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Ronald Weinberger
Weshalb ist das Gras grün,
der Himmel blau und der Schnee weiß?
Eine Anregung

Keine Sorge, ich will Sie nicht belehren. Ich möchte Sie vielmehr animieren, bei Ihrem zweifellos von Emotionen durchwobenen Bewundern und Genießen der Natur, respektive von Naturschönheiten, zumindest fallweise etwas Wissen um einige wissenschaftliche Grundlagen einsickern zu lassen. Das vermag ein Gefühl des vertieften Eingebettetseins in die Natur zu schaffen beziehungsweise kann dieses verstärken. Anders ausgedrückt: Die häufig lobgepriesene fast jedem Menschen innewohnende Neugierde kann, ja soll, auch hier nicht außen vor gelassen werden.

Nehmen wir ein gedankliches Beispiel, das in Wirklichkeit vermutlich schon jede(r) von uns bereits mehrfach erleben durfte: Es ist Frühling, Mai!. Wir sitzen am Ufer eines malerischen von sattgrünen Wiesen und einem Mischwald aus dunkelgrünen Nadelbäumen und lichtgrün schimmernden Laubbäumen gesäumten Sees. Wenige Meter von uns entfernt entlädt ein schmales Bächlein murmelnd und glucksend seine kristallene Fracht, wellt sanft hinein in das stehende Gewässer.

Im Hintergrund, ob der glasklaren Luft schier zum Greifen nahe, ragen Berge empor, von deren lichten Höhen noch reichlich Schnee grüßt. Als wundervoller Kontrast zu dem weißen Glitzern und Gleißen spannt sich über allem ein tiefblauer Himmel, aus dem die warme Sonne lacht. Schööön! Wir kosten diese Reize aus, verspüren ein Gefühl der Zufriedenheit; Glücksempfinden regt sich. Eine Zeitlang wollen wir durch absolut nichts gestört werden.

Dann stehen wir auf, machen uns bereit zum Weiterwandern und/oder zur Rückkehr. Ein letzter, intensiver, Blick auf das stimmungsvolle vielfältige Grün plus himmlischen Blaus, das strahlende Weiß, den See, der als majestätischer Spiegel das Geschaute dupliziert. Es wäre eine famose Nachlese, wenn sich jetzt oder später etwa folgende Überlegung einstellte: Das Gewässer, das Bächlein, das gefrorene Wasser in Gestalt von Schnee und Eis – hier und anderswo –, ja das gesamte uns auf unserer Erde bekannte Wässrige, Schneeige und Eisige … woher kommt das eigentlich?

Wie kam es dazu, dass es Ozeane, Eis, Schneewüsten, Seen, Flüsse gibt? Noch grundsätzlicher: Wie gelangte das gesamte Wasser auf unseren Planeten? Hand aufs Herz: Haben Sie sich diese eigentlich fundamentale Frage jemals gestellt? Ich vermute: die wenigsten. Schade, denn diese Entstehungsgeschichte des (ober)irdischen Wassers liegt einerseits in menschlichen Maßstäben beinahe unendlich lange zurück und war andererseits an Dramatik, an Heftigkeit, nicht zu überbieten … Ich werde gegen Ende dieses Beitrags eine kurze Erklärung dazu anbieten.

Eines vorweg: Die Entstehungsgeschichte ist von „astronomischer Provenienz“. Wie so vieles auf unserem Planeten. Unter anderem die Jahreszeiten, die – Winter und Frühling – uns im anfänglichen Beispiel gleichzeitig gegenübertreten. „Unser“ Winter, in dem die Erde, und zwar in den ersten Jännertagen, der Sonne so nahe steht, wie sonst nie im Jahresverlauf. Das haben Sie doch gewusst, ja? (Wieso muss ich jetzt ein bisserl schmunzeln?).


