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Alois Schöpf
Politiker ist ein schwieriger Beruf.
Apropos

Der Fall Lena Schilling zeigte es wieder deutlich: Quereinsteiger haben es in der Politik schwer. Im besten Fall verblasst ihre anderweitige mediale Berühmtheit, wegen der sie meist aus durchsichtigen Marketinggründen berufen wurden, binnen kurzer Zeit. Oft scheitern sie sogar.

Ein Mediziner zum Beispiel, der eine schwere Operation durchführen soll, blickt auf eine Ausbildungszeit von mindestens zehn Jahren zurück. Sein Verantwortungsbereich betrifft allerdings nur wenige Menschen. Der Verantwortungsbereich eines Politikers kann ein ganzes Land, also Millionen betreffen.

Umso dringender ist die Frage zu stellen, was jemanden dazu qualifiziert, Politiker zu werden? Ist es nicht vorerst einmal die Notwendigkeit, über eine abgeschlossene Berufsausbildung zu verfügen, um als Repräsentant jener, die als Unternehmer, Lehrer, Beamte oder Handwerker tätig sind, zu wissen, worum es im gewöhnlichen Leben geht? 

Und wäre es nicht ideal, wenn sich aus dieser Berufsausbildung heraus genau jenes Engagement entwickeln würde, das zum Beruf des Politikers hinführt, dessen Tätigkeit der berühmte deutsche Soziologe Max Weber mit dem Satz definiert hat: Ein starkes langsames Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich.

Dieses Bohren von Brettern bedeutet, Menschen zu überzeugen, sich bei Sitzungen durchzusetzen statt einzuschlafen, sich durch Kritik nicht verletzen zu lassen, Wahlkämpfe zu führen, scharfe Interviews zu überleben und trotz peinlicher Recherchen durch die Medien als anständig zu gelten.

Ist es ein Wunder, dass das grüne Aushängeschild Lena Schilling vor diesem Hintergrund Schwierigkeiten hat, wenn nicht gar scheitert? Es fehlt ihr nicht nur die Berufsausbildung, sondern auch jene Ochsentour, die sie gelehrt hätte, wie man sich in der Politik zu verhalten hat. 

Warum nimmt sie sich nicht mehr Zeit für sich und ihr Talent?

Erschienen in der Tiroler Tageszeitung am 18.05.2024

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Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Robert Muskat

    Politiker sein ein schwerer Beruf? In Österreich sicher! Da kommen junge Nachwuchspolitiker, die gute Ideen haben und voller Hoffnung für die Zukunft arbeiten wollen und dann: Menschenfreundliche Politik? Was sagt denn die Wirtschaft dazu? Umweltfreundlich? Ja eh, aber vorher fragen wir die Landwirtschaftskammer! Neue Formen des Zusammenlebens? Bitte erst nach der Bischofskonferenz!
    Sollte ein Nachwuchspolitiker dann noch Lust haben, da hammam ja den KLUBZWANG! Bloß nicht aus der Parteiline ausscheren, sonst könnte ja was weitergehen! Wo hat da bitte jugendlicher Optimismus Platz? Wohin mit neuen Ideen? Kein Wunder, dass im Laufe der Jahre die Gesichter der Politiker immer verbissener und grantiger werden. Und wenn bei all den harten Brettern ( Dickschädeln) der dreißigste Bohrer abbricht, vergeht auch dem größten Optimisten die Lust und man wandelt sich zum käuflichen „Lobbyisten. Gute Nacht Österreich!

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