Elias Schneitter
Das Zachäussingen in Zirl
Notizen
Mein Heimatdorf Zirl ist nicht gerade auffallend mit viel Kunst und Kultur gesegnet. Häufig wird Zirl, das „neunmal verrunnen und achtmal verbrunnen ist“, als Katastrophendorf bezeichnet. Eine Bezeichnung, der ich als alter Einheimischer, sehr viel abgewinnen kann. Aber das wäre jetzt eine andere Geschichte.
Nichtsdestotrotz hat sich in Zirl ein wunderbarer Kirchtagsbrauch erhalten. Es ist das Zachäussingen an jedem dritten Sonntag im Oktober ab 4:30 Uhr in der Früh.
Umrahmt von einer Bläsergruppe wird das Zachäuslied vom Kirchenchor bei der Kirche und nachher auf dem Dorfplatz gesungen. Da gibt es dann die legendären Kirchtagskrapfen, ein Schnapserl und freudige Tänze.
Erste Hinweise auf das Zachäussingen gehen auf das frühe 18. Jahrhundert zurück. Der Text wurde angeblich 1723 vom heimischen Messner Georg Kranebitter geschrieben. Die Musik soll ebenfalls aus Zirl stammen.
Das großartige Lied hat es mir so angetan, dass ich die ersten beiden Strophen, in denen es um Buße und Reue geht, beifügen will.
Oh ihr Berge helft uns trauern
über Sünders Untergang.
Es ist wirklich zu bedauern
dass kein Mittel mehr zur Hand.
Man hat ihm zugerufen
und gepredigt von der Buß,
es ist doch beim Alten blieb‘n
wie man leider hören muss.
Oh ihre Steine lasst euch erweichen,
weil der Sünder gar so hart
und die Buß will nicht ergreifen
bis man ihn in die Erde scharrt
und sein Seel muss ewig leiden
in der heißen Höllenqual,
die so leichtlich könnte leben
in dem schönen Himmelsaal
Trotz der Warnungen und den Aufrufen zur Buße werden diese von den Sündern nicht erhört. Hoffnungsloses Sündertum!
So gesehen, passt dieser Text auch wunderbar zum Katastrophendorf Zirl, zumindest die beiden ersten Strophen.
Die schöne melancholische Originalmusik kann man sich im Internet anhören. Das Zachäussingen, das es in dieser Form nur in meiner Heimatgemeinde gibt: ein kleines Juwel. Ohne Zweifel.
Note zu Banksy: In der Wiener Stadthalle gibt’s aktuell gerade die Ausstellung „The mystery of Banksy. A genius Mind“. Mit Erheiterung habe ich noch in Erinnerung wie eines seiner Kunstwerke bei der Versteigerung geschreddert wurde. Sehr lustig.
Jedenfalls ist dieser geheimnisvolle Künstler, der angeblich immer noch unbekannt ist, wirklich auf der Höhe der Zeit. Ich finde seine Arbeiten inhaltlich nicht unbedingt die Werke von einem „genius mind“. Aber die Inszenierung, die Geheimniskrämerei um seine Person, also das Marketing ist grandios.
In der Kunst heute ist marketing inzwischen der Content. In dieser Hinsicht ist Banksy – bzw. die Vermarktungsgruppe – wirklich ein großer Meister.
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