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Alois Schöpf
Wurden wir je gefragt?

Jahrhundertelang haben sich die Tiroler bemüht, die Alpen von zu viel Wild und Raubtieren wie Wölfen und Bären zu befreien. Auch gegen den Willen rücksichtsloser Feudalherrscher wie Kaiser Maximilian, der Wilderern die Hand abhacken lassen wollte, was der Tiroler Landtag verhinderte.

Bis dann die EU kam und unsere hochbezahlten Politiker einen naturreligiös inspirierten Staatsvertrag von reiner Wildnis und ursprünglicher Diversität unterschrieben. Entweder weil sie zu faul waren, das Kleingedruckte zu lesen, oder weil sie in üblicher Windschlüpfrigkeit meinten, dass man, da zum damaligen Zeitpunkt in Österreich weder Wölfe noch Bären existierten, risikolos der sogenannten Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie zustimmen könne.

Jetzt haben wir die Bescherung!

Jetzt befindet ein anonymes (!!!) Kuratorium, dessen Mitglieder garantiert viel zu wenig von Almwirtschaft, Tourismus und Landesgeschichte verstehen, darüber, ob der Bär auf einer der beliebtesten Wanderstrecken Tirols, im Karwendel, gefährlich ist oder nicht.

Alle Macht geht bekanntlich laut Verfassung vom Volk aus, nicht von NGOs, nicht von Brüsseler Grünbürokraten, nicht von Kuratorien und nicht von Politikern ohne Zivilcourage. Daher bleibt, um das Problem zu lösen, wohl nur noch eine Volksabstimmung mit der Frage, ob wir bereit sind, uns im Dienste städtischer Träume in eine steinzeitliche Naturidylle zurückwerfen zu lassen?

Erschienen in der Tiroler Tageszeitung vom 04.06.2022

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Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

Dieser Beitrag hat 5 Kommentare

  1. Ernst Maier

    Sehr geehrter Herr Schöpf
    Einmal ganz davon abgesehen, dass zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des EU-Beitrittsvertrages eine eventuelle Rückkehr großer Beutegreifer in den Alpenraum kein Thema war – Ihr Vorwurf, wonach die Unterzeichner womöglich zu faul gewesen sein könnten, um Kleingedrucktes (FFH-Richtlinie) zu lesen, ist an unverantwortlicher Polemik kaum zu überbieten.
    Die Rückkehr großer Beutegreifer in den Alpenraum ist zu einem Gutteil einem überbordenden Wildbestand und unserem inzwischen zur Gewohnheit gewordenen sorglosen Umgang mit Nutztieren zuzuschreiben. Im Zeitalter vor der brutalen Ausrottung von Wolf und Bären waren Nutztiere überwiegend behirtet. In nahezu allen umliegenden Alpenländern und insbesondere am Balkan ist dies aus gutem Grunde auch heute noch der Fall. Und dies mit Erfolg!
    Im Übrigen: Wären Sie sich sicher, wie ein von Ihnen angeregter Volksentscheid (worüber sollte letztendlich abgestimmt werden) ausfallen würde?
    Zudem sollte darüber Konsens bestehen, dass wir derzeit mit Herausforderungen ganz anderer Dimension konfrontiert sind. Eine Volksabstimmung zu diesem hochgeschaukelten Thema würde wohl eher nicht zur De-Radikalisierung unserer Gesellschaft beitragen.

  2. Harald Medenus

    Guten Morgen lieber Alois !
    ich bin dabei und unterschreibe, dass wir uns vor wilden Tieren schützen müssen sollen dürfen !
    Sind wir schon zu Zweien !

  3. Burghard Trenkwalder

    Sehr geehrter Herr Schöpf,
    Gratulation zu Ihrer großartig formulierten Kolumne. Sie sprechen damit sicher 90% der Tiroler aus der Seele. Leider scheinen die verantwortlichen Politiker einfach nicht „die Eier“ zu haben, das Problem endlich im Sinne der Bevölkerung zu lösen. Die Idee einer Volksabstimmung erscheint da wirklich als gute Option, um Druck von „unten“ zu machen und hoffentlich unsere Almen vor der Versteppung zu retten. Mich wundert, dass besonders Betroffene wie zum Beispiel die Bauernvertreter oder auch die Touristiker diese Möglichkeit noch nicht in Betracht gezogen haben.

  4. c. h. huber

    als generell sich dem tierschutz verpflicht fühlender mensch bin ich dennoch gegnerin der wiederansiedelung dieser beutegreifer von beginn an gewesen. seit diese schnapsidee zwar wohlmeinender, aber die folgen, auch jene der vermehrung dieser tiere offenbar nicht bedenkender naturschützer aufgekommen ist, hab ich darüber diskutiert und das jetzige szenario vorausgesagt. unser land ist zu dicht besiedelt und genutzt, auch touristisch, um ein gedeihliches nebeneinander von mensch, dessen nutz- und haustieren und wolf und bär usw. bieten zu können, so schön das auch wäre!

  5. Peter Walch

    Sie bringen es in Ihrer Kolumne über die Problematik der Beutegreifer Wolf und Bär in unserem Land auf den Punkt. Man frage sich einmal, warum unsere Altvorderen, die, in heutiger Zeit gar nicht mehr vorstellbar, ums Überleben – ich meine hier speziell den Bauernstand, aber nicht nur – kämpfen mussten, mit ihren Großfamilien, ihren kargen Böden und der Natur auf Gedeih und Verderb ausgeliefert, es sich leisten hätten können, dass ein Wolf oder Bär sie und ihre Familie ins Verderben stürzt, weil ihre Schafherde auf Null dezimiert worden ist.
    Bürokraten, seien sie in der EU und leider auch Politiker in unseren Landen – Sie sagen es – denen die Zivilcourage ein Fremdwort, oder sagen wir besser, der Futtertrog, von dem sie nicht weg wollen, näher ist, verstecken sich hinter hohlen Phrasen und dehnbaren Paragraphen. Es ist ein Trauerspiel.
    Für mich ist diese Problematik Wolf, Bär, alpine Landwirtschaft, auch Sicherheit in der freien Natur einschließlich Fremdenverkehr Chefsache. Hier MUSS der Landeshauptmann aufstehen und sagen: Es ist genug! Wir rotten keine gefährdete Tierart aus, sondern wir schützen unser Land – im weitesten Sinn.

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