Elias Schneitter
Für wen schreibst du eigentlich?

Ich kann mich noch gut an Lesungen
erinnern,
bei denen häufig die Frage gestellt wurde:
Warum schreiben Sie?

Dazu gab es teilweise recht
originelle Antworten, wie zum Beispiel:
Warum nehmen Sie Nahrung zu sich,
oder die etwas ordinärere Variante:
Warum scheißen Sie?

Die Frage, nach dem Warum,
hat mich
viele Jahre beschäftigt,
ohne dass ich dafür
eine schlüssige Antwort
gefunden hätte.

Erst mit den Jahren
ist mir bewusst geworden,
dass die Frage falsch gestellt war.
Besser müsste es heißen:
Für wen schreibst du eigentlich?

Seit gut vierzig Jahren schreibe und
publiziere ich auch immer wieder in
Magazinen, Büchern, Blogs oder im Radio.

Übrigens recht erfolglos,
wie ich stolz
und kokett festhalten darf.

Aber diese erfolgreiche Erfolglosigkeit hat
mich doch eine Zeitlang beschäftigt.
Inzwischen stelle ich mir diese Frage nicht mehr,
seit mir die Antwort klar ist.

Im Grunde habe ich immer nur
für mich geschrieben.
Sonst für niemanden.

Ein sehr gutes Gefühl
diese Gewissheit,
denn mit anderen Worten heißt das,
dass ich mit meinen Versuchen
eine Öffentlichkeit zu erreichen
stets völlig daneben lag.

Eine Erkenntnis, die einfach verdammt
gut tut.

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Elias Schneitter

Elias Schneitter lebt in Wien und Tirol. Zahlreiche Publikationen. Zuletzt der Erzählband „Civetta“ (baes) und der Roman „Ein gutes Pferd zieht noch einmal“ (Kyrene Verlag) und der Gedichtband „Zirler Blues“ (baes). Daneben Tätigkeit als Kleinverleger der edition baes (www.edition-baes.com), in der ein Schwerpunkt auf die Veröffentlichung von Literatur aus der US-amerikanischen Subkultur gelegt wird. Schneitter ist Mitbegründer und Kurator beim internationalen Tiroler Literaturfestival „sprachsalz“ (www.sprachsalz.com) bis 2023 in Hall, seit 2024 in Kufstein.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Rudolf Ostermann

    Köstlich deine Selbsterkenntnis

  2. Helmuth Schönauer

    Lieber Elias,
    auch ich versuche schon ein Leben lang, nur für mich zu schreiben. Aber immer geht etwas schief und die Leute reißen mir die Texte aus der Hand und lesen sie, und dann lachen sie auch noch darüber. So geht mir letztlich jeder Text verloren.
    Ich schreibe manchmal etwas von dir ab in der Hoffnung, dass es dann nur für mich ist. Dadurch zerstöre ich vermutlich deinen Text in dessen Absicht, dass er ja nur für dich ist.
    Mit etwas Glück werden wir beide bald durch die KI abgelöst und von allem irdischen Schreiber-Leiden erlöst.

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