Print Friendly, PDF & Email

Alois Schöpf
Wer will noch pflegen?
Apropos

Die Einwände gegen die Zulassungsprüfungen zum Ärztestudium sind seit Jahren massiv.

Es sei nicht nur abstrus, wenn die Universitäten selbst bestimmen, wieviel sie arbeiten d.h. Studenten ausbilden wollen. Aus der Vorbereitung zur Prüfung sei zudem ein Geschäft geworden und, dies ist der Haupteinwand, wichtige Eigenschaften des Ärzteberufes wie soziale Kompetenz, Empathie und Menschenliebe könnten mittels einer Prüfung gar nicht eruiert werden.

Nicht nur aus diesem Grund ist es bedauerlich, dass der Vorschlag des steirischen Primararztes Reinhold Kerbl, durch Pflegedienste den Aufnahmetest zu ersetzen, von der steirischen Ärztekammer und Universität gleich einmal abgelehnt wurde.

Angeblich sei der Pflegedienst so komplex, dass die notwendige Einschulung zu viele Ressourcen binde. Ein eigenartiges Argument, wenn man bedenkt, dass den Großteil der Altenpflege ungeschulte Verwandte und oft Zivildiener im Dienste der Caritas oder des Roten Kreuzes übernehmen.

Bestünde eine Lösung des Problems nicht überhaupt darin, endlich auch den Präsenzdienst zu „gendern“ und alle Staatsbürger, ob Mann oder Frau, vor die Wahl zu stellen, ein halbes Jahr lang entweder mit dem Gewehr oder mit der Leibschüssel dem Gemeinwohl zu dienen?

Dieser Dienst sollte dann, vergleichbar den Einjährig-Freiwilligen beim Militär, verlängert und für die Zulassungsprüfung zum Medizinstudium anerkannt werden können.

Erschienen in der Tiroler Tageszeitung am 12.11.2022

Wenn Ihnen schoepfblog gefällt, bitten wir Sie, sich wöchentlich den schoepfblog-newsletter zukommen zu lassen, und Freundinnen und Freunde mit dem Hinweis auf einen Artikel Ihres Interesses zu animieren, es ebenso zu tun.


Weitere Möglichkeiten schoepfblog zu unterstützen finden Sie über diesen Link: schoepfblog unterstützen

Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

Dieser Beitrag hat 7 Kommentare

  1. Robert Günther

    Sehr geehrter Herr Schöpf!
    Ich kann Ihren heutigen Ideen zur aktuellen Diskussion eines Pflegepraktikums nur vollinhaltlich zustimmen.
    Ich hatte während meiner Studienzeit zw. 1969 und 1975 unter – ich glaube – der damaligen sozialdemokratischen Wissenschaftsministerin Firnberg das Privileg, noch ohne eine solche Prüfung im Rahmen eines freien Studienzuganges für jeden Medizin studieren zu dürfen.
    Zusammen mit ca 270 weiteren Studienanfängern!
    Bereits die vorklinischen Fächer mit Physik, Chemie usw. zeitigten recht schnell ein ähnliches „Filterphänomen“ wie die aktuelle Eingangsprüfung. Aber klar, der Statistik der Studienabbrecher war das nicht zuträglich, das war aber schon das einzig Negative.
    Nach Beendigung meines Studiums durfte ich in der Fachausbildung zur Inneren Medizin jahrelang den sogenannten „Unterricht am Krankenbett“ abhalten, wo jeweils 10 Studenten, natürlich nach vorheriger Einwilligung, im 10. Semester vor dem Rigorosum für Innere Medizin einen frisch aufgenommenen Patienten, so wie später im praktischen Arztleben, befragen, untersuchen bzw. evaluieren mussten.
    Abgesehen davon, dass manche Kollegen im 10 . Semester noch nicht wussten, was eine Glucose ist (das wird aber auch die schwerste theoretische Eingangsprüfung nie verhindern), konnte ich nach 5 Minuten, ja fast schon bei der ersten Begrüßung des verständlicherweise traumatisierten und verunsicherten Patienten sagen, wer von diesen Studenten später zumindest seitens Einfühlungsvermögens bzw. Empathie ein guter Arzt werden wird.
    Manche haben sich reizend erst einmal nach einer höflichen Begrüßung nach dem persönlichen Befinden erkundigt, sind dann langsam und einfühlsam zum eigentlichen Beschwerdebild übergegangen usw.
    Andere haben nicht einmal eine Begrüssung oder nette Anrede über die Lippen gebracht, kaum zu glauben!
    Ist vielleicht manchmal schon auch etwas die berühmte „Kinderstube“, in diesem Berufsbild aber ein absolutes no go.
    Fachwissen lässt sich mit Fleiß erlernen, Empathie aber nicht – und schon gar nicht durch so eine theoretische Prüfung mit irrem logistischem Aufwand.
    Ich muss aber auch bemerken, dass auch in der damaligen Etage „über mir“ zwar fachlich und wissenschaftlich hervorragende Ärzte in leitender Position Visiten tätigten, welche aber manchmal so schnell am Krankenbett vorbeimarschierten, dass ich nachher nochmals alleine durch die Station durchging, um mir in Ruhe nochmals die offenen Fragen der Patienten anzuhören und darauf einzugehen.
    Ich muss aber auch festhalten, dass das Tolle am Beruf der Medizin schon auch die Tatsache ist, dass an sich für jeden Menschentypen ein Angebot besteht – man muss nur wissen, wo man idealerweise hingehört.
    Der Labormediziner hat nur mit den Blutröhrchen des Patienten zu tun, sieht selbigen persönlich so gut wie nie, ähnlich der Radiologe, dieser ist hauptsächlich nur mit den Bildern konfrontiert, ganz anders der Psychiater, welcher zu 99% nur mit dem Patienten reden muss, der Chirurg, welcher auch handwerklich extrem geschickt sein muss – insgesamt ist die Medizin ein tolles Fach, für jeden ist etwas dabei.
    Aber genau um diese Wegfindung geht es, und da wäre ein möglichst frühes Praktikum bzw. eine Konfrontation auch mit den Härten dieses Berufsbildes, auch im erweiterten Sinn (Pflege), ideal. Man merkt mit etwas Selbstreflektion nämlich sehr schnell, was für einen passt und was nicht.
    Und so eine Prüfung wie diese, falls bestanden, könnte u.U. sogar die Irrmeinung befeuern, zum Arztberuf sogar besonders befähigt zu sein.
    Mit freundlichen Grüssen!

  2. Bernd Schwaiger

    Hallo Herr Schöpf !
    es tut gut, wenn man eine eigene Idee bzw. Betrachtungsweise als Kolumne wiederfindet. Entsprechend adaptiert müsste eine derartige Regelung auch alle Medizinstudenten aus dem Ausland erfassen. Eine Ausbildung als Rettungssanitäter/in, im Pflegebereich oder Sozialdienst kann für alle Jugendlichen eine wertvolle Orientierung und nützliche Basis fürs ganze Leben bedeuten und der gesamten Gesellschaft dienen. Unis und Ärztekammer werden hoffentlich am hohen Ross sitzend eine vernünftige Entwicklung nicht auf Dauer verhindern (können).
    Freundliche Grüße aus Imst

  3. Helmut Westermayr

    Ich finde Ihren Vorschlag zur Zulassung zum Medizinstudium sehr vernünftig und zielführend. Warum die Ärztekammern das ablehnen, ist eigenartig und hat offenbar spezielle Gründe.
    Sie sollten eine Volksbefragung initiieren, meine Unterstützung haben Sie!

  4. Klaus Winkler

    Sehr geehrter Herr Schöpf!
    Ich verfolge immer gerne Ihre Kolumne in der TT.
    Ihr heutigen Ausführungen zum Thema Ärzteausbildung und Pflege geben mir Anlass, mich nun bei Ihnen zu melden und mitzuteilen, dass Sie in allen Punkten den Nagel auf den Kopf getroffen haben.
    Ob die Aufnahmeprüfung zum Ärzteberuf in dieser Form zeitgemäß ist, ist aus meiner Sicht fraglich.
    Die Pflege kann man nur mit neuen Ansätzen retten, so wie Sie diese angesprochen haben.
    Vielen Dank und beste Grüße aus Kitzbühel

  5. Josef Astner

    Gebe Ihnen vollkommen Recht! Es kommen ja noch die ausländischen Studenten dazu, wo wir blöden Österreichischen Steuerzahler deren Ausbildung bezahlen und wir gnadenhalber eine Quote von diesem Moloch EU bekommen!
    Jetzt gibt´s ja ein Jammern um den Mutter-Kind-Pass. Es traut sich ja kein Politiker zu sagen: dann muss halt der Krankenversicherungsbeitrag erhöht werden! In der Banana-City Wörgl sind jetzt die Kindergärten für alle vormittags gratis! Nur: sie haben noch gar nicht ausgerechnet, was das kostet, weil ein Bezirksblatt die Kosten wissen wollte! H.P. Heinzl würde sagen: Gute Nacht Österarm? Trotzdem ein schönes Wochenende!

