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Sumpf oder Nichtsumpf?
Über die GemNova und den Tiroler Gemeindeverband (TGV)
Ein Interview mit Günther Hye

Sehr geehrter Herr Dr. Hye!
In Ihren kritischen Leserbriefen, die Sie immer wieder in der Tiroler Tageszeitung oder auch im schoepfblog veröffentlichen, erweisen Sie sich als genauer Analytiker unserer kleinen Tiroler Innenpolitik. Was fällt Ihnen in diesem Zusammenhang zur GemNova ein?

Ich muss vorausschicken, dass ich kein Insider bin und meine Informationen über die Vorgänge bei der GemNova ausschließlich aus den Medien und dem Internet beziehe.

Die Idee der GemNova als gemeinsame Einkaufsplattform für die Gemeinden, die dann später noch um Personalausbildung und Personalrekrutierung und -vermittlung erweitert wurde, ist grundsätzlich zu begrüßen.

Viele Gemeinden haben sich durch die GemNova Geld und Personaleinstellungen erspart, was sich in den jeweiligen Gemeindebudgets positiv ausgewirkt hat. Aus der GemNova-Homepage ist zu ersehen, dass sich die Gemeinden, die sich der verbandseigenen Gesellschaft und ihrer Töchter bedient haben, insgesamt Aufwendungen in der Höhe von ca. 70 Mio Euro erspart haben.

Was war dann das Problem?

Offenbar haben Fehler in der Geschäftsführung und eine mangelhafte Aufsicht dazu geführt, dass die GemNova Liquididätsprobleme bekommen hat. In den Medien wird von Außenständen zwischen 4 und 10 Millionen € gesprochen. Meines Erachtens hätte diese wirtschaftliche Schieflage auch ohne Insolvenz bewältigt werden können, zumal sich Gemeinden durch die GemNova ein Vielfaches dieses Betrags erspart haben.

Und wie soll das möglich sein?

Wenn im Tiroler Gemeindeverband alle an einem Strang gezogen hätten, wären die Gemeinden in der Lage gewesen, mit Hilfe des Landes und der Banken die erforderliche Liquidität bereitzustellen und den Konkurs zu verhindern.

Und warum ist das nicht passiert?

Die Situation in der GemNova wurde leider auch dazu genützt, alte Feindschaften auszutragen und offene Rechnungen zu begleichen. Und das sogar um den Preis, dass der Tiroler Gemeindeverband selbst von Insolvenz bedroht war. Somit wird ein an sich erfolgreiches Projekt mit immerhin mehr als 400 Mitarbeitern ohne Not preisgegeben.

Ein Konkurs ist ja ein beträchtlicher Schaden?

Dass die GemNova gute Leistungen für die Gemeinden erbracht hat, ist nicht zuletzt daran zu sehen, dass die Bildungspool GmbH vom Land Tirol fortgeführt werden soll. Der Tiroler Gemeindeverband, der unter Präsident Schöpf eine sehr starke Rolle als Interessenvertretung der Gemeinden gegenüber dem Land und dem Bund einnahm, ist auf Jahre hinaus geschwächt!

Wie ist es zu rechtfertigen, dass der Gemeindebund-Präsident Schöpf zu seinem Bürgermeistergehalt angeblich noch 12.000 € zusätzlich bekommt?

Soviel ich weiß, hat Ernst Schöpf rund 9600 Euro brutto im Monat, zusätzlich dazu noch Spesen erhalten. Verglichen mit den Bezügen der Regierungsmitglieder in der Tiroler Landesregierung ist die Höhe m.E. angemessen. Dazu kommt, dass Schöpf, wie oben ausgeführt, den Tiroler Gemeindeverband zu einer sehr starken Interessenvertretung und Serviceorganisation ausgebaut hat.

Inwieweit hat er das getan?

Die Gemeinden verdanken ausschließlich ihm, dass sie wieder über den Substanzwert ihres Gemeindeguts verfügen können, das ihnen – politisch gewollt – von der Agrarbehörde des Landes in offenkundig verfassungswidrigen Regulierungsverfahren entzogen wurde. Es geht hier um Wälder und Grundstücke der Gemeinden in der Größenordnung von ca. 4.000 km² oder einem Drittel der gesamten Landesfläche!

