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Elias Schneitter
Das Hitlerbild im Wohnzimmer
Notizen

Meine Tochter kam von einem Mädels-Treffen ziemlich aufgelöst zurück. Gemeinsam mit anderen besuchte sie eine Freundin in Bern, wo diese inzwischen lebt und arbeitet. Alle freuten sich auf das Wochenende und meine Tochter war auch neugierig: Denn Jessie hatte ihr mitgeteilt, sie sei gerade frisch bis über beide Ohren verliebt.

Dementsprechend groß war die Verwunderung, als sie den neuen Freund kennenlernten. Jessie hatte sie zwar vorgewarnt, ihr Freund sei etwas anders, jedenfalls etwas gewöhnungsbedürftig. Gemeint hatte sie damit die zahlreichen Tattoos am ganzen Körper, auch am Kopf. Nun, nicht gerade jedermanns Sache, aber dazu kam, dass da auch eher fragwürdige Symbole darunter waren, unter anderem ein Hakenkreuz auf der Brust. Zudem hing auch noch ein Porträt von Adolf Hitler im Wohnzimmer.

Den Mädels blieb fürs Erste einmal die Luft weg.

Der Tätowierte redete nicht viel. Wie man an seinem Dialekt erkennen konnte, stammte er aus Ostdeutschland, und er ließ die Gesellschaft bald einmal allein. Die Mädchen waren einigermaßen irritiert, aber keine hatte so richtig den Mut, Jessie ins Gewissen zu reden. Natürlich wurde gefragt, was es mit dem Hitlerbild auf sich habe. Die Freundin spielte das Ganze herunter. Man habe das Porträt von netten Bekannten bekommen. Manchmal habe sie schon Sorge und sitze auf Nadeln, wenn er zu Veranstaltungen nach Deutschland fahre. Es könne schon sein, dass ihr Freund im ersten Moment etwas seltsam wirke, aber sie verstünden sich bestens.

Wieder zuhause fragte mich meine Tochter, wie man sich in solch einer Situation verhalten solle. Ihr lasse das keine Ruhe. Sie habe mit Jessie telefoniert, hatte aber nicht den Mumm, ihr zu sagen, dass sie diesen Wahnsinnigen sofort in die Wüste schicken möge. Wie könne man als normaler Mensch einen Massenmörder verherrlichen? Meine Tochter sah ihre Freundin in großer Gefahr und wusste sich keinen Rat.

Ich konnte ihr auch nicht weiterhelfen.

Notiz: Wegen narzisstisch-egoistischer Assis, die nicht bereit sind, sich impfen zu lassen, können wir uns noch weiterhin auf lästige und unnötige Einschränkungen im Alltag einstellen. Super!

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Elias Schneitter

Elias Schneitter, geb. 1953, lebt in Wien und Tirol. Zahlreiche Publikationen. Zuletzt der Erzählband „Fußball ist auch bei Regen schön“ (Edition BAES), der Roman „Ein gutes Pferd zieht noch einmal“ (Kyrene Verlag) und der Gedichtband „Wie geht’s“ in der Stadtlichter Presse, Hamburg. Daneben Tätigkeit als Kleinverleger der edition baes (www.edition-baes.com), wo ein Schwerpunkt auf die Veröffentlichung von Literatur aus der US-amerikanischen Subkultur gelegt wird. Schneitter ist Mitbegründer und Kurator beim internationalen Tiroler Literaturfestival „sprachsalz“ (www.sprachsalz.com) in Hall.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Andreas Niedermann

    In der Schweiz ist (z.B.) der Hitlergruß nicht verboten.
    Hier die Begründung des Bundesgerichts:
    „Die öffentliche Verwendung des Hitlergrusses ist keine strafrechtliche Rassendiskriminierung, wenn damit lediglich die eigene nationalsozialistische Gesinnung bekundet werden soll. Strafbar macht sich erst, wer mit der Geste bei Dritten Werbung für den Nationalsozialismus betreiben will. (…)
    Gemäss Gesetz stellt das Verbreiten einer rassistischen Ideologie wie des Nationalsozialismus eine strafbare Rassendiskriminierung dar. Mit “Verbreiten” ist dabei Werbung oder Propaganda gemeint. Wer den Hitlergruss in der Öffentlichkeit lediglich verwendet, um damit gegenüber Gleichgesinnten oder unbeteiligten Dritten seine eigene rechtsextreme Haltung zu bekunden, macht sich deshalb noch nicht strafbar. Erforderlich ist vielmehr, dass mit der Geste Drittpersonen werbend zu Gunsten des Nationalsozialismus beeinflusst werden sollen.“

  2. Susanne Preglau

    Lieber Elias,
    ich möchte dir und deiner Tochter folgende Denkanregung weitergeben:
    In Österreich gilt ein Bundesverfassungsgesetz, das bei Strafe jede Wiederbetätigung im nationalsozialistischen Sinn verbietet (siehe Wikipedia – Verbotsgesetz 1947).
    Verboten wurde u.a. die „Leugnung, Verharmlosung, Gutheißung und Rechtfertigung“ nationalsozialistischer Verbrechen, sowie die Verbreitung durch „Druckwerke, Bilder und dergleichen“. Insbesondere besteht in Österreich diesbezüglich auch eine Pflicht zur Anzeige bei den Behörden.
    Ich kenne die Rechtslage in der Schweiz nicht, ebensowenig die in Deutschland (der Betreffende scheint deutscher Staatsbürger zu sein?).
    Vielleicht bringen diese Fakten die Freundin deiner Tochter zum Nachdenken, ob das Herunterspielen und Verharmlosen der Überzeugungen ihres Freundes angemessen ist?
    Susanne Preglau

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