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Elias Schneitter
Der Österreicher und das Paradies
Notizen

Nirgendwo sonst auf der Welt wird so sehr ans irdische Paradies geglaubt wie in Österreich. Auch wird nirgendwo sonst so häufig darüber geredet. Beinahe jedes Gespräch in Österreich landet früher oder später beim „Paradies“, wobei mit „Paradies“ die Pension gemeint ist, denn für jeden Österreicher bedeutet die Pension das Paradies.

Steht zum Beispiel jemand noch Jahre vor seiner Pensionierung, dann kommen unweigerlich die Fragen: „Wie lange hast du noch?“, oder „Lange kannst du nicht mehr haben?“.

Gibt jemand in diesem Gespräch zur Antwort: „Ich habe noch ein paar Jahre“, dann heißt es mit einem Lächeln: „Ginge es nach deinem Aussehen, dann müsstest du aber schon längst in Pension sein“, und weiter wird gewitzelt: „Wirf deine Papiere weg und du kriegst die Pension noch auf Jahre rückwirkend.“

Das gesamte Leben des Österreichers dreht sich um seine Pension! Um seinen Pensionsantritt! Ziel eines jeden Österreichers ist es, diesen möglichst früh zu erreichen. Und wenn er einmal erreicht ist, noch so lange wie nur irgendwie möglich auszuharren.

Nach der Geburt ist der Pensionsantritt das einschneidenste Ereignis im Leben des Österreichers. Kaum wird bekannt, dass er seinen Pensionsbescheid erhalten hat, hagelt es auch schon von allen Seiten Glückwunschtelegramme. Oft wildfremde Menschen steuern auf einen zu und schütteln einem kräftig die Hand. Einige fallen einem sogar um den Hals: „Gratuliere, gratuliere“, heißt es freudestrahlend mit dem Zusatz, „Jetzt hast du es endlich geschafft.“

Der am häufigsten verwendete Satz, solange man noch nicht in Pension ist, lautet: „Wenn ich erst einmal in Pension bin, …“ In diesen Worten schwingt so viel Sehnsucht mit!

Hat der Österreicher die Pension erreicht, gönnt er sich zuerst einmal einen mehrwöchigen Urlaub. Kreuzfahrten sind dabei sehr gefragt Oder man erwirbt sich überhaupt gleich einen Wohnwagen. Nach diesen ersten Aktivitäten beginnt dann allerdings der harte Alltag des Pensionisten.

Ab diesem Zeitpunkt steht die Vertreibung aus dem Paradies im Mittelpunkt, denn jedem österreichischen Pensionisten ist mit dem Eintritt in die Pension klar, dass diesen Lebensabschnitt keiner überlebt. Darum steht die Gesundheit im Mittelpunkt. „Nur nicht krank werden!“, lautet die Devise.

Die neuen Zauberworte sind jetzt Gewichtsverlust und Bewegung. Lange Spaziergänge stehen täglich am Programm und abends werden Vorträge über gesunde Ernährung besucht oder im Fernsehen angeschaut. Jeder will bis ins hohe Alter gesund bleiben, denn schließlich will man von der Pension auch noch etwas haben. Nicht umsonst hat man sich jahrzehntelang den Arsch aufgerissen und seine Beiträge geleistet. Der letzte, dem man etwas schenken will, ist der Staat, der es mit einem ohnehin nie gut gemeint hat.

Trifft man als Pensionist beim Spaziergang auf einen anderen Pensionisten, dann verlaufen die Gespräche in etwa so:
A: „Auch unterwegs?“
B: „Man muss in Bewegung bleiben.“
A: „Wer rastet, der rostet.“
B: „Richtig. Wir sind nicht mehr die Jüngsten.“
Nach diesem belanglosen Eingangsdialog geht´s dann sofort zur Sache.
„Und, wie geht‘s?“
Dieses, „Und wie geht‘s?“ ist eigentlich eine sehr hinterlistige Frage, denn es steckt die Absicht dahinter, herauszufinden, ob das Gegenüber bereits schwächelt. Natürlich ist das jedem echten Österreicher völlig klar, und darum antwortet er ausweichend mit einem „Danke“, oder ein wenig ausführlicher mit, Danke, der Nachfrage“, oder „Danke, es geht.“
Damit ist einerseits die Frage beantwortet und andererseits nichts gesagt. Das ist ja auch Sinn der ganzen Sache.

