Alois Schöpf
Keine Macht den Jurys
Apropos

Man kann die Kür von Gregor Bloéb zum Intendanten der Volksschauspiele Telfs kritisieren. Und man kann der Ansicht sein, dass die Gedenkinstallation am Landhausplatz in Innsbruck zur Erinnerung an die braune Entstehungsgeschichte des Gebäudes scheinheilig ist.

Was man jedoch entschieden nicht kritisieren sollte, ist die Möglichkeit von Politikern, den Dreiervorschlag einer Jury lediglich als Bescheinigung für die Kompetenz der Bewerber oder ihrer Werke einzustufen und im Falle auch umzureihen.

Wer schon einmal von einem Ministerium einen Brief bekommen hat, in dem steht, dass eine Jury, anonym natürlich, ein Ansuchen abgelehnt hat, kann ein Lied davon singen, wie heute Willkür und Feigheit getarnt werden.

Und wer weiß, welche Pfeifen fallweise als Juroren über Meister befinden, wünscht sich mehr gebildete und mutige Politiker, die öffentlich ihre Entscheidungen rechtfertigen.

Jurys können zuweilen noch so inkompetent und als Repräsentanten der immer gleichen Seilschaften agieren, solange sie sich im Rahmen der Gesetze bewegen, passiert ihnen nichts.

Politiker hingegen können für allfällige Dummheiten medial zur Rechenschaft gezogen und im äußersten Fall sogar abgewählt werden. Nicht mehr Macht für anonyme Gremien, sondern die Freiheit der Wahl inklusive der Freiheit, dafür kritisiert zu werden, ist daher die Antwort auf Entscheidungen, wie sie in Telfs oder Innsbruck fielen.

Erschienen in der Tiroler Tageszeitung am 23.07.2022

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Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor, Journalist, Veranstalter, geb. 1950, lebt bei Innsbruck, schreibt seit 41 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 34 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Nach seiner Tätigkeit als ORF-Fernsehredakteur für Fernsehspiel und Unterhaltung verfasste Schöpf Romane, Erzählungen, Märchenbücher und in den letzten Jahren vor allem Essays zu relevanten gesellschaftlichen Themen. Daneben schrieb er Theaterstücke und vier Opernlibretti. Schöpf war auch als Blasmusikdirigent tätig und ist Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte, die er 25 Jahre lang bis 2019 leitete. Zuletzt gründete er 2020 das Online-Magazin schoepfblog, an dem 40 renommierte Autorinnen und Autoren mitarbeiten.

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