastrophe braucht es katastrophal-schöne Worte. Etwa, dass wir zu Hause bleiben sollen, weil wir keine „Kohle“ mehr haben, um in die Luft zu gehen oder an den Gardasee zu fahren.
In einer Katastrophe zu versagen, ist keine Kunst. Jeder von uns hätte in der Pandemie vermutlich eine ähnlich jämmerliche Figur abgegeben wie jener, der sie mit guten Sprüchen zu beschönigen versuchte.
Die Regierung des allmählich Zurücktretenden wird somit in die Geschichte als Katastrophen-Kabaret eingehen. Einigen dämmert es, dass ihre Tätigkeiten an der Apokalypse und nicht am landesüblichen Empfang gemessen werden. Sie haben anklingen lassen, dass auch sie diese emotionale Eintrübung erfasst hat, die auftritt, wenn eine Hitzewelle die entblößte Psyche trifft. Auf die meisten der Katastrophenregierung hat dieser Hitzschlag der Erkenntnis allerdings noch nicht durchgeschlagen.
Denn viele aus der Katastrophenregierung können sich vorstellen, wieder einer Regierung anzugehören, wenn sie gefragt werden. Und auch die apokalyptischen Sager haben kein Ende. Sagt doch glatt einer, als die zweite Röhre am Lermooser Tunnel vorgestellt wird:
„Diese Transitroute ist keine neue Transitroute!“
Das in einer Stimmung, wo man in Brüssel konkrete Daten zum Verbot von Verbrennungsmotoren nennt. Bis die zweite Röhre fertig ist, hat der Kontinent ja schon längst die Mobilitätswende hinter sich gebracht und wird weniger und elektrischer unterwegs sein.
Vielleicht ist der Weltuntergang doch irgendwie hausgemacht, wenn wir alles so weiterplätschern lassen wie bisher. Vielleicht kann uns der Elektromeister der Zukunft als Landeshauptmann neue Sätze liefern. Ändern wird er nichts, außer dass er still die diversen Aufsichtsratsposten des Vorgängers übernimmt, damit sich wirklich nichts ändert.
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