Elias Schneitter
Ein kurzer privater Stresstest
Notizen

Ein Test macht Sie sicher. Unter diesem Motto könnte ich, in Anlehnung an einen Werbeslogan, meinen Sturz vor knapp zwei Wochen mit einem komplizierten Bruch meines Handgelenkes einordnen. „Nein, nicht schon wieder,“ war mein erster Gedanke, als ich das Knacken vernahm, genau wie vor einigen Jahren.

Die anwesenden Freunde riefen nach der Rettung, die in wenigen Minuten da war, die Erstversorgung erledigte und mich dann mit Tatütata in die Klinik Innsbruck brachte. Da wurde mein Arm geschient und ich wurde stationär in den Chirurgie-Turm, 7. Stock Süd, gebracht, mit dem Schild „nüchtern“ am Bett.

Was sich dann abspielte, hatte ich in der Intensität noch nie erlebt. Am Dach des Südturms landete ein Heli nach dem anderen, vom Südring herauf konnte man ein Tatütata-Auto nach dem anderen hören. Ein Notfall nach dem anderen! Unter solchen Umständen konnte ich erst Tage später operiert werden.

Die ganze Zeit wurde ich, so wie alle in diesem mehr als vollbelegten Stockwerk, bestens versorgt. Infusionen, Schmerzmittel, Verbandswechsel, immer ein freundliches Wort und beste Betreuung. Großartig, was diese Menschen während ihrer Zwölfstundentage leisten! Schließlich wurde ich operiert und nach Hause geschickt.

Nun stellt sich die Frage, warum ich das hier schreibe? Ich habe den Großteil meines beruflichen Lebens im Gesundheitssystem verbracht (bei der Krankenkasse). Da hat es all die Jahre unentwegt heftige Diskussionen wegen des aufgeblähten Gesundheitsapparates in Österreich gegeben. Milliarden wären einzusparen, wenn die Bettenkapazitäten entsprechend heruntergefahren würden, meinten da Ökonomen unermüdlich – wie z.B. die Herren Marin und Pichlbauer.

Wie Covid nun gezeigt hat (und ich mich auch in diesem Fall persönlich überzeugen konnte), hat unser System den Stresstest bravourös bestanden. Zum Glück haben wir ein funktionierendes Gesundheitssystem!

Und darum möchte ich schon jetzt zur Vorsicht mahnen, wenn in Zukunft wieder die großen Sparefrohs mit ihren Verschwendungstheorien auftauchen. Eines muss uns klar sein: wenn wir das gute System erhalten wollen, dann hat das seinen Preis.

Mit Sparprogrammen wird das nicht aufrecht zu erhalten sein.

Elias Schneitter

Elias Schneitter, geb. 1953, lebt in Wien und Tirol. Zahlreiche Publikationen. Zuletzt der Erzählband „Fußball ist auch bei Regen schön“ (Edition BAES), der Roman „Ein gutes Pferd zieht noch einmal“ (Kyrene Verlag) und der Gedichtband „Wie geht’s“ in der Stadtlichter Presse, Hamburg. Daneben Tätigkeit als Kleinverleger der edition baes (www.edition-baes.com), wo ein Schwerpunkt auf die Veröffentlichung von Literatur aus der US-amerikanischen Subkultur gelegt wird. Schneitter ist Mitbegründer und Kurator beim internationalen Tiroler Literaturfestival „sprachsalz“ (www.sprachsalz.com) in Hall.

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