Durch den Zugriff auf den Substanzwert haben die Gemeinden wieder viel mehr Handlungsspielraum gewonnen, um ihre kommunalen Aufgaben zu erfüllen. Dass manche Gemeinden die neuen Möglichkeiten trotzdem nicht nützen, liegt nicht an Ernst Schöpf, sondern vielmehr daran, dass sich deren Bürgermeister und Gemeinderäte bis heute nicht von ihren Bauernbundseilschaften emanzipieren konnten.

Wie war das mit den Kontrollpflichten im Rahmen der Aktivitäten der GemNova?

Die verbandseigene Aufsicht durch den Präsidenten und den Lenkungsausschuss hätte die Alarmsignale früher erkennen und eingreifen müssen.

Wie beurteilen Sie die Berichterstattung in den Medien?

Vielfach war die Berichterstattung einseitig auf die wirtschaftlichen Probleme der GemNova fokussiert; über die Erfolge und Leistungen für die Gemeinden konnte man hingegen wenig lesen. Vor allem die Tiroler Tageszeitung hat seit Jahren einen eher kritischen Standpunkt gegenüber der GemNova eingenommen. Auch seitens der Wirtschaft hatte man keine Freude mit der zusätzlichen Konkurrenz. Und für die Bauern und den Bauernbund, die von der Tiroler Tageszeitung immer schon mit Samthandschuhen behandelt wurden, ist eine Schwächung von Schöpf, der ihnen das Gemeindegut weggenommen hat, sehr willkommen.

Liegt der Grund darin, dass man den Konkurrenten Ernst Schöpf diskreditieren möchte?

Dazu ist auf obige Antwort zu verweisen. Dazu kommen auch noch Bürgermeister wie jener aus Telfs, die glauben, alles besser zu können und gerne selbst Präsident des Tiroler Gemeindeverbands geworden wären. Allerdings ist diese Rechnung – wie man sieht – nicht aufgegangen.

Ich danke für Ihre Einschätzung.

Das Gespräch mit Günther Hye führte Alois Schöpf

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Günther Hye

geb. 26.12.1956 in Innsbruck, Jurist, VS in Innsbruck-Amras; BRG Lienz; Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Innsbruck, Gerichtspraxis, Versicherungsjurist, Rechtsanwaltsanwärter, von 1991 bis 2021 Klubdirektor des SPÖ Landtagsklubs, seit 1.1.2022 in Pension.

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Karlheinz Veit

    Bitte den Namen Kerer auf Peter Nindler auszutauschen ! Danke !

  2. Karlheinz Veit

    Das Beste ist ja die TT-Schlagzeile:
    GEMEINDEN RETTEN DEN VERBAND……!
    Es ist schon eine besondere Chuzpe des Redakteurs Kerer diese Schlagzeile zu platzieren!
    Verarschung pur – selbstverständlich zahlt diesen Gem-Nova-Shit – der STEUERZAHLER!
    Aber dass solche Überschriften vom Chefredakteur noch abgezeichnet werden , sagt alles aus….!

  3. Robert Muskat

    Ich bin weder Insider noch sonderlich in die Politik involviert, dennoch:
    Ich bin der Meinung, dass die ÖVP, nicht nur in Tirol, sondern staatsweit, sich viel zu viel um die Interessen von Wirtschaftsbund und Bauernbund statt der Bevölkerung kümmert. Wenn man sich die „Machtkämpfe“ innerhalb der Partei ansieht kommt einem das nackte Grauen.
    Außerdem sind sämtliche Organisationen, ob Gemeindeverband, GemNova, Tourismusverbände usw. dermaßen aufgeblähte Verwaltungen mit viel Personal, dass es niemanden zu wundern braucht, wenn man in die Pleite schlittert. Aber wahrscheinlich muss man sämtliche Unterorganisationen mit Posten versorgen, sonst könnte es ja Gejammer geben.
    Ich hoffe, dass irgendwann die Vernunft und Umsicht Oberhand gewinnen.

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