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Alois Schöpf
Sport oder Fernsehen

Wer im südöstlichen Speckgürtel Innsbrucks wohnt, fährt an einem Stadion vorbei, das nach einer Europameisterschaft für eine Fußballmannschaft mit aktuellem Selbstzerstörungstrieb übrig blieb. Und sieht in der Ferne eine Schanze, die als Freiluftskulptur für nicht viel mehr als ein Großevent pro Jahr genützt wird.

Und er kommt, sofern er in die Höhe strebt, auf dem Weg zum Wallfahrtsort Heiligwasser, dessen offizielle Zufahrt widerrechtlich unter Kunstschnee begraben liegt, zu einer Bob- und Rodelbahn mit einsam in die Tiefe rasenden Skeleton-Fahrern.

Es kann schon sein, dass Fußballspiele als Metapher für das menschliche Leben im Fernsehen massentaugliche Programme abgeben. Und es kann auch sein, dass die lebensgefährlichen Abfahrten in Eiskanälen und auf Skipisten, wie sie uns die Olympischen Spiele derzeit ins Haus liefern, einen Kitzel auslösen, der selbst dem überzeugtesten Couch-Potato einen Funken Leben einhaucht.

Irgendwie – das erlaube ich mir als begeisterter Wanderer und Verweigerer von TV-Sportübertragungen zu behaupten – hat das eine, der Spitzensport, mit dem anderen, dem der Gesundheit und dem Wohlbefinden der Bürger gewidmeten Sport wenig zu tun.

Und so sehr Förderungen für das Letztere zu begrüßen sind, so sollten die Arenen der modernen Gladiatorenkämpfe nicht vom Staat mit Steuergeld erhalten werden, sondern von jenen, die damit ein Geschäft machen wollen.

Erschienen in der Tiroler Tageszeitung am 12. 02. 2022

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Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

Dieser Beitrag hat 5 Kommentare

  1. Helmut Fröhlich

    Sehr geehrter Herr Schöpf,
    zu Ihrer Kolumne in der TT möchte ich Ihnen vollinhaltlich zustimmen.
    Ich habe div. Politiker schon öfters darauf hingewiesen, daß es nicht sinnvoll ist, derartige Anlagen um viel Geld zu errichten und z.T.für wenige Anlässe zu nutzen.
    Ähnliches gilt auch für viele Kultureinrichtungen.
    Ich bin der Meinung, daß die öffentliche Hand sehr wohl derartige Anlagen – für Sport u. Kultur – im Sinne der nötigen Infrastruktur errichtet und unterhält. Es ist jedoch nicht einzusehen, dass für den laufenden Aufwand permanent Zuschüsse/Subventionen geleistet werden.
    Hier sollten die Veranstalter entweder entsprechende, kostendeckende Eintritts-Preise verlangen, oder aber die Gagen der Akteure entsprechend senken.
    Ebenso wenig sehe ich als Steuerzahler ein, daß ca 35 % nichtösterreichische Hochschüler keinerlei Studiengebühr bezahlen, was das österreichische Budget p.a. mit ca 4 Mrd. Euro belastet.
    Mein diesbezüglicher Vorschlag: Man sollte den nichtösterr. Studenten einen entsprechenden Studentenkredit gewähren. Wenn der Absolvent nach Beendigung des Studiums mind. 5 Jahre in Österreich arbeitet, wird der Kredit als rückgezahlt gewertet; andernfalls ist er zurückzuzahlen; Ähnliches gilt für sog. inländische „ewige Studenten“
    Ein diesbezügliches Schreiben an den Bundesminister blieb unbeantwortet.

  2. Andreas Lener

    Sehr geehrte Damen und Herren !
    Ich kann nicht nachvollziehen, warum bei den Spitzensportlern aus dem südlichen Tirol nur (!) die Staatsbürgerschaft Italien erwähnt wird.
    Die Südtiroler Bronze-Medaillengewinnerin Dorothea Wierer im Biathlon Bewerb stammt aus Bruneck im Pustertal.
    Warum ist lediglich von Dorothea Wierer aus Italien die Rede ??
    Warum schreiben Sie nicht die Südtirolerin Dorothea Wierer aus Bruneck eroberte Bronze ??
    Die Dolomiten Zeitung, die von mir regelmäßig gelesen wird, berichtet, wenn es sich um Sportler aus Tirol handelt, nicht von Österreichern, sondern immer(!) von Nordtirolern. Da geht mir mein Herz auf! Oft wird sogar noch der jeweilige Heimatort in Tirol zu Papier gebracht. Natürlich kann man meiner Kritik den Wind aus den Segeln nehmen und lapidar argumentieren „Ja sie sind doch Italiener“. So einfach ist es aber nicht.
    Dem entgegne ich, dass alle deutschsprachigen Südtiroler, trotz der italienischen Staatsbürgerschaft, historisch, kulturell und sprachlich betrachtet Tiroler sind und das auch immer so bleiben werden.
    Seitens der Politik gibt es große Bemühungen und gemeinsame Projekte, dass die Menschen des historischen Tirols einander näherkommen. Die Medien haben da auch eine wichtige Aufgabe, die viel bewegen könnte.
    Ich bin überzeugt, dass eine Berichterstattung, die den Tirol-Bezug der Sportler des südlichen Tirols nicht ignoriert, ganz im Dienste der Idee der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino stünde.
    Medaillengewinne aus allen Teilen des historischen Tirols ( Nord-Süd-Ost) freuen mich gleichermaßen.

  3. Johanna Rotter

    Sehr geehrter Herr Schöpf!
    Wieder einmal ein großes DANKE für Ihr „Apropos“ in der heutigen TT, dessen Inhalt ich wiederum uneingeschränkt für richtig halte!

  4. Josef R. Steinbacher

    Die neuzeitliche Variante des obigen Zitats heißt ja bekanntlich SPORT & TV – das Millionenspiel für Jedermann. So weit wie die ‚alten Römer‘ schon waren, sind wir im 3. Jahrtausend neuer Zeitrechnung auch schon lange. Es ist einfach schön zuzuschauen wie sogenannte Rekorde jeglicher Art gebrochen werden, wie die Knochen und Schädel der Protagonisten, sprich: wie ‚Sportler‘ ihre Körper und Leben für zig Millionen riskieren und dadurch Kulstatus und Star-Ruhm erreichen.
    Das alles hält uns via TV, egal zu welcher Tages- und Jahreszeit, jung und in Schwung und erfrischt Geister und sogar Seele, falls nicht schon vergessen. Schließlich wird für diese Art Kulturförderung jährlich ein Staats-Millionen-Budget bereitgestellt und ausbezahlt. Und die Sportwirtschaft und die damit verbundenen Millionen-Geschäfte halten die zufriedenen, sportlichen Massen am TV. Ansonsten haben wir ja, gottlob, keine ernsteren Probleme im Lande.
    Und ersetzen damit, wie im „alten Rom‘, jegliche Religion und das tut unserer Seele auch gut.

  5. Otto Riedling

    Wo ist beim „Spitzensport“ der „Sport“? Es müsste heißen „Spitzenverdienerbewegungsindustrie“.

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