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Elias Schneitter
Die Region Hall/Schwaz
sollte "Kulturhauptstadt" werden.
Notizen

Ich zähle nicht zu den besonders eifrigen Museumsbesuchern. Von den Kunstmuseen heißt es ja, sie seien die Friedhöfe der Kunst.

Ehemalige Arbeitskollegen von der Krankenkasse, die sich immer wieder treffen, hatten die Idee, dem Gemeindemuseum in Absam einen Besuch abzustatten. Meine Begeisterung hielt sich anfangs sehr in Grenzen, aber die Aussicht alte Mitarbeiter zu treffen, ließ mich dann doch teilnehmen.

Dass für den Ausflug das Gemeindemuseum in Absam gewählt wurde, hatte natürlich seinen Grund: Absam ist der Geburtsort von Josef Holzhammer, der in Tirol die Sozialdemokratie mitbegründete und 1877 die erste Kranken Unterstützungskasse in unserem Land installierte.

Der Museumsleiter Matthias Breit führte uns durch das Museum und sein einstündiger Vortrag war hochinteressant für mich. Denn das Museum widmet sich vor allem dem Salzbergbau im Halltal und der Industrialisierung der Region, mit einem besonderen Schwerpunkt im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen der Arbeiter und Arbeiterinnen der damaligen Zeit.

Der Bergbau hat dem herrschenden Adel und später dem Bürgertum viel Geld und Reichtum gebracht, andererseits aber auch sehr viel Leid und Elend  den stets unter härtesten Bedingungen Arbeitenden.

Der Historie der Arbeitswelt und der Industrialisierung wird in Tirol generell nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt. Während man, wie Herr Breit kritisch anmerkte, für die Renovierung von Klöstern und Kirchen jährlich Millionen aufwendet, verfallen zum Beispiel die historischen Anlagen im Halltal, in dem 750 Jahre lang abgebaut wurde, ebenso wie das ehemalige Herrenhaus und zahlreiche andere  Bergbauanlagen aus den vergangenen Jahrhunderten. 

Wir haben zwar ein seltsames Museum am Bergisel, ein Volkskunstmuseum, ein Höfemuseum – einen Ort, in dem die Geschichte der Arbeitswelt und Tirols Industrialisierung umfassend dokumentiert würde, gibt es nicht. 

Das wäre gewiss ein lohnendes Konzept für eine ganze Region, die sich zu diesem Zweck, den Bergbau in Schwaz miteingeschlossen, als Kulturhauptstadt bewerben sollte.

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Elias Schneitter

Elias Schneitter, geb. 1953, lebt in Wien und Tirol. Zahlreiche Publikationen. Zuletzt der Erzählband „Fußball ist auch bei Regen schön“ (Edition BAES), der Roman „Ein gutes Pferd zieht noch einmal“ (Kyrene Verlag) und der Gedichtband „Wie geht’s“ in der Stadtlichter Presse, Hamburg. Daneben Tätigkeit als Kleinverleger der edition baes (www.edition-baes.com), wo ein Schwerpunkt auf die Veröffentlichung von Literatur aus der US-amerikanischen Subkultur gelegt wird. Schneitter ist Mitbegründer und Kurator beim internationalen Tiroler Literaturfestival „sprachsalz“ (www.sprachsalz.com) in Hall.

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