Helmuth Schönauer
20 Jahre Edition BAES
Eine Würdigung
Für einen alten Beatnik beginnt der Tag mit einem Error am Blutdruckmessgerät. Früher, als er noch unterwegs war, hätte er Erektion dazu gesagt. ‒ Was für ein ungegendertes Wortspiel! Aber es ist vielleicht schon die letzte kleine Freude für den ganzen Tag. Der Held ist zwar beim Aufstehen stärker als seine medizinischen Hilfsmittel, später am Tag aber ist es umgekehrt.
Diese Kleinepisode ohne Nutzen zeigt das Wesen der Beat-Literatur. Sie ist dort witzig, wo niemand es erwartet, und zieht sich zurück, wenn das Publikum auf Lachen eingestellt ist. Apropos Publikum: Die Beat-Literatur ist generell für eine Verwirklichung ohne Publikum ausgelegt. Also ideal für Seuchen und andere Katastrophen.
Der BAES Verlag, der das Kürzel BEAT in sich trägt, verortet sich genau in der Klusse, wo das Blutdruckmessgerät versagt. In einer früheren Verlags-Aussendung hieß es einmal, die BAES-Bücher sind als Geschenk aufzufassen, weshalb sie auch nicht von jedem erworben werden können. Solidarität mit den Autorinnen ist das mindeste, das man von einem Buchkäufer erwarten kann. Und bei den Kosten, die hinter dem Vertrieb, Druck und Layout stecken, kann man ohnehin nicht von Kauf sprechen, sondern höchstens von Unkostenbeitrag.
Der BAES-Verlag ist spezialisiert auf Beat-Literatur. Diese Expertise funktioniert in beide Richtungen. Wenn etwas Beat ist, kommt es zu BAES, und umgekehrt wird etwas zum Beat, weil es im BAES abgedruckt wird. Der Verlag entspricht dadurch einer Etikettiermaschine, freilich sind die Etiketten handgemalt und Einzelstücke.
Die Auseinandersetzung mit der Beat-Literatur beackert thematisch drei Felder.
– Im innersten Kern werden die Klassiker des Beat gewürdigt, erschlossen oder übersetzt. Zu dieser Aufgabe gehört auch das Management dieser Literatur beim Literaturfestival Sprachsalz in Hall, wo jeweils verlässlich Größen der Ur-Beatnik-Szene auftreten.
– In einem halbinneren Kern geht es dann um die Beatnik-Literatur in Österreich. Texte, die aus der Rezeption der Klassiker entstanden sind, werden ausgebaut und fortgeschrieben. Die Thematik eines Lebens „On the Road“ und an der Peripherie wird fundamentiert mit der Sensorik des aktuellen Jahrzehnts.
– Als dritte Schicht der Verlagsfrucht, quasi das Fruchtfleisch, gilt die Pflege der Beatnik-Menschen in Österreich. Hierbei kommen Autoren und Autorinnen zu Wort, deren Literatur aus Lebenswandel und deren Lebenswandel aus Literatur besteht.
Im Beat, muss man wissen, funktioniert die Literatur, auch wenn man nichts geschrieben hat. Der Gestus des Literaten reicht aus, um Literat zu sein. Zum Beat-Autor wird man freilich erst durch die Biographie, die meist am Rande der Gesellschaft stattfindet. Prekäre Lebensverhältnisse sind an der Tagesordnung, zumal ein echter Beatnik keine Stipendien annimmt und Preisen aus dem Weg geht.
Als Lebensmotto gilt: Die Rente des Beatniks ist der Tod!
Die literarische Arbeit lässt sich vage mit dem Fliegenfischen vergleichen. Ein Leben lang stehst du am Wasser und fischst Zeilen heraus, die du kurz umdrehst und wieder ins Wasser zurückwirfst.
Dieser Art der Literatur widmet sich also der BAES-Verlag, der als ewiges Start-Up im Einmannbetrieb geführt wird. Alle Voraussetzungen für die Leitung eines solchen Verlags erfüllt in idealer Weise Elias Schneitter. Er tritt dabei als Gründer, Mentor und Coach in Personalunion auf. Dabei hat er für alle diese Verlags-Facetten nie eine Prüfung abgelegt.
Denn das ist die Erkenntnis über die Germanisten und ähnliche Funktionäre, die auf den Universitäten herumrennen: Sie nehmen zwar ständig Prüfungen ab, haben aber keine Ahnung vom Stoff, der zur Diskussion steht.
So haben die meisten Autoren einst vorzeitig die Universitäten verlassen und sich in purer Anwendung dem Lebenssinn zugewandt. Und alle sagen achselzuckend: Wer hätte uns denn prüfen sollen über unser Thema?
Für die österreichische Schattierung der Beat-Literatur gibt es ein interessantes Schlaglicht. Viele der Autoren sind 1953 und drum herum geboren. Da zu dieser Zeit Stalin gestorben ist, läuft die Geburtskohorte unter „Stalin-Todesjahrgang“.
Was will uns dieser Hinweis sagen? – Nichts. Denn im Beat gibt es auf Prüfungsfragen keine Antwort.
Edition BAES: www.edition-baes.com oder office@edition-baes.com
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