Elias Schneitter
Postzustellung
Notizen

Um die Jahrtausendwende wurde von Schüssel und Grasser die große Privatisierungswelle in Angriff genommen, damit mehr unternehmerischer Geist in die „Verstaatlichte“ Einzug halten sollte. Öffentliches Eigentum wurde verscherbelt, auch um das Budget zu stabilisieren, was, wie man heute weiß, sehr nachhaltig nicht gelungen ist. Aber bitte.

Als Verleger habe ich immer wieder mit dem Postversand zu tun. Daher kann ich die Auswirkungen der Reformen der damals durchgeführten Teilprivatisierung genau nachverfolgen.

(Für mich ist übrigens „Reform“ inzwischen ein Schreckenswort, denn sobald es ein Politiker in den Mund nimmt, zucke ich zusammen und denke: was wird jetzt schon wieder schlechter?)

Aber zurück zu den Auswirkungen der Postreform: Gerade vor Tagen ist wieder einmal ein Paket zu mir zurückgekommen, obwohl die Adresse völlig richtig war. Selbst eingeschriebene Briefe sind mehrmals verschwunden, und bei Post aus dem Ausland (konkret aus England) braucht es inzwischen stets zwei bis drei Versuche, bis ich meine Sendungen endlich bekomme.

Was die Tarifgestaltung für Briefe und Pakete betrifft, liefert die Post inzwischen Höchstleistungen. Eine Buchsendung nach Deutschland kostet entweder € 7,20 (normal) oder € 5,40 (langsam). Großartig! Für mich als Verleger schwer zu schlucken. Aber wurscht.

Wir bestellen ohnehin bei Amazon und der Konzern hat andere Bedingungen als wir kleinen bedeutungslosen Würschtln. In den alten Postzeiten hat es sogar einmal einen Sondertarif für Büchersendungen gegeben. Gute alte Zeit, als die Post noch keine AG war. Aber das interessiert niemanden.

In meinem Bekanntenkreis habe ich mehrere ehemalige Bedienstete der Post. Inzwischen wurden sie entweder in Pension geschickt oder so lange am Arbeitsplatz gequält, bis sie freiwillig verdufteten. Man wollte und will bei der Post nur noch Bedienstete mit schlechten Arbeitsverträgen. Das drückt natürlich auch die Qualität, bringt aber gute Aktienkurse.

Wenn ich in Wien auf mein Postamt gehe (bzw. mit der Bim fahre), dann treffe ich dort fast jedesmal auf ein anderes junges Personal, teilweise nicht einmal der deutschen Sprache ganz mächtig. Aber das ist kein Kriterium. Integration ist super und überhaupt!

Die gute alte Post steht jetzt in Konkurrenz mit den Privaten wie UPS. Da habe ich letzthin auf Umwegen auch Pakete bekommen. Zweimal lagen sie auf einem anderen Grundstück in einer Wiese. Einmal erhielt ich die Nachricht, Adresse nicht vorhanden! Großartig.

An diese neue Postzustellung muss man sich erst gewöhnen, aber wir Österreicher gewöhnen uns ja an alles. Außerdem muss man ja meist froh sein, wenn man keine Post bekommt, denn es sind ja eh nur noch Rechnungen oder andere schlechte Nachrichten.

In diesem Sinne: Mehr privat und höhere Tarife, dann haben wir irgendwann einmal ganz Ruhe vor allen Zusendungen. Darum danke, liebe Post AG! Und danke auch an alle weiteren privaten Mitbewerber!

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Elias Schneitter

Elias Schneitter, geb. 1953, lebt in Wien und Tirol. Zahlreiche Publikationen. Zuletzt der Erzählband „Fußball ist auch bei Regen schön“ (Edition BAES), der Roman „Ein gutes Pferd zieht noch einmal“ (Kyrene Verlag) und der Gedichtband „Wie geht’s“ in der Stadtlichter Presse, Hamburg. Daneben Tätigkeit als Kleinverleger der edition baes (www.edition-baes.com), wo ein Schwerpunkt auf die Veröffentlichung von Literatur aus der US-amerikanischen Subkultur gelegt wird. Schneitter ist Mitbegründer und Kurator beim internationalen Tiroler Literaturfestival „sprachsalz“ (www.sprachsalz.com) in Hall.

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