„Das Wichtigste im Leben ist die Gesundheit“, heißt es daraufhin und, „Man muss froh sein, wenn man jeden Morgen aus dem Bett kommt.“ Dies wird von der anderen Seite vollinhaltlich bestätigt:
„Ohne Gesundheit ist man aufgeschmissen.“
Natürlich kann ein Gespräch zwischen Pensionisten nicht auf diese langweilige und nichtssagende Art und Weise enden. Schließlich wollen auch Pensionisten Neuigkeiten und kleine Sensationen erfahren und untereinander austauschen.

Darum folgt die Abkehr von den eigenen Befindlichkeiten und man schwenkt auf die der anderen ab.
A: „Hast du vom Toni schon gehört?“
B: „Nein, was ist mit dem Toni?“
A: „Heute Nacht. Schlaganfall.“
B: „Wirklich. Grad gestern bin ich ihm noch über den Weg gelaufen.“
A: „Ja, so schnell kann es gehen.“
B: „Und? Schlimm? Wie schauts aus?“
A: „Halbseitig gelähmt. Wer weiß, ob der wieder auf die Beine kommt.“

Derlei Botschaften gehen jedem Pensionisten unter die Haut, weil man selbst immer gewahr sein muss, dass es einen zu jeder Stunde erwischen kann. Darum werden solche Horrormeldungen auch gleich relativiert.
A: „Der Toni hatte vor Jahren schon einmal einen Herzinfarkt.“
B: „Besonders gesund gelebt hat der ja nie.“
A: „Übergewicht und kaum Bewegung.“
B: „Und geraucht hat er wie ein Schlot.“
A: „So etwas kann auf Dauer nicht gut gehen.“
B: „Schon gar nicht in unserem Alter.“
A: „Er hat sich nichts geschenkt.“

Da sich der österreichische Pensionist natürlich klar darüber ist, in welchem gefährlichen Lebensabschnitt er sich befindet, könnte der Dialog  folgendermaßen weitergehen.
A: „Eines Tages erwischt es jeden.“
B: „Natürlich. Die Pension ist der letzte Abschnitt.“
A: „Aber noch wäre es ein wenig zu früh.“
B: „Zu früh ist es für den Betroffenen. Immer.“
A: „Schon. Aber noch möchte ich etwas von der Pension haben, denn dem Staat schenke ich nichts. Er hat mir auch nie etwas geschenkt.“

Damit ist jener Punkt erreicht, wo es um die lebenslangen Leistungen des österreichischen Pensionisten geht, die in der Anzahl der erworbenen Versicherungsmonate seinen Ausdruck findet.

A: „Wir haben lange genug eingezahlt. Ich komme auf nicht weniger als 540 Versicherungsmonate. Das müssen die heutigen Jungen erst einmal zusammenbringen.“
B: „Dieses Gesudere der heutigen Jungen, dass wir ihnen die Zukunft stehlen, kann ich nicht mehr hören.“
A: „Sie haben ja gar keine Ahnung, mit welchen Entbehrungen wir aufgewachsen sind. Wir sind mit fünfzehn in die Arbeit, da bist du dann mit sechzig am Arsch.“
B: „Heute gehen alle studieren und fangen frühestens mit dreißig zu arbeiten an. Da kann man nicht erwarten, dass man dann mit sechzig abhauen kann. Da fehlen ja die Zeiten.“

Als die wahren Meister der Frühpensionisten gelten die Eisenbahner. So kursiert heute noch der Witz, dass der österreichische Eisenbahner mit seinem Antrag zur Aufnahme in die Österreichischen Bundesbahnen auch gleich seinen Antrag zur Pensionierung ausgehändigt bekommt.

Natürlich ist der Eintritt ins gelobte Land für die Eisenbahner nicht mehr so einfach wie früher. Trotzdem gelten sie – zumindest in den breiten Bevölkerungsschichten – als die Privilegienritter schlechthin. Früher war es gang und gäbe, dass die Eisenbahner mit 48 Jahren in Pension gingen. Aber nicht nur beim frühen Eintritt ins Paradies waren sie ehemals Weltmeister, sondern auch bei der Lebenserwartung schlugen sie jede andere Berufsgruppe weit aus dem Feld.