  6. Helmut Leisz

    SEHR GEEHRTER HERR SCHÖPF –
    HERZLICHEN DANK für ihren Beitrag in der TT vom Samstag!
    Da ein Freund im Pflegeberuf an der Klinik IBK tätig ist – bekomme ich selten aber doch so EINIGES mit – was da ALLES so „wunderbar“ läuft!
    Was sie über die Aufnahmekriterien für das Ärztestudium anprangern – trifft natürlich auch für die Pflege zu!
    Als die Akademisierung der Pflege als die großartigste Idee des Jahrhunderts von den „Ideengebern“ – als „Selbstbeweihräucherung“ – gefeiert wurde – war schon abzusehen, dass der Schuss nach hinten losgeht!
    Genau „HINTEN“ oder „HINTERN?“ – wer versorgt denn dann die Kranken und Alten, wenn nur mehr Studierte, Bachelor, Master und Co. herumlaufen. Und wer putzt die „Hintern“ und macht die Sisyphus- und die Knochenarbeit!
    Was bleibt zum Beispiel der Pflege von dem im Mai versprochenen „Pflegebonus“ übrig?
    Zuerst war es jeweils ein Gehalt extra für 2022 und 2023. Dann waren es auf einmal 1900.- € und jetzt ist es Brutto, das heißt bei 100% Beschäftigung sind es jetzt knapp 900.- €.
    Diesen „Bonus“ haben die Pflegenden mit dem Steuergeld ja selbst bezahlt – und dann wird die Hälfte wieder weggenommen!?
    In Niederösterreich hat die Landeshauptfrau das als ungerecht erkannt und gibt der Pflege 500.- € steuerfrei dazu!
    Aber bei uns in Bagdad?….. ach so ….. aber nicht im „scheinheiligen“ Land Tirol!
    Und dann wundert man sich, dass alle verbittert und angefressen sind – wie üblich freut man sich da „oben“ und klopft sich vor Lachen auf die Schenkel, dass man die Pflege wieder einmal elegant über den Tisch gezogen hat!
    Das Personal hat inzwischen die Schnauze gestrichen voll!
    ABER „DANKBARKEIT und SOLIDARITÄT“ wird erwartet – sogar gefordert!
    Um auf die Ärtzteschaft zurückzukommen: Warum verlassen so viele gute Ärzte die Innsbrucker Klinik – gehen ins Ausland – oder wechseln an die Sanatorien – oder gründen eine Privatpraxis? davon hört man absolut NICHTS!
    Warum hat die TILAK einen so aufgeblähten Verwaltungsapparat – ach ja – es muss ja ALLES x-fach dokumentiert werden! Wohl zur Rechtfertigung dieses Monsters!
    Ein ehrlicher Vergleich: Verwaltung zu Ärzten* – Pflegern* – techn. Personal – Putzpersonal – etc. würde uns Bürgern* wohl die Augen öffnen!
    Da passt auch nahtlos dazu: „Maulkorberlass“ an der Klinik-IBK! Nachzulesen auf https://tirv1.orf.at/stories/432897
    Aber das scheint ja schon überall in den Verwaltungen üblich zu sein – „state of the art“ – wie es so schön auf „neudeutsch“ heißt!
    Also – „NESTBESCHMUTZERN“ ein Forum oder ein Podium bieten – hahaha ….. ! Nestbeschmutzer* – laut wikipedia: Als „Nestbeschmutzer“ werden abwertend Menschen bezeichnet, die das soziale, wirtschaftliche oder politische System (Familie, Berufsumfeld, Dorf, Stadt, Unternehmen, Staat etc.), in dem sie selbst leben oder tätig sind, kritisieren oder Missstände aufzeigen!
    Liabe Griass!

  7. c. h. huber

    na, dann bitte gendert auch das gebären, die „aufzucht“ der kinder, hausarbeit, die pflege für angehörige zuhause und den lohn für gleiche arbeit! bestimmt gibts noch anderes, das mir momentan entfallen ist und gegendert werden müsste, damit es gerecht zugeht auf dieser welt

Schreibe einen Kommentar