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Andreas Raffeiner
Brief aus Bozen
Das Kreuz mit der Briefwahl
Vermischung von Sport und Politik?
Notizen

1.

Theoretisch klingt es gut, dass auch im Ausland lebende Südtiroler von ihrem Recht, an den Landtagswahlen mittels Briefwahl teilzunehmen, Gebrauch machen können. Doch meist ist das mit vielen Ärgernissen verbunden. Stimmen, die das Ganze einer Tombola gleichsetzen, werden laut.

Wenn wir die letzten Wahlen zum Südtiroler Landtag anschauen, wurden 13.175 Briefwahlstimmen ausgezählt. Ganze 8.485 Stimmzettel konnten nicht zugestellt werden und erreichten nicht die Wahlberechtigten. 

Weitere 1.350 Stimmen mussten vernichtet werden, da sie nicht fristgerecht bei der Südtiroler Wahlbehörde eingelangt waren. Rein arithmetisch gesehen sind das 9.835 Stimmen. Oder anders gesehen: ein Vollmandat!

Auch wenn eine Gesetzesänderung im Vergleich zum Urnengang im Herbst 2018 erwirkt und die Fristen angepasst wurden, wurden die Probleme nicht behoben. Es ist wichtig, dass diese Angelegenheiten ernstgenommen werden. 

Ein reibungsloser Ablauf der Briefwahl sollte eigentlich kein Problem darstellen. Die neue Landesregierung, ein bunt zusammengewürfelter Haufen par excellence, hat aber leider wohl andere Probleme.



2.

Nach einem unlängst ausgetragenen Fußballpokalspiel des Oberligisten AFC Obermais sorgt ein Banner der Fangruppe Curva Sud mit dem Spruch Meran braucht net a Bürgerwehr, sondern kuane Piefke mehr für Diskussionen und spaltet die Meinungen der Fans. Die kurze Präsenz des Banners während des Spiels hat im Verein und unter den Anhängern eine Debatte über die Aussage ausgelöst. 

Ein paar Fragen sind angebracht:

Warum wird das Banner als kontrovers betrachtet?
Wie reagiert die Vereinsführung des FC Obermais auf die Kritik?
Welche Vorwürfe erheben Kritiker gegenüber der Fangruppe?
Wie erklärt die Fangruppe selbst die Aussage auf dem Banner?
Was sagt ein ehemaliges Mitglied zu der Aktion?
Welche Argumente bringt der Ehrenpräsident des FCO vor?
Wie beurteilen die Fans die Vermischung von Sport und Politik?
Welche Position nimmt die Fangruppe zu den Diskussionen ein?

Die Fangruppe Curva Sud des Burggräfler Fußballklubs unterstreicht auf ihrer Facebook-Seite, dass der Spruch als Kritik an geplanten Nachbarschaftskontrollen und dem zunehmenden Massentourismus in der Passerstadt zu verstehen ist. 

Einige kritische Stimmen sehen darin dessen ungeachtet eine Vermischung unterschiedlicher Themenfelder und werfen der Gruppierung vor, politische Nachrichten und Sport keineswegs klar zu differenzieren.

Präsident Hannes Schnitzer räumt indessen ein, dass der Text auf dem Banner eine unglückliche Formulierung zum Inhalt hatte, betont jedoch die Unabhängigkeit des Fanclubs. Er nahm schon Kontakt mit der Fangruppe auf, um das Missverständnis zu klären, und erwartet, dass die Debatte in Kürze abklingen wird. 

Ein einstiges Mitglied, Thomas Kobler, verteidigt das Banner als überspitzte und ironische Formulierung und Stilmittel. Er sieht die Kritik als legitimen Protest gegen den wachsenden Massentourismus in Meran.

Ehrenpräsident Richard Stampfl zeigt hingegen kaum Begeisterung für das Banner und betont die Wichtigkeit des Fremdenverkehrs für Meran. Er lehnt jedoch Diskriminierungsvorwürfe gegenüber der Fangruppe ab. 

Die Diskussion wirft fundamentale Fragestellungen zur Grenze zwischen Sport und Politik auf. Während einige die Aussage als legitimen Protest gegen gesellschaftliche Probleme sehen, warnen andere vor einer Vermischung, die nicht auf den grünen Rasen gehöre. 

Die Fangruppe selbst äußert sich nicht direkt zu den Vorwürfen, und die Diskussion über die Grenzen von Protest im Sport bleibt nach wie vor aktuell. Ganz abgesehen von der Thematik des Overtourism!


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Andreas Raffeiner

Geboren 1979 in Bozen und dort wohnhaft, 1996-2000 Lehre zum Buchbinder, 2000 Gesellenprüfung, 2000-04 im Verwaltungsbereich tätig, seit 2002 freiberuflicher Redakteur, 2007 Matura auf zweitem Bildungsweg, 2007-2015 Diplomstudium der Geschichte und Wahlfächer (Abschluss: Mag. phil.) in Innsbruck, 2015-2019 und seit 2023 Doktoratstudium aus Geschichte ebd., Referent, Rezensent, Autor von Büchern, Sammelbänden, Aufsätzen zu lokal-, zeit-, rechthistorischen, juristischen und politischen Themen.

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