Blau blau blau blüht der Enzian

Ich bedauere, dass es Leute gibt, die dem Grün, dieser schönen, sich in außerordentlich vielen Farbabstufungen manifestierenden entspannenden Farbe nichts abgewinnen können. Die Pflanzen gewinnen ihr augenscheinlich sehr viel ab, denn anders ist es ja kaum zu verstehen, wieso die Blätter der Laubbäume und die Nadeln der Koniferen vor verschiedenstem Grün geradezu strotzen. Und das facettenreiche Grün der Gräser erst! Also lieben die Pflanzen das grüne Licht, nicht wahr?

Nein, tun sie nicht. Sie sind nämlich dem grünen Licht, diesem anmutigen, mittigen, Bestandteil der Regenbogenfarben gegenüber nicht grün. Ganz und gar nicht. Sie weisen es sogar ab, dieses Grün. Weshalb, will ich – dann erneut, wie bei der Herkunft des Wassers und in beinahe schon unstatthafter Kürze – gegen Beitragsende beschreiben.

Immer und überall gibt es natürlich Ausnahmen von der Dominanz des Grün bei den Pflanzen. Der blaue Enzian, wiewohl sich aus grünen Stängeln erhebend, ja überhaupt die diversen Blüten, die schließlich der Fortpflanzung dienen, wollen sich nicht nur mit einer Farbe bescheiden.

In anderen Worten: Sobald‘s um den Fortbestand, um die Fortpflanzung, geht, wird’s bunt: Denken wir an das oftmals überaus prächtige Federkleid bei den Vogelmännchen; ob manches kräftiges Make-Up bei Damen da bisweilen ähnlichen Zielen dient, will ich lieber nicht ansprechen, denn sonst könnte ich mein blaues Wunder erleben.

Aber ich wollte mich doch auf das Blau des Himmels beziehen! Dieses Blau – insbesondere sofern ein tiefes, ungetrübtes, Blau – tut, so wie das Blau des Meeres, uns allen gut. Angesichts des Anblicks derartiger wohltuender Bläue könnte ja mal der Gedanke aufkommen, besser gesagt die Erinnerung einsetzen, weshalb der unbewölkte Tageshimmel nicht grün oder gelb, sondern just blau ist.

Erinnerung deswegen, weil nicht wenige von uns das in der Schule gelernt haben. Na, was sagt die Erinnerung? Gleich, fast ganz am Ende, erfahren wir, was selbige vielen von uns zuraunen sollte. Weshalb zuweilen die Luft glasklar ist, ja weswegen sie überhaupt durchsichtig ist, erfahren wir dann auch noch so nebstbei.


Fragen über Fragen

Mir ist bewusst: Wieso der Schnee weiß ist, habe ich noch nicht angeschnitten. Wird zuletzt, in ebenfalls beinahe ungebührlicher Kürze, behandelt werden. Aber etwas anderes möchte ich vorher betont haben: Offenbar gibt es viel mehr Antworten als Fragen. Auch wenn viele Antworten auf richtige, soll heißen berechtigte Fragen falsch sind. Zumindest scheint das so, wenn man sich mit Menschen über derlei Dinge unterhält. Und Fragen gibt es ohnehin en masse. Beantwortbare und unbeantwortbare.

Letztere stellen, für mich, die übergroße Mehrheit dar. Das Wissen der Menschheit hingegen mehrt sich ständig, sodass die Lücke zwischen beantwortbaren und unbeantwortbaren Fragen laufend schrumpft.

Ihnen mag aufgefallen sein: Meine obigen Fragestellungen sind von einem anderen Kaliber als etwa die beliebte Frage „Warum ist die Banane krumm?“ (wobei ich das Wissen um das Woher der Bananenkrümmung für einen amüsanten, wenngleich problemlos verzichtbaren Wissenszugewinn halte). Was meine paar Fragen angeht, so sind sie schlüssig beantwortbar und alles, was man dazu benötigt, ist ein bisschen Verständnis von Physik.


Das Wasser „auf“ der Erde kommt …

1) einerseits von innen, aus dem Erdmantel, wohin es bei der Bildung unseres Planeten vor etwa 4 ½ Milliarden Jahren aus mehr oder minder wasserreichen Brocken ursprünglich interstellarer (alsdann verdichteter) Materie verbracht wurde und

2) von außen insbesondere in der ersten Jahrmilliarde Erdgeschichte, durch den Einsturz zahlloser teils wasser(eis)haltiger Asteroiden und der fast immer wasser(eis)reichen Kometen.