Wenn in der Tageszeitung die Parte eines Hundertjährigen erschien, dann konnte man mit Sicherheit davon ausgehen, dass er bei den Österreichischen Bundesbahnen sein Berufsleben verbracht hatte. Zumeist ist es bei den Eisenbahnern immer noch so, dass sie im Schnitt länger in Pension sind, als sie im Arbeitsprozess standen, wobei der Begriff Arbeit in diesem Zusammenhang nicht unbedingt zutreffrifft. Zumindest nach der landläufigen Meinung.

Einmal habe ich beim Spaziergang einen Eisenbahner getroffen, der um Jahre jünger ist als ich und schon seit vielen Jahren in Pension war. Er erzählte mir Folgendes: „Ich habe als Lehrling mit fünfzehn bei den Österreichischen Bundesbahnen zu arbeiten begonnen. Also hätte ich mit fünfzig in Pension gehen können. Bevor es aber so weit war, haben diese Dreckskerle der Regierung das Antrittsalter auf fünfundfünfzig angehoben. Diese Sauerei muss man sich vorstellen. Aber nicht mit mir. Gutwilligerweise habe ich noch zwei Jahre drangehängt und bin mit zweiundfünfzig abgehauen. Da war Schluss.“

Als mir der Bekannte dies erzählte, konnte ich nur mitfühlend nicken. Wir beide schauten uns verständnisvoll an, ehe er anfügte: „Als ich bei der Bahn angefangen habe, war das noch etwas ganz anderes als heute. Das Tempo bei der Arbeit hat sich so massiv erhöht, dass jeder Zweite im Burnout landet. In meinen ersten Berufsjahren haben die damaligen Alten noch lange Pausen eingelegt und uns Junge an die Arbeit geschickt. Wir haben das unwidersprochen hingenommen. Als ich dann alt war, gab es kaum noch Pausen. Wenn es eine gab, und wir die Jungen zur Arbeit anhalten wollten, dann haben die uns den Stinkefinger gezeigt. So haben sich die Zeiten geändert.“

Für jeden Pensionisten gibt es als tägliche Pflichtlektüre die Tageszeitung. Darin interessieren den österreichischen Pensionisten vor allem die Todesanzeigen. Wenn der österreichische Pensionist zu den Todesanzeigen kommt, dann sagt er zu seiner Frau: „Ich muss nachschauen, wer sein Abonnement gekündigt hat.“

Todesanzeigen enthalten in der Regel drei Informationen, die von größter Bedeutung sind. Da sind einmal das Alter des Verstorbenen, dann der Berufsstand und schließlich die Ursache für das Ableben. „Nach kurzer schwerer Krankheit“, deutet auf Herzversagen hin, „nach langer, schwerer, mit Geduld ertragener Krankheit“, lässt Krebs vermuten.

War der Verstorbene noch berufstätig, dann denken die Pensionisten reflexartig: Schade um die geleisteten Versicherungsbeiträge, die der Verstorbene umsonst eingezahlt hat, jedoch andererseits hervorragend für die Pensionsversicherung, also für ihn, denn diese spart sich eine Menge Geld.

War der Verblichene bereits in Pension, dann wird sofort nachgerechnet, wie lange er in Pension war, ausgehend vom Durchschnittsalter, in dem der Österreicher ins Paradies wechselt, also mit 59 Jahren.

Der österreichische Pensionist ist ein guter Rechner. So weiß er auch, dass die eingezahlten Pensionsbeiträge durchschnittlich nach zehn Jahren aufgebraucht sind. Stirbt also ein Pensionist mit achtzig Jahren, dann kommt dem Pensionisten sofort in den Sinn, dass er zumindest elf Jahre auf Staatskosten gelebt hat.

