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Elias Schneitter
Schwacher, hilfloser Staat
Notizen

Vor kurzem habe ich auf einem deutschen Sender eine Diskussion über CumCum und CumEx verfolgt.
Dabei geht es um Steuerhinterziehung im großen Stil, gesprochen wurde von 35 Milliarden Euro, die dem deutschen Staat herausgeluchst wurden. Sehr wohlhabende Aktienbesitzer haben eine Gesetzeslücke genützt und bereits geleistete Steuern mehrfach wieder rückerstattet bekommen.

Eine Oberstaatsanwältin, die diese dubiosen Geschäfte bearbeitete, warf jetzt nach zwölf Jahren der Ermittlungen wegen Hoffnungslosigkeit das Handtuch, weil sie und ihre Mitarbeiter, wie sie sagte, gegen die Übermacht der besten Rechtsanwälte, die die Steuerbetrüger engagiert hatten, auf verlorenem Posten stünden. Sie sagte, das sei ein ungleicher Kampf, weil die Bürokratie mit ihrem Personal gegen die hochbezahlten Anwälte nichts ausrichten könne.

Pikant auch ein Detail, dass ausgerechnet ein Spitzenpolitiker der FDP als Rechtsanwalt vermeintliche Steuerbetrüger verteidigt. Einerseits stimmt er für hartes Durchgreifen gegen Steuersünder, andererseits tritt er als deren Verteidiger auf.

Wie wir wissen, werden nach jedem Skandal von der Politik neue, schärfere Maßnahmen und Kontrollen verlangt und auch umgesetzt. Aber die treffen dann stets die Mittelschicht, nicht die da oben, wie es so schön heißt. Die können es sich inmer richten.

Bei diesem ungleichen Kampf fällt einem natürlich auch gleich das Tiroler Finanzgenie ein, das es mit seinem verwirrenden Firmenkonstrukt nicht mehr notwendig hatte, an die Finanz Unterlagen abzuliefern. Würde ein kleiner Mann das machen, dann wehe ihm! In diesem Bereich, bei den Kleinen, funktioniert die Behörde ja noch.

Inzwischen wird häufig vom wehrhaften Staat gesprochen und wenn man sieht wie z.B. ein Rudel Wahnsinniger in Hamburg mit ihrem Gottesstaat den hilflosen Behörden auf der Nase herumtanzt, dann kann man diese Forderung verstehen. Aber es ist halt das alte Dilemma, dass man mit Toleranz gegen Intoleranz oder mit der Rechtsstaatlichkeit gegen bösartige Gotteskämpfer und Rechtstrickser nichts ausrichtet.

Als kleinem Durchschnittsbürger bleibt einem nur noch die Wahl, sich entweder zu wundern, zu ärgern oder resigniert auf ein anderes Programm umzuschalten. Weil man offensichtlich gegen die Wahnsinnigen keine Chance hat. Siehe oben!

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Elias Schneitter

Elias Schneitter, geb. 1953, lebt in Wien und Tirol. Zahlreiche Publikationen. Zuletzt der Erzählband „Fußball ist auch bei Regen schön“ (Edition BAES), der Roman „Ein gutes Pferd zieht noch einmal“ (Kyrene Verlag) und der Gedichtband „Wie geht’s“ in der Stadtlichter Presse, Hamburg. Daneben Tätigkeit als Kleinverleger der edition baes (www.edition-baes.com), wo ein Schwerpunkt auf die Veröffentlichung von Literatur aus der US-amerikanischen Subkultur gelegt wird. Schneitter ist Mitbegründer und Kurator beim internationalen Tiroler Literaturfestival „sprachsalz“ (www.sprachsalz.com) in Hall.

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