Alois Schöpf
Die Landesabgabe zur ORF-Haushaltsabgabe
wird bleiben!
Ein chaotisches Kulturbudget
als stille ÖVP Wahlwerbung
Analyse
Jetzt bringt Italien auch noch vor dem EuGH eine Klage gegen die Tiroler Beschränkungen und die Kontingentierung in Sachen Transit auf der Autobahn ein. Die Baustellen, die der Landeshauptmann aufzuräumen hat, werden also immer mehr. Was ihn allerdings nicht daran hindert, weiterhin den Kulturreferenten zu spielen.
Dabei wäre gerade jetzt auch in der Kultur die volle Kapazität eines politischen Kopfs gefordert, geht es doch um eine richtungsweisende Entscheidung, die bis Ende Dezember gefällt werden muss.
Wird Tirol wie mehrere andere Bundesländer auf die Landesabgabe, die auf die bisherigen ORF-Gebühren aufgeschlagen wurde, verzichten, um die Bürger zu entlasten, wie es unlängst die NEOS gefordert haben?
Diese Landesabgabe wurde ursprünglich nach dem Krieg eingeführt, als das Land Tirol dem jungen österreichischen Rundfunk, der ursprünglich sogar im Regierungsgebäude des Landhauses untergebracht war, Infrastruktur zur Verfügung stellte und dafür eine Gegenleistung einforderte. Wie üblich, wenn ein zur Wegelagerei neigender Staat eine neue Steuer erfunden hat, wurde auch diese niemals abgeschafft, obgleich der Anlass, zu dem sie beschlossen wurde, längst historisch ist.
Insofern ist dem Chef der Tiroler NEOS Dominik Oberhofer recht zu geben, wenn er verlangt, dass hier eine vorsintflutliche, den Fernsehzuschauern zusätzlich zu ihren Zwangsgebühren aufoktroyierte Nebeneinkunft der öffentlichen Hand abgeschafft werden soll, wodurch Tirols Bürger einen Betrag von 50 € pro Jahr einsparen könnten.
Dass dieser Aufruf zur ärarischen Zurückhaltung mit einer gewissen Berechtigung nicht gerade auf die Gegenliebe des in der Opposition mit den NEOS konkurrierenden Markus Sint von der Liste Fritz stieß, ist angesichts der geringen Summe der Einsparung verständlich. Vor allem wenn man weiß, dass der durch die Landesabgabe hereingespielte Betrag in etwa 10 Millionen € beträgt und zwei Drittel jener Fördersumme ausmacht, die in Sachen Kultur der freien Szene im Lande als Ermessensausgabe zur Verfügung steht.
Wenn das Land also wie in mehreren anderen Bundesländern darauf verzichten würde, ab 1. Jänner auf die neue Haushaltsabgabe des ORF wiederum die alte Landesabgabe aufzuschlagen, käme dies in vielen Bereichen einem radikalen Kahlschlag gleich.
Insofern man jedoch gerade in der Kulturpolitik, die wenig unter unabänderlichen Sachzwängen leidet, grundsätzlich davon ausgehen kann, dass die Verhältnisse, auch wenn sie noch so verworren sind, exakt so gewünscht werden, weil sie in diesem Fall nach dem Prinzip divide et impera den Interessen der Mächtigen am besten dienen, kann in Sachen ORF-Landesabgabe davon ausgegangen werden, dass sowohl Oberhofer als auch Sint mit ihren Argumenten recht haben.
Oberhofer weist zu Recht darauf hin, dass das Tiroler Kulturbudget, auch aufgrund der Nachkriegsgeschichte, ein auf die Bereiche Kultur, Personal, Repräsentation, Bildung, Standortagentur, Tourismusverbände und Tirol Werbung verteiltes Chaos darstellt, über das sich der gemeine Bürger, ja nicht einmal der versierte politische Landtagsabgeordnete ein geordnetes Bild machen kann.
Ein Land, dessen internationales und touristisch erfolgreiches Alleinstellungsmerkmal darin besteht, dass zwischen seiner wilden Natur und seiner zivilisierenden Kultur ein oftmals sehr attraktives und originell ausgestaltetes Spannungsverhältnis besteht, ist – von der Ära Andreas Brauns in der Tirol Werbung abgesehen – offenbar noch immer nicht in der Lage, die Kultur und ihre innovative Weiterentwicklung als einen notwendigen Standortvorteil und somit als einen wesentlichen Faktor einer gedeihlichen Zukunftsentwicklung zu begreifen.
