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Alois Schöpf
Zeitgeist und Heizung
Apropos

In der als Toleranz verkauften geistigen Trägheit unserer hedonistischen Gegenwart schwirren faktenbefreite Glaubensbekenntnisse genug herum. Umso deprimierender ist es, wenn man feststellen muss, dass auch eine vergleichsweise trockene und technische Materie wie die Frage nach dem richtigen Heizsystem vom Zeitgeist unterminiert ist. Und zwar nicht erst seit heute.

So ist an ein vor mehr als vierzig Jahren sensationelles Angebot der Stromgesellschaften zu erinnern, die Fußböden mit wärmenden Strommatten auszulegen. Leicht zu verlegen, der neueste Schrei! Aus heutiger Sicht die blanke ökologische, raumklimatische und finanzielle Katastrophe!

Dann folgte nach Jahren, in denen unangefochten das böse Heizöl dominierte, das Gas, inzwischen mit Herrn Putin an der Kassa. Nicht viel später folgten als jüngste Rettung der Welt im Dienste der erneuerbaren Energien die sogenannten Pellets-Heizungen: technisch aufwändig, mit hohem Platzbedarf, teuer, Feinstaub produzierend und am Tropf der Holzindustrie mit, natürlich unabgesprochenen, ins Astronomische steigenden Preisen. Wen wundert es, dass es da eine Firma wie Windhager voll erwischt hat. 

Die Vernunft des Konsumenten ist langfristig eben so gnadenlos wie der Zeitgeist fragwürdig.

Jüngster Ausdruck dieser Fragwürdigkeit sind die Wärmepumpen, vor denen viele Installateure warnen, weil sie, wenn es so kalt ist wie derzeit, fast nur mit Strom heizen, was bekanntlich ziemlich teuer werden kann. Statt nun zu erlauben, dass man die alte Ölheizung behalten darf, um sie in der kältesten Zeit als Ergänzung zur Wärmepumpe einzusetzen, muss sie komplett herausgerissen werden, wenn man nicht auf die staatlichen Zuschüsse verzichten will.

Als Konsument, der nicht frieren und nicht bankrottgehen möchte, sucht man verzweifelt nach vernünftigen Analysen abseits von Mode und Marketing. Aber auch nach einer vernünftigen Politik.

Erschienen in der Tiroler Tageszeitung am 13.01.2023

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Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Josef Pockenauer

    Schönen guten Morgen!
    Sie suchen nach vernünftiger Politik?
    Bitte verschieben Sie das um ca ein Jahr .
    Heuer ist nämlich Dauerwahlkampf und da hat Vernunft in der Politik Pause
    Schönes Wochenende

  2. Thomas Gasser

    Sehr geehrter Herr Schöpf,
    Alles Gute zum Neuen Jahr und daß ihre unabhängige „Kolumne“ noch lange in dieser Zeitung erscheinen kann.
    Bedauerlicherweise ist sie im neuen Jahr etwas „nach unten gerutscht“…., keine sehr gute Platzierung und insgesamt leider ein sehr unglückliches layout der Seite 2 . . ., schlecht & absolut unverständlich!

    PS: Vielleicht finden Sie ja auch einmal Zeit, sich dem TLT (kritisch) zu widmen.
    Unfassbar wie die Sparte „Oper“ nach den großartigen Intendanzen Fassbaender und Reitmeier mit einem Streich ruiniert werden kann; zumindest ist das mein trauriger (vorläufiger) Befund.

  3. Helene Obermair

    Sehr geehrter Herr Schöpf,
    ihr Artikel spricht genau meine Gedanken an, die seit der jetzigen Energiekrise existieren.
    Ich zitiere aus dem Folder von der Tigas Stand Jänner 2008:
    Erdgas ist die Energie mit Zukunft.
    Erdgas ist sicher, wirtschaftlich, preiswert, umweltschonend…
    Erdgas ist ein Naturprodukt.
    Es wäre wirklich vernünftiger, so wie sie vorschlagen, Ergänzungsheizungen einzusetzen und zu fördern. Eine Heizung kann mehr als 15 Jahre überdauern.
    Wir haben uns 2008 für Gas entschieden.
    Mit freundlichem Gruß

  4. Robert Muskat

    Man fragt sich in letzter Zeit tatsächlich, ob die Welt nur mehr voll von Geistesgestörten ist. Einerseits werden alle Arten von Großveranstaltungen in der Welt verteilt, damit Teilnehmer bloß nicht aufs Fliegen verzichten müssen, Kreuzfahrten sind nach wie vor der Renner, Auto- und Motorradrennen ziehen immer noch Massen in ihren Bann.
    Andererseits soll der “ Max Mustermann“ daheim sogar auf eine warme Wohnung verzichten. Öl, Gas, Strom zum Heizen? Undenkbar! Holzheizung? Bloß nicht! Da könnten ja über den gesamten Winter ein paar Staubpartikel aus dem Kamin kommen! Da ist es schon besser, wenn in Russland/ Ukraine und Israel/ Gaza bei jedem Bombenangriff riesige giftige schwarze Wolken in den Himmel steigen. Umweltverträglich???? Und man vergesse nicht die Geldgier! Wenn man einen Brennstoff verbietet, muss man selbstverständlich die Alternativen mindestens um das Doppelte verteuern, sonst bleibt ja der Profit im Hintertreffen. Also, liebe Tirol Bewohner, im Winter ab nach Australien oder in die Südsee, aber vergesst nicht die Wasserleitungen zu entleeren, sonst zerreißt es die Rohre!

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