Alois Schöpf
Zwei Arten von Sozialdemokratie
Notizen
Es gibt Momente am Beginn politischer Karrieren, die den Todeskeim ihres Endes bereits in sich tragen. So geschehen bei Pamela Rendi-Wagner, als sie verkündete: „Ich bin eine Feministin!“
Zugleich gibt es aber auch Momente, in denen jemand die Bühne betritt und umgehend klarmacht, dass er nicht irgendwer ist. So geschehen bei Hans-Peter Doskozil, der auf die fiese Eröffnungsfrage unseres ORF-Oberinquisitors Armin Wolf konterte: „Wir sind hier nicht in einem Linguistik-Seminar!“
Was Rendi-Wagner und Doskozil trennt, ist, wie die beiden zitierten Sätze andeuten, nicht so sehr ein Streit zwischen Personen. Vielleicht ist es das auch. Vor allem ist es jedoch ein Streit über die grundsätzliche Ausrichtung der Sozialdemokratie: ein Thema, das übrigens auch im Zentrum der beiden überaus empfehlenswerten Bücher „Die Selbstgerechten“ von Sahra Wagenknecht oder „Lob des Normalen: Vom Glück des Bewährten“ von Cora Stephan steht.
Die Frage lautet nämlich: Ist die Sozialdemokratie eine Partei, welche Minderheiten im Kampf um ihre Rechte unterstützt, was durchaus edel und notwendig sein mag, womit aber im Verhältnis zur Mehrheitsbevölkerung der Abstieg in der Wählergunst unter die 20 Prozent vorausprogrammiert ist? Oder ist sie, wie sie es in ihren besten Zeiten unter Kreisky war, daneben auch und vor allem eine Partei der kleinen Normalos, die oft mit großen Problemen zu kämpfen haben und, wenn sie sich zu Wort melden, ausgerechnet von saturierten Lifestyle-Linken als zurückgeblieben und reaktionär abqualifiziert werden?
Der Abstieg der SPÖ begann schon mit Inthronisierung von Viktor Klima. Nachdem dieser Proponenten des linken Flügels (Caspar Einem, Rudolf Scholten, Helga Konrad) eliminierte und der Wähler dies nachträglich (1999) mit einem Minus von 3,5% quittierte, war auch der Kanzlersessel futsch. Mit Tollpatschen wie Alfred Gusenbauer und Werner Faymann war man halt auch nicht gerade bestens aufgestellt. Christian Kern war auch nicht gerade beliebt, mit HPD holte er sich einen Egomanen an die Brust. Der Rest ist bekannt. Anton Pelinka meinte in der ZIB2 (vom 13.07.2021), dass die derzeitige Situation die SPÖ zwingen würde, über Programmatik und nicht über Personen zu reden. Außerdem huldigten die Granden immer dem System „links blinken, aber rechts abbiegen“. Dass dies den „bravesten“ Genossen irgendwann einmal auf den „Hut“ geht, ist verständlich. Pamela Rendi-Wagner hat die undankbare Aufgabe, die Suppe der vergangenen 25 Jahre auszulöffeln. Wenn man schon Unzufriedenheit mit dem/der Altvorderen empfindet, dann soll man aufstehen und selbst den „Hut in den Ring werfen“.
Alles Andere ist falsch und würdelos.
Mit freundlichen Grüßen Otto Riedling, (Innsbruck, gebürtig aus Hainfeld/Gölsen)
Sehr geehrter Herr Schöpf,
ich habe nachgeschlagen und ich gebe Ihnen Recht: Feminismus, wie ich ihn verstehe, ist der Emanzipation sehr ähnlich. Doch der Feminismus ist laut der von Ihnen übermittelten Duden-Definition ein Oberbegriff für verschiedene Strömungen.
Der Beginn der Frauenbewegung in den 70er Jahren hatte in Teilen radikale Ausprägungen, wie so oft, wenn eine Bewegung neu aufflammt.
Doch ich denke, die Hauptströmung des Feminismus hat sich durch die Jahre so gewandelt, dass eine feindselige Haltung dem Mann gegenüber heute eher ein Randphänomen ist.
Ich bedanke mich für einen anregenden Nachmittag.
Sehr geehrte Frau Ennemoser!
Dem Begriff Feminismus ist eine feindselige Haltung gegenüber dem Mann immanent. Das lehne ich als Mann ab. Das, was Sie wahrscheinlich auch unter Feminismus verstehen, firmiert bei mir unter dem Begriff Emanzipation.
Vergleichen Sie bitte beide Dudendefinitionen.
Mit besten Grüßen
Alois Schöpf
Feminismus:
Oberbegriff für verschiedene Strömungen, die sich für die Gleichberechtigung, Selbstbestimmung und Freiheit aller Geschlechter, v. a. von Frauen, und gegen Sexismus einsetzen, z. B. durch das Hinwirken auf eine grundlegende Veränderung gesellschaftlicher Normen (wie der traditionellen patriarchalischen Rollenverteilung)
Emanzipation:
Gemäss Duden steht Emanzipation für die Befreiung aus einem Zustand der Abhängigkeit; Selbständigkeit; Gleichstellung sowie für gesellschaftliche und rechtliche Gleichstellung der Frau mit dem Mann.
Sehr geehrter Herr Schöpf,
jetzt bin ich aber platt. Verstehe ich Sie richtig und Sie halten Feminismus für ein Minderheitenprogramm? Feminismus ist doch heute hoffentlich kein Reizwort mehr. Feminismus meint doch, ein Leben als selbstbestimmte Frau zu führen und Töchter zu selbstbestimmten Menschen zu erziehen. Das ist doch selbstverständlich!
We should all be feminists, sagt Chimamanda Ngozi Adichie. Ich stimme zu. Sie nicht?
Schöne Grüße
Ennemoser Christine