Ganz im Gegensatz etwa zu Niederösterreich, das durch vielfältige kulturelle Investitionen, es sei hier nur an die neuen Gebäude der Landeshaupstadt St. Pölten, Grafeneck oder das Karikaturenmuseum in Krems erinnert, schon jetzt das Image von Modernität, Aufgeschlossenheit und touristischer Attraktivität aufgebaut hat, obgleich dieses Bundesland noch vor wenigen Jahrzehnten als eines der armen und zurückgebliebenen in Österreich galt.
Statt also im Dienste der vierten wirtschaftlichen Macht, der Kreativwirtschaft, die neben der Dienstleistungswirtschaft immer größere Anteile am Wohlstand moderner Nationen beansprucht, für klare Verhältnisse und Transparenz zu sorgen, wird die auf eine unübersichtliche Menge von Fördertöpfen verteilte Kulturförderung seit Jahrzehnten dazu missbraucht, um die eigene Klientel bei Laune zu halten. Dies reicht vom Probelokal der Gemeinde Hintervorderdorf über den Schießstand ihrer Schützen, die distinktionsgeile überalterte Fangemeinde einer alten Musik, die zurecht in den Archiven verschwunden ist, bis hin zu einer feministischen Theaterintendanz, die einem stockkonservativen Land heuchlerisch Modernität vorzuspielen hat. Die Kultur hat hierzulande die Aufgabe, mittels undurchsichtiger Netzwerke und einer antieuropäischen Identitätspolitik die Vormachtstellung einer Partei sicherzustellen, deren Proponenten es in staatsbürgerlicher Selbstverblödung immer noch für normal halten, bei Veranstaltungen die Hohe Geistlichkeit vor allen demokratisch gewählten Vertretern des Volkes zu begrüßen.
Eine Abschaffung der Landesabgabe würde eine Unruhe in diesem bequemen Chaos der Kulturpolitik hervorrufen und all jene, welche fast schon weinend dasitzen und beteuern, dass sie für Neues kein Geld haben, dazu zwingen, das Budget neu aufzusetzen und somit neu zu begründen, was unweigerlich all die eigenartigen und geradezu unter Korruptionsverdacht stehenden Vorgänge offen legen würde, die zum Beispiel in einer Art Osttirol-Connection dazu geführt haben, dass eine vollkommen unbedeutende und am Publikum vorbei gedruckte Kulturzeitung wie Quart nun schon bald seit 20 Jahren mit jährlich 150.000 € für 2 Ausgaben überschüttet wird. Da hätte sogar ein Wolfgang Pfaundler, der bislang unangefochtene Subventionsverbrater, hochachtungsvoll genickt!
Dass solch unverantwortliche Überschüttungen naturgemäß bei Abschaffung der Landesabgabe zur ORF-Haushaltsabgabe entfallen könnten, darin ist Markus Sint durchaus Recht zu geben. Dennoch wiegt wohl das Argument schwerer, dass der Zwang, in der Kultur endlich für Transparenz und Ordnung zu sorgen, dem Lande und seiner Entwicklung gleichsam als Akt der Selbsttherapie besser bekäme als eine, wie es leider zu erwarten ist, weiterhin kompetenzbefreite Weiterschlamperei.
Das Paradebeispiel einer solchen Schlamperei ist übrigens die großspurig angekündigte Dachorganisation Lebensraum Tirol Holding. Ihre Aufgabe bestünde darin, Tirol als Standort wissenschaftlicher, wirtschaftlicher, touristischer, aber auch kultureller Modernität aufzuladen und aufzuwerten. Theoretisch würde sie über ein Budget von 50 Millionen € verfügen, in Wirklichkeit jedoch verfügt sie lediglich über die lästigen Überredungskünste, doch bitte mitzumachen, des ehemaligen Tirol Werbung-Chefs Josef Margreiter, der mit keinerlei Macht ausgestattet wurde und daher seine Rolle von allem Anfang an zu ernst nahm, weil er nicht wahrhaben wollte, dass er auf einen hohlen Marketinggag hereingefallen war. Denn so blöd ist nicht einmal in Tirol ein Landesrat oder eine Landesrätin, dass sie sich die Rosinen attraktiver Selbstpräsentationen klauen lassen, um den Glanz der Innovation einem anderen zu borgen und sich selbst mit der Rolle des Bodenpersonals zufrieden zu geben.
Nochmals: Wie es gehen könnte, zeigte der unsympathische Erwin Pröll in Niederösterreich. Im Vergleich dazu war der sympathische Günther Platter immer nur der Zuschauer seiner eigenen Mutlosigkeit. Und bei Anton Mattle wird es nicht anders sein, weshalb er auch nie und nimmer auf die Landesabgabe verzichten wird.
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