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Alois Schöpf
Der richtige Dirigent
Zur Musik

Nach der jeweils würdigen „Location“, für deren Auswahl in erster Linie der Vereinsvorstand verantwortlich zeichnet, obliegt es dem Dirigenten, ein für sein Orchester machbares und für das Publikum attraktives Programm zusammenzustellen. Für den Erfolg des Musikvereins ist daher seine Rolle zentral sowohl im Hinblick auf seine Motivationsfähigkeiten und Trainingserfolge nach innen als auch im Hinblick auf den Aufbau einer Marke nach außen.

Bereits dieser fragmentarische Hinweis auf den Aufgabenbereich eines künstlerischen Leiters verdeutlicht, welch groteske Bequemlichkeit sich sehr viele Musikvereine leisten, wenn es darum geht, einen neuen Dirigenten zu bestellen bzw. die Frage zu analysieren, inwieweit die Zeit des amtierenden abgelaufen ist.

So sollte ein Vereinsvorstand wissen, dass ein Musiker, der noch so ausgezeichnet sein Instrument traktiert, damit mitnichten seine Befähigung bewiesen hat, auch ein Orchester leiten und zu Höchstleistungen anspornen zu können.

Eine solche Skepsis empfiehlt sich auch gegenüber Militärmusikern, die früher sehr oft ihre Heimatkapelle übernahmen, heute jedoch mit ihren im Dienst erworbenen Fähigkeiten meist zu wenig qualifiziert sind. In gleicher Weise übrigens wie viele Instrumentalpädagogen, die sich zwecks eines angenehmen Zubrots zum Lehrergehalt den Dirigenten-Markt für Amateurmusikvereine untereinander aufgeteilt haben. Man hört es leider zu oft! Diese Feststellung möge als Kommentar genügen.

Zuletzt sollte ein Vereinsvorstand nie aus den Augen verlieren, dass die Ausschreibung eines Jobs nicht unbedingt der Kardinalsweg ist, den idealen Kandidaten zu finden. Der muss, wie das Wort schon sagt, gefunden, also zuerst gesucht werden.

Vernünftigerweise indem man im Vorfeld zuerst einige grundsätzliche Fragen klärt: Was will und kann der Verein eigentlich sein? Eine Bläserphilharmonie zwecks Aufführung zeitgenössischer Originalwerke? Eine Dorfmusik zur Umrahmung dörflicher Feste? Ein Stadtorchester zur Unterhaltung eines bürgerlichen und touristischen Publikums? Eine Jugendkapelle zwecks sinnvoller Freizeitgestaltung?

Erst wenn diese Fragen beantwortet sind, sollte bei diskreten Konzertbesuchen nach einem idealen Kandidaten gesucht werden. Wenn sie ihn oder sie gefunden haben, lautet die Frage, ob ein Engagement möglich ist. Wenn nicht, erkundigen Sie sich, wer als treffliche Alternative in Frage käme.

Denn es gilt auch hier der Grundsatz: Ausgezeichnete Leute müssen gefragt werden, sie bewerben sich nicht.

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Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

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