Alois Schöpf
Bilder und Politik
Immer mehr ansonsten engagierte Zeitgenossen halten so wie ich die Bilder von zerbombten Häusern, verzweifelten Frauen und weinenden Kindern nicht mehr aus. Ja, wir wissen alle: dieser Krieg ist ein völkerrechtlicher Skandal! Und wenn die honorigen und weniger honorigen Politiker der Welt nicht kühlen Kopf bewahren, droht das Desaster noch viel größer zu werden.
Aber was soll der einzelne, mehr oder weniger zur Untätigkeit verurteilte Bürger dagegen tun?
Die Macht der Bilder hat in einem unvorstellbaren Ausmaß die politische Landschaft verändert. Das reicht von den Dokumentationen über den Holocaust, den abzuleugnen dadurch unmöglich wurde, über die Bilder aus dem Vietnamkrieg, die wesentlich zu seinem Ende beitrugen, bis hin zur versuchten Ausgrenzung der Medien in der modernen Kriegsführung.
Bilder sind es auch heute, welche der Ukraine den Beistand der freien Welt garantieren und den Einmarsch der Putin-Truppen schon jetzt zu einer Niederlage machen.
Die bittere Antwort auf die Frage kann also nur lauten: Unter der berechtigten Berücksichtigung unserer psychischen Gesundheit wird uns noch länger nichts übrig bleiben, als den Anblick des Schreckens aus den Kriegsgebieten zu ertragen. Durch unser stetig waches Mitleiden und unsere Wut können wir zumindest indirekt dazu beizutragen, dass durch den weltweiten Druck der öffentlichen Meinung das fürchterliche Schauspiel ein Ende nimmt.
Erschienen in der Tiroler Tageszeitung am Samstag 12.03.2022
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Hallo Alois!
Ich betreibe schon einige Zeit die von Dir empfohlene Medienaskese. Nach den 20.00 Nachrichten lässt mich außer ausgewählten Natura-Streifen nichts mehr vor dem Fernseher sitzen, untertags sowieso nicht. Ich hol mir nur so viel Info-Input, wie für meine Meinungsbildung nötig ist, und vermeide mehr, weil sie diesem Prozess nicht zuträglich ist.
In diesen Tagen ärgert mich ohne Unterlass die westliche Meinungsdusche. Ohne jeden Abstrich ist der Krieg zu verurteilen, ja zu verdammen. Aber die stillen Kriegstreiber in der Nato, in der Wallstreet und Londoner City, mutmaßlich auch jene im Frankfurter Bankenviertel, nützen den für Putin nicht gerade glücklichen Kriegsverlauf, um die eigene Schuld = ihre schleichende Aggression – aus allen Medien fern zu halten.
Nur noch mehr ärgert mich die österreichische Außenpolitik. Dass nicht Wien sondern Antalja als Ort des Treffens der Emissäre gewählt wurde, muss als Versagen der österreichischen Diplomatie sondersgleichen gewertet werden. Österreich ist neutral, hat Russland als Vertragsmacht. Die Türkei ist Nato-Land und hat erst kürzlich dem Verbündeten Russlands im Kaukasus gezeigt, wer dort Herr ist. Unser Außenminister ist so sehr von der braven Art und vom vorauseilendem Gehorsam programmiert, dass er vor jedem Schritt in Berlin und Brüssel nachfragt, ob er ihn wohl setzen darf. Der Herr Bellen hat zumindest leise und ganz von hinten heraus gemeint, Wien sei ein gutes Verhandlungspflaster. Dann war`s aus. Und die bislang von mir verehrte Frau Plasnik hat auch kürzlich im TV vorgeführt, wie sie das Nato Brevier stotterfrei deklamieren kann.
Trotzdem erholsamen Abend!