Alois Schöpf
Vergoldeter Größenwahn
Apropos
Der Bundespräsident ließ von London aus verlauten, dass er angesichts der Krönungsfeierlichkeiten ein noch überzeugterer Republikaner sei. Da kann ich ihm nur beipflichten.
Denn sosehr mich Langzeitkönigin Elisabeth II. aufgrund ihrer Integrität, ihrer Disziplin und ihrer Kunst, auf sich aufzupassen und dabei steinalt zu werden, beeindruckte, so groß sind meine Probleme mit Charles und Camilla.
Bei aller Schönheit der Rituale und trotz aller touristischen Effekte: Werden hier nicht zwei gewöhnliche Menschen samt adeligen Anhangs in grotesker Weise vergoldet, um die Briten im Glauben zu lassen, sie seien die Herren der Welt, was sie ja einmal waren, als sie, wenn sie nicht zu Hause auf die Fuchsjagd gingen, in den Kolonien Eingeborene abschossen?
Dass man sich für solche Petitessen, wie auch den Sklavenhandel, nicht entschuldigen kann, ohne den Glanz einer Krönung zu gefährden, versteht sich von selbst.
Österreichs Abschied von vergangener Größe war lange und schmerzhaft. Heute sind wir eine ganz gewöhnliche Republik mit wunderschöner Landschaft, großer kultureller Vergangenheit und einem Präsidenten ohne Hofberichterstatter und Adelspsychologinnen.
Aber auch ohne schädlichen Wahn von einem Öxit, weil wir glauben, im Blattgold einer Monarchie zur Blüte der Menschheit zu gehören. Unsere Geschichte hat uns vor solcher Selbstmusealisierung bewahrt.
Die Briten (noch) nicht.
Erschienen in der Tiroler Tageszeitung am 13.05.2023
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