Helmuth Schönauer
Entlein auf dem Nachrichtensee
Stichpunkt
Scharf mitdenkende Nachrichtenuser hören es nicht gern, wenn man sagt, dass die Nachrichten ein Geschäft sind, das bestenfalls etwas Unterhaltung abwirft. Das Blabla von Aufklärung, Information und Demokratiepflege ist höchstens ein schmeichelndes Wording dafür, dass man ein zahlender Konsument ist, der in den Wellnessbecken der Infokanäle weich gespült wird.
Vier kleine Ereignisse am Rand dieses Infotainment-Pools zeigen an einem einzigen Tag, wie wir als vertrottelte Spielenten auf den Wellen dahinplätschern müssen.
Szene eins mit arte
Der ziemlich intellektuell aufgeplusterte Sender arte überträgt wegen eines Streiks in Frankreich wieder einmal aus dem Regieraum statt aus dem Rundum-Studio. Es ist schon der zwölfte Streiktag wegen der Pensionsreform, und das arte-Publikum hat sich daran gewöhnt, dass die Nachrichten ohne Schnickschnack daherkommen.
Die Sendung erfüllt ihren Informationsauftrag vollkommen, obwohl sie aufgezeichnet und verkürzt ist. Das Publikum wünscht sich, dass noch lange gestreikt wird, damit die Informationen ernsthaft und klar bleiben.
Denn warum muss sich ein normaler arte-Kunde täglich ansehen, wie eine Moderatorin auf High Heels fünf Minuten der Zeit damit verbringt, dass sie auf und ab geht und was vom Prompter liest?
Szene zwei mit Kurier
Der Kurier ist in der Krise und muss 20 von seinen 200 Mitarbeitern entlassen. Große Betroffenheit und Blabla, weil die Lage der Presse in Österreich so desaströs ist.
Richtig ungut wird es allerdings für die Konsumenten, wenn Kurier-Geschäftsführer Thomas Kralinger, der auch Vizepräsident des Verbands Österreichischer Zeitungen (VÖZ) ist, Kritik an den Regierungsplänen zum ORF-Gesetz übt.
Der ORF hat einen klaren Wettbewerbsvorteil. Ich kenne keinen anderen Markt, wo es eine derartige Dominanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gibt.
Er fordert deshalb eine sehr starke Beschränkung des Textangebots. Der ORF soll sich auf Bewegtbild und Radio konzentrieren und sich aus dem Textangebot radikal zurückziehen. Das kann noch eine Minimalerklärung zu Bewegtbildern sein, aber kein zeitungsähnliches Angebot, keine Nachrichtenseite.
(Quelle: red, ORF.at/Agenturen 13/04/23)
Umgesetzt auf den Konsumenten heißt das: Der Kurier möchte dem ORF verbieten, dass er schriftliche Nachrichten sendet. Das Publikum ist verbittert. Wie kommt es dazu, dass es zuerst per Haushaltsabgabe durch den ORF zwangsverpflichtet wird, seine Nachrichten zu konsumieren, und dann eine private Zeitung bestimmt, was wo in welchem Medium geschrieben werden darf oder nicht?
Die skurrile Verbotsforderung erinnert an zwei Kartoffelverkäufer auf einem Bobo-Bio-Markt. Der eine hat schrumpelige Biokartoffel, macht kein Geschäft und will daher ein Verbot der Kartoffeln seines Nachbarn, weil dieser glatt-glänzende, weil un-bio, anbietet.
Mit dem gleichen Recht, mit dem der Kurier uns die Textnachrichten im ORF verbieten will, werden wir wohl demnächst eine Petition unterschreiben müssen, wonach wir das Verbot des Kuriers fordern. Obwohl: Der Kurier ist längst dermaßen nebensächlich, dass auch sein Verbot nicht bemerkt würde.
Szene drei mit Alt-Herausgebern
Dem Journalisten im Alter ist es scheißegal, was er früher gemacht hat. Wenn er irgendwann zu Wohlstand gekommen ist, wird die dabei an den Tag gelegte ideologische Haltung esoterisch.
Armin Thurnher, der Gründer des linken Falters, kriegt sich in seinem jüngsten Buch Anstandslos nicht mehr ein vor lauter Schwärmen über seinen Waldviertler Park, in den er sich zurückgezogen hat. Die Bäume und Sträucher sind jetzt das Thema.
https://schoepfblog.at/helmuth-schonauer-bespricht-armin-thurnher/
Auf der anderen Seite des Medienspektrums sitzt ein gewisser Herr Fellner, der mit einem sehr frei moderierten Journalismus berühmt geworden ist. Ab und zu taucht er in der Immobiliensparte auf, wenn Gerüchte halber wieder einmal ein Umfrage- und Wahl-Projekt mit einer Villa besichert werden muss.
Kurzum, man kann im Journalismus auch reich werden, wenn man genug dummes Publikum findet, das einem die Nachrichten abnimmt, und wenn man sich dann rechtzeitig in die Pension verabschiedet.
Szene vier mit Herausgeber-Habenichtsen
Der Vollständigkeit halber sei noch angeführt, dass es auch Journalismus jenseits von Geschäft und öffentlicher Förderung gibt.
Die Herausgeber von ZackZack (Peter Pilz) und schoepfblog haben wortgleiche Ablehnungsschreiben über ihren Schreibtischen aufgehängt:
Blog ist kein Journalismus, wie wir ihn für angenehm halten, und er wird daher nicht gefördert! – Die Regierenden.
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