Das Grün der Pflanzen stammt …

aus der Tatsache, dass bei der Photosynthese das Chlorophyll der Blätter usw. hauptsächlich blaues und rotes Sonnenlicht absorbiert, sprich „verwendet“, aber kein grünes. Letzteres wird zurückgeworfen, genauer ausgedrückt „gestreut“, was Blätter, Nadeln und Gras grün erscheinen lässt.

Das Blau des Himmels entsteht …

weil das aus den diversen Regenbogenfarben bestehende „sichtbare“ Sonnenlicht an den Luftmolekülen der Atmosphäre gestreut wird. Blaues Licht ist besonders kurzwellig, reagiert daher viel häufiger mit den Luftmolekülen, wird mithin wesentlich stärker in verschiedenste Richtungen (über große Strecken auch zu uns hin) abgelenkt und wird dadurch dominant.

Die Luft ist transparent….

weil das für unsere Augen sichtbare Licht der Sonne an den Luftmolekülen wohl gestreut wird (siehe oben), aber nicht von diesen absorbiert wird. Bei trockener und reiner Luft hat man von Bergen oder einem Flugzeug aus bis etwa 300 km eine gute Fernsicht.

Das Weiß des Schnees ergibt sich …

aus der Tatsache, dass in Schneeflocken und/oder insbesondere einer Schneeschicht überaus zahlreiche kleine Oberflächen vorhanden sind, welche die Farben des Lichts vielfach spiegeln und in alle Richtungen lenken. Die Farben überlagern sich somit – und eine Überlagerung aller Farben ergibt die Farbe weiß.

Weshalb ich mich mit den obigen paar Fragen und den dazugehörigen Kurzantworten begnüge, ist offenkundig: Ich muss das vor allem aus Platzgründen tun. Ihnen dürften noch weitere ähnliche unsere Natur(schönheiten) betreffende Fragen einfallen (etwa: Warum erscheint uns das von Pflanzen und Schnee freie (Hoch)gebirge fast nur in der unbunten Farbe „grau“?) usw.

Allgemein: Via Google, dabei vor allem mittels der Internet-Enzyklopädie Wikipedia, können Sie (fast) alles erfahren und noch dazu in namhaften Details.

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Ronald Weinberger

Ronald Weinberger, Astronom und Schriftsteller, 1948 im oberösterreichischen Bad Schallerbach geboren, war von 1973 bis 1976 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg. Von 1977 bis zum Pensionsantritt im Dezember 2011 war Weinberger an der Universität Innsbruck am Institut für Astronomie (heute Institut für Astro- und Teilchenphysik) als Fachastronom tätig. Als Schriftsteller verfasst Weinberger humorvolle Kurzgedichte und Aphorismen, aber auch mehrere Sachbücher hat er in seinem literarischen Gepäck: Seine beiden letzten Bücher erschienen 2022 im Verlag Hannes Hofinger, im Februar das mit schrägem Humor punktende Werk "Irrlichternde Gedichte" und im September das Sachbuch „Die Astronomie und der liebe Gott“ mit dem ironischen, aber womöglich zutreffenden, Untertitel „Sündige Gedanken eines vormaligen Naturwissenschaftlers“.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Ralph Holtfeuer

    Hallo Ronald, ich bin erstaunt über deinen philosophischen Artikel. Die Anregung um über viele Dinge des alltäglichen Lebens nachzudenken (blau des Himmels, grün der Pflanzen usw.) gehört wohl zu den Sinnfragen des Lebens. Die Tiefe der Gedanken ist dann jedem selbst überlassen.
    Auf Grund deiner Ausführungen muss ich meine Meinung revidieren, dass du nicht fähig bist einen Science-Fiction-Roman zu schreiben. Ich bitte hiermit unter Hilfenahme vieler Kotaus um Entschuldigung.

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