Elias Schneitter
Es lebe der Lärm!
Notizen
Ich war schon immer ein lärmempfindlicher Mensch. Rockkonzerten oder Discos bin ich stets aus dem Weg gegangen. Zum Lärm von Rasenmähern, Kreissägen, Mopeds oder Presslufthammern habe ich geradezu ein neurotisches Verhältnis.
Unglücklicherweise wohne ich in Tirol in einer Gegend, in der die oben aufgezählten Lärmproduzenten der Sound der ganzen Siedlung sind. Zudem ist meine Unterkunft etwas erhöht und unter einer gewaltigen Felswand gelegen, sodass die Lautstärken wie an einer Schallmauer massiv verstärkt werden.
Oft fühle ich mich geradezu gezwungen, meine Wohnung auf der Stelle zu verlassen, wenn einer der Nachbarn den Rasenmäher anwirft. Dann flüchte ich zumeist in mein Stammlokal.
In der Hochsaison der Gartenungeheuer fahre ich auch deswegen zumeist nach Wien. Dort liegt mein Zimmer im Innenhof und ist im Vergleich zu Tirol ein Hort der Ruhe und Stille.
Kürzlich wachte ich in der Nacht auf und mir war ganz komisch zumute. Meine Ohren pfiffen, waren zugefallen und ich fühlte mich wie bei einem heftigen Jetlag. Ich war beunruhigt.
Am Morgen erhielt ich einen Anruf und konnte die Stimme des Anrufers kaum noch vernehmen. Ich vermutete einen Hörsturz.
Nach ein paar Tagen und einem Arztbesuch pendelte sich das Gehör zumindest einigermaßen wieder ein. Der Arzt hatte gemeint, ich würde aber ein Hörgerät benötigen. Bis dahin hatte ich immer das Gefühl, sehr gut zu hören und damit kein Problem zu haben.
Sauber, dachte ich mir, jetzt werde ich „derisch“ auch noch. Und für einige Tage reagierte ich auf das Ungemach Lärm plötzlich anders, wohlwollender. Gott sei Dank höre ich ihn noch, dachte ich mir.
Zumindest wird jetzt der Lärm, der mich so viele Jahre genervt hatte, anders aufgenommen. Wahrscheinlich eine psychische Reaktion auf meinen Schrecken. Natürlich auch kein wirklicher Trost. Aber bitte. Zumindest etwas.
Auf Hansaton will ich noch eine Zeitlang verzichten. Man muss ja nicht alles hören.
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