Häufig kämpfen Menschen jahrelang um die Zuerkennung einer Pension. Sie erhalten abschlägige Bescheide, werden von einem Arzt zum nächsten geschickt, müssen Klage bei Gericht erheben und erhalten dennoch nur Ablehnungen. Das ist natürlich ein beliebtes Thema an den Stammtischen. Da kann man dann Folgendes hören: „Was diese Bürokraten anrichten, passt auf keine Kuhhaut mehr. Jetzt hat der Herr Sowieso schon wieder eine Ablehnung erhalten. Das ist der Dank des Staates dafür, dass man seine Gesundheit ruiniert hat. Jeder dahergelaufene Ausländer erhält eine Pension auf Anhieb und ins jeweilige Land überwiesen, aber unsere armen Hunde schauen andauernd durch die Finger.“

Am liebsten wäre es natürlich allen Österreichern, lebenslang, also von Geburt bis zum Ableben in Pension zu sein, aber das ist leider nicht möglich, denn die Österreicher wissen auch, dass es keine Pension mehr gibt, wenn erst einmal alle Österreicher in Pension sind. Schließlich können nicht alle Österreicher im Paradies leben. Das geht sich marthematisch nicht aus.

Aus dem Paradies vertrieben wird jeder Pensionist durch sein Ableben. Darum schwebt über jedem Paradiesbewohner das Damoklesschwert des Todes. Den Österreichern wird ja auch ein besonderes Naheverhältnis zum Tod nachgesagt. Darum wird diesem Thema sehr häufig mit schwarzem Humor begegnet. So meinte kürzlich ein Leichenbestatter ganz trocken: „Wenn das mit der rasanten Zunahme der Feuerbestattungen so weitergeht, dann sterben die Friedhöfe eines Tages noch aus.“

Einmal hat ein anderer Pensionist am Stammtisch erzählt, dass er schon seit vielen Jahren, wenn er sich ins Bett legt, darum bete, dass er, wenn es so weit ist, einfach umfällt und auf der Stelle tot ist. Das wünscht sich der Großteil der Pensionisten. Nur wenigen ist es vergönnt. Interessanterweise starb der vorher erwähnte Pensionist dann auch wirklich auf diese Art und Weise.

Ein anderer österreichischer Pensionist verfügte ebenfalls über eine Menge schwarzen Humors, denn nachdem ihm ein Bein abgenommen worden war, meinte er in feuchtfröhlicher Runde: „Mein linkes Bein ist mir bereits ins Grab vorausgegangen.“


Elias Schneitter

Elias Schneitter, geb. 1953, lebt in Wien und Tirol. Zahlreiche Publikationen. Zuletzt der Erzählband „Fußball ist auch bei Regen schön“ (Edition BAES), der Roman „Ein gutes Pferd zieht noch einmal“ (Kyrene Verlag) und der Gedichtband „Wie geht’s“ in der Stadtlichter Presse, Hamburg. Daneben Tätigkeit als Kleinverleger der edition baes (www.edition-baes.com), wo ein Schwerpunkt auf die Veröffentlichung von Literatur aus der US-amerikanischen Subkultur gelegt wird. Schneitter ist Mitbegründer und Kurator beim internationalen Tiroler Literaturfestival „sprachsalz“ (www.sprachsalz.com) in Hall.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Karlheinz Veit

    Hallo Herr Schneitter,
    ich habe ihr Essay nur bis zum ersten Fünftel verfolgt und dann aufgehört zu lesen .
    Ja so ist das Leben – und glauben Sie wirklich in anderen Staaten läufts nicht so…?
    Ich glaub das Freuen auf die Pension ist kein österr. Spezifikum !
    Ich bin 8 Jahre älter als Sie und nun seit 14 Jahren im „Paradies“ und ich vermisse keinen einzigen Tag (!) und dies obwohl ich bis zum letzten Tag eine/n „Traumarbeit und Arbeitsplatz“ hatte !
    Ich hatte nie einen Pensionsschock, vielleicht weil ich mich auch gut auf das Paradies vorbereitet hatte. Da helfen mir mein geliebter Sport und auch meine Hobbys – es ist ein „Paradies“! Auch ein Paradies in so einem schönen und friedlichen Land leben zu können, halbwegs gesund zu sein und diesen Lebensabschnitt mit einer traumhaften Lebenspartnerin einfach zu genießen.
    In diesem Sinne Grüße aus dem Paradies
    P.S. Und wenn ich so beobachte, wie es heute im Arbeitsleben so zu geht, mit Steigerung in dieser Coronazeit ,dann bin ich froh vor 14 Jahren den Schritt ins Paradies gegangen zu sein !
    Genau zum richtigen Zeitpunkt ….!

