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Alois Schöpf
Zwischen Hochkultur,
Woodstock und Tradition

„Woodstock der Blasmusik“ mit seinen 60.000 Besuchern und 17.000 Musikern, diese schräge oberösterreichische Marke, die versucht, die amerikanische Hippiebewegung für die alpine Bierzeltkultur zu adaptieren, kann noch so erfolgreich sein: für die Innsbrucker Promenadenkonzerte kann das Festival kein Vorbild sein. Das würde schon der Vertrag mit der Verwaltung der Kaiserlichen Hofburg in Innsbruck verbieten, der die Benützung des Innenhofs nur für der Würde des barocken Gebäudes gemäße Events erlaubt.

Es würde aber auch den Grundsätzen einer Veranstaltungsreihe widersprechen, die sich als hochkulturell definiert und sich darüber hinaus zur Tradition der Wiener Klassik und der altösterreichischen Militärmusik bekennt, die Werke der Kunstmusik bei abendlichen Serenaden in Form von Transkriptionen einem breiten Publikum zu präsentieren.

Aber nicht nur die Innsbrucker Promenadenkonzerte definieren sich als hochkulturell, auch die meisten Musikvereine des deutschen Sprachraumes sollten es zumindest in dem Ausmaß tun, in dem sie aus den Kulturbudgets der öffentlichen Hand gefördert und seitens der Tourismusverbände für die Präsentation der musikalischen Identität einer Region honoriert werden. Oder sofern sie kirchliche und weltliche Feste festlich, d.h. mit Niveau zu umrahmen haben.

Sosehr also „Woodstock der Blasmusik“ kein Vorbild ist, zwingt es doch all jene, auch den Autor dieser Zeilen, die es nicht lassen können, von der Blasmusik als einem Weg hin zur großartigen europäischen Kunstmusik zu träumen, genauer darüber nachzudenken, wie sie ihr Anliegen erfolgreich ans Publikum herantragen können, ohne im rauschenden Erfolg der Polkas unterzugehen.

So erfreulich es nämlich ist, wenn sich, zumindest in Österreich, immer öfter Auswahlorchester mit den besten Musikerinnen und Musikern einer Region zusammenfinden, um anspruchsvolle Literatur zu spielen, so blind, ja geradezu egomanisch wird dabei an einem Publikum vorbei musiziert, das längst multikulturell, multiformal und multiepochal eingestellt ist und sich bei einer immer gleichen, zwischen Spätromantik und klassischer Moderne changierenden Tonsprache ratlos und frustriert abwendet.

Eine ausführliche Analyse, wie Programme dramaturgisch gestaltet werden müssen, um „trotz“ hochkulturellen Anspruchs zu begeistern, habe ich in einer ausführlichen Analyse (siehe unten) darzulegen versucht.

Ich empfehle die Lektüre des Textes all jenen, die nicht dabei zuschauen wollen, wie unsere Blasmusik zunehmend zum peinlichen Ableger eines missverstandenen „Woodstock“ verkommt.

https://schoepfblog.at/alois-schoepf-wir-wollen-modern-sein-gesamttext/

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Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

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