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Elias Schneitter
Ein Digi-Cheeseburger
Notizen

Was die digitale Revolution betrifft, gehöre ich zu den Spätgeborenen und tu mich schwer mit derlei Anforderungen. Vom Password-Wahn über Ticketkauf bis hin zu digitalen Amtswegen: alles nicht so einfach für einen älteren Knochen.

Wie ein Ochs vor dem Berg bin ich vor gar nicht langer Zeit ratlos vor einem Formular der Kulturabteilung der Stadt Innsbruck gesessen. Leider neige ich manchmal zu Jähzorn und bei dem Antrag stand ich knapp davor, meinen PC zum Fenster hinauszuwerfen.

Aber ich beruhigte mich und schrieb der zuständigen Stadträtin ein Mail, mit der Bitte sie möge ihr Formular einmal selbst ausfüllen. Sollte sie es innerhalb eines Tages ohne fremde Hilfe schaffen, würde ich ihr ein Abendessen spendieren.

Als meine Kinder noch klein waren, also vor langer Zeit, war ein regelmäßiger Besuch beim Mäckie Pflicht. Ich sage nur: Juniortüte.

Kürzlich war ich wieder einmal gezwungenermaßen in Innsbruck und als ich in der Museumstraße den Burger-King entdeckte, befiel mich ein starkes Retro-Gefühl. Ich wollte einen Cheeseburger mit Cola.

Also betrat ich die heiligen Hallen der Karwinadel-Industrie, wie meine Großmutter die Fleischlaibchen immer bezeichnete.

Ich befand mich mitten unter zahlreichen Kids, die den Tempel bevölkerten. Gleich nach dem Eingang standen die Maschinen, wo man seine Bestellung aufgeben konnte. Da wollte ich mir keine Blöße geben. Ich suchte nach dem Cheeseburger, konnte keinen entdecken, fragte eines der kids, aber die schauten mich nur groß an, vom Aussehen schloss ich auf Migrationshintergrund.

Also wechselte ich auf Nuggets und Cola. Bezahlen musste man mit der Karte, aber das gelang mir auch nicht. Die kids schienen Freude mit dem Alten zu entwickeln. Schließlich fragte mich der Automat: Sind sie noch da?

Erfolglos ging ich zum Kiosk, wie die Budel inzwischen heißt, und bestellte analog meinen Cheeseburger und ein Cola. Ich bezahlte wie in alten Zeiten, erhielt einen Becher für das Getränk. Bei der Getränkemaschine, drückte ich auf Cola und schob den Pappbecher an den Bügel, der hinten angebracht ist.

In Sekundenbruchteilen füllten Eiswürfel den Becher. Ich startete noch einen Versuch bei einer anderen Maschine, wieder Eiswürfel. Das erheiterte einige Kids noch einmal, diesmal zeigten sie mir aber, wie man zu einem Getränk kommt.

Total einfach, man muss nur wissen wie.

Den Cheeseburger ließ ich angebissen zurück, vom Cola nahm ich einen Schluck und ging dann wieder meiner Wege. Ich war angefressen genug.


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Elias Schneitter

Elias Schneitter, geb. 1953, lebt in Wien und Tirol. Zahlreiche Publikationen. Zuletzt der Erzählband „Fußball ist auch bei Regen schön“ (Edition BAES), der Roman „Ein gutes Pferd zieht noch einmal“ (Kyrene Verlag) und der Gedichtband „Wie geht’s“ in der Stadtlichter Presse, Hamburg. Daneben Tätigkeit als Kleinverleger der edition baes (www.edition-baes.com), wo ein Schwerpunkt auf die Veröffentlichung von Literatur aus der US-amerikanischen Subkultur gelegt wird. Schneitter ist Mitbegründer und Kurator beim internationalen Tiroler Literaturfestival „sprachsalz“ (www.sprachsalz.com) in Hall.

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