  2. Ach, Herr Schneitter! Sie haben es mit Ihren Ausführungen über die Pensionsära und die in selbiger „Tätigen“ gleich mal geschafft, mir schon in aller Damegottsfrühe mehrere Grinser ins faltige Antlitz zu zaubern. Bin nämlich auch so einer, der die eigene Pensionszeit als Paradies – wobei ich von „halbem“ Paradies zu schwadronieren pflege – benamst. Pensioniert seit beinahe einem Dezennium. Und „halb“ deswegen, weil ich Beamter sein durfte und ergo … – aber das lasse ich lieber.

    Bin ein aus Überzeugung Wohnwagenloser und „erst“ mit 63 ½ Jahren (was ich betont haben möchte) in die Pension hinübergeglitten. Von der Uni direkt in die Pension, mit einem Pensionsschock, der sich derart schwach manifestierte, dass ich ihn so gut wie nicht wahrzunehmen vermochte. Was will man(n) mehr?

    Was Ihre Bemerkungen, Herr Schneitter, zur tagtäglichen Beäugung der Todesanzeigen angeht, so fühle auch ich mich „ertappt“. Wobei sich die Musterung auf die besonders elaborierten, beinahe immer mit Bildern ausstaffierten Todesanzeigen in der Tiroler Tageszeitung bezieht. Freilich gesellt sich – sicherlich nicht bloß bei mir – zur aufmerksamen Suche nach irgendwie bekannten Gesichtern bzw. Namen und dem Registrieren des sonstigen allgemeinen von Ihnen beschriebenen textlichen Beiwerks die sich nach abgeschlossener Durchsicht nicht unangenehme Regung, das eigene Konterfei dortselbst noch nicht zu Gesicht bekommen zu haben.

    Eine besondere Saite wurde bei mir in Schwingung versetzt, als ich mir Ihre Schilderungen des eisenbahnerlichen Pensions(un)wesens einvergeistigte. Als „Eisenbahnerbua“ und zu einer Zeit aufgewachsen, als es in meiner väterlicherseits riesigen Verwandtschaft plus Bekanntschaft vor Verschiebern, Weichenstellern, Schaffnern und Co. nur so wimmelte, war es gang und gäbe, sich allzu bald in den Unruhestand zu verabschieden. Mit Ausnahmen! Mein Vater, der es trotz bescheidener Schulbildung immerhin zum Vorstand eines kurörtlichen Bahnhofs und relativ knapp vor seiner Pension sogar noch zum Chef eines einigermaßen wichtigen Bahnhofs gebracht hatte, trat letztere erst mit 59 ½ Jahren an. Womöglich hatte dieser für damalige Eisenbahner beinahe schon pervers späte Pensionsantritt dazu geführt, dass ihm das Schicksal keine 100 Jahre Lebenszeit zubilligte, sondern ihn schon mit etwas über 93 Jahren von der Lebensbühne auf die ewigen Schienenstränge abberief.

    Unweit des Endes Ihrer Notizen schrieben Sie: „Schließlich können nicht alle Österreicher im Paradies leben. Das geht sich marthematisch nicht aus.“ Marthematisch! Diese Sprachschöpfung gefällt mir. MaRtialisch! Sicherlich mit rollendem „R“. Muss ich mir merken…

    Und „schon“ komme ich zum Finale meines Kommentars. Fazit: Ihre Notizen zur Pension und den Pensionisten haben mich erheitert und zugleich nachdenklich gestimmt, Herr Schneitter. Sie bestärken mich zudem in meinen Bemühungen, die verbleibende Lebenszeit möglichst locker zu gestalten. Dazu gehört, im alltäglichen Dasein, ein kräftiger Schuss Humor, möglichst wenig Verbissenheit und all das stets garniert mit einer gehörigen Prise Toleranz. Außerdem etwas eigene Schriftstellerei; die befriedigt und erquickt mich.

    Danke!

    Grüßlichst (ein Kompositum aus herzLICHSTe und GRÜẞe),
    Ronald Weinberger

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