Alois Schöpf
Bergsteigen und Oper
Für den wackeren Tiroler ist es selbstverständlich, dass er trainieren, sich genau vorbereiten und zuletzt ordentlich schwitzen muss, um einen Dreitausender zu erklimmen. Dabei ist es nicht selten so, dass sich Begeisterung und Triumph, oben angelangt zu sein, proportional zu den Anstrengungen des Aufstiegs verhalten.
Dass diese in weiten Teilen der Bevölkerung verbreitete Erkenntnis für den Besuch von Opernaufführungen kaum gilt, hängt schlicht und einfach auch damit zusammen, dass die Musiktheater in den letzten Jahren das Repertoire auf einige wenige Ohrwürmer eingedampft haben.
Dadurch geriet in Vergessenheit, dass in der Kunst, und vor allem in der Oper, vergleichbar einem attraktiven Berggipfel, ebenso das Gesetz gilt, dass man umso mehr von einer Aufführung hat, je mehr sie einem abverlangt.
Und so verständlich es ist, dass vor der Premiere von „Die Passagierin“ von Mieczysław Weinberg letzten Samstag am Tiroler Landestheater sich viele dachten „Eine tragische KZ-Oper nach einem solchen Frühsommertag, nein danke!“, weshalb viele Sitzplätze frei blieben, so bedauerlich ist es.
Denn was hier unser oft gescholtenes Tiroler Landestheater künstlerisch stemmte, kann sich nicht nur international sehen lassen, sondern ist auch in einer Zeit weltweit wieder aufkommender staatlicher Gewalt gleichsam musikalische Pflichtlektüre.
Daher: Nieder mit dem inneren Schweinehunde! Hingehen!
Erschienen in der Tiroler Tageszeitung am 28. 05. 2022.
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Sehr geehrter Herr Schöpf!
Ich lese immer gern ihre Beiträge in der TT, denn ich mag ganz gern etwas „aufmüpfige“ Menschen, die sich was sagen trauen, auch wenn ich einmal nicht ihrer Meinung bin.
In der Ausgabe vom Samstag , 28.5., haben Sie Ihr Bedauern geäußert, dass so wenig Publikum bei der Premiere von „Die Passagierin“ war, und genau aus den Gründen, die Sie dafür verantwortlich machten, wollte ich mir diese Oper auch „nicht geben“. Aber mir hat es dann doch keine Ruhe gelassen, und ich war gestern Abend in der Vorstellung. Sie war fantastisch ! Die Spannung von Anfang an, was da passiert und wie es weitergeht, durch die angeschriebenen Texte wunderbar mitzuerleben, die „Gespräche“ innerhalb der Insassen, auch in Landessprache, das leicht veränderbare Bühnenbild, Musik und Gesang – Ich war wirklich überwältigt und auch betroffen. Diese Aufführung wird ganz bestimmt in meiner Erinnerung bleiben.
Mit liebem Dank für Ihre „Anregung“!
Sehr geehrter Herr Schöpf !
Bitte lassen sie sich in ihren Gedankengängen, die sie wunderbar niederschreiben, nicht von ihren Kritikern beirren. Denn sie sind nicht nur ein kluger Mann, sondern auch ein Mensch, der den Mut hat zu sagen, was Sache ist.
Darum guter Alois mach weiter so zur Freude deiner Fans.
Viele Grüsse aus dem Lechtal!
Wieder einmal – mit fein ausgedrückter Ironie – treffend im faulen Zahn gestochert…..aua !
Mit besten Grüßen!
Lieber Herr Schöpf,
schon meinem Freund Karlheinz Siessl habe ich gesagt, dass ich diese Oper nicht ertragen werde, nicht nur wegen all der bekannten Grauslichkeiten, sondern weil 2 Onkeln von mir im 2.Weltkrieg gefallen sind!
Einer war im Bezirk Reutte der erste, gefallen am 20.9.1939 mit 20 Jahren bei Lemberg, und der zweite – freiwillig gemeldet- mit 19 Jahren 1944 in Russland!!
Meine Mutter hat um ihre beiden Brüder ihr Leben lang getrauert und mir oft von ihnen erzählt!!
Alles vergessen und unbeachtet und unbedankt?? Ich weiß, kann man nicht vergleichen, doch es bleibt da!!
Daher, werde ich die Oper nicht besuchen, trotz der ,wie Karlheinz meinte , genialen Musik!!
Und auch trotz Ihrer heutigen Kritik!!