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Reinhard Kocznar
Aber jetzt!
Analyse

Jetzt wird es ernst. Im Blätterwald rauscht es schon eine ganze Weile, denn die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen den Tiroler Turmbauer eingeleitet. Die volle Härte des Gesetzes, erstmals markig formuliert von einer gewesenen Bundeskanzlerin, droht dem Fehlbaren.

Vor der vollen Härte steht aber nicht die bloße Einleitung einer Untersuchung, sondern der lästige Umstand, dass dieselbe bis zu einem Stadium gelangt sein muss, in dem die Staatsanwaltschaft sie vor Gericht bringen und dann auch obsiegen kann.

Am Freitagnachmittag hat sich das Blatt gewendet, erkennt beispielsweise das rosafarbene Qualitätsblatt dieser Tage. Der lange Artikel bringt viel Aufgekochtes, aber wenig Substanz. In der Pressemitteilung der Justiz finden sich zu diesem Thema zwei Ermittlungen.

Die eine betrifft eine Selbstanzeige. Eine Steuer wurde zwar bezahlt, aber zu spät. Dass es sich um eine Selbstanzeige handelt, soll den Verdienst der Ermittler nicht schmälern. Auch ein österreichischer Formel-1-Pilot gewann einmal ein Rennen, weil der Voranfahrende aufgrund der Stallorder kurz vor dem Ziel bremste und ihm den Vortritt ließ. Dem Pokal sieht man nicht an, wie er gewonnen wurde.

Die zweite Mitteilung betrifft den Vorwurf der Bestechlichkeit. Ein österreichischer Unternehmer soll versucht haben, den 60-Meter-irre-Yachtfreak zu bestechen. Das geht flott voran. Resultat eines halben Jahres.

Mitte April 24 wurde dann eine weitere Untersuchung bekannt, es geht um 25 Millionen. Die Verlängerung eines Kredits soll sozusagen erschlichen worden sein.


Aber jetzt 2.0.

Eine flüchtige Recherche listet über 50 Gläubiger auf, bei denen die Kleinkreditabteilung des Turmbauers Kredite von einigen Hunderttausend bis ca. 30 Millionen aufgenommen hat, die größeren einmal beiseitegelassen. In der Schweiz sind nahezu alle Kantonalbanken mit derartigen Kleinkrediten dabei, in Österreich Banken aller Art, und in Deutschland.

Vor vielen Jahren wurde ich zum Filialleiter meiner Bank gerufen. Er zeigte mir eine Liste mit 6 Krediten, handschriftlich versehen mit der Anmerkung hoffentlich ist es nicht zu spät. Ärgerlich, denn die Kredite waren alle abbezahlt, die meisten vorzeitig. Ausgetragen hatte sie niemand mehr.

Allerdings hatte ich nur eine Identität. Wenn jemand mit 1.000 oder 1.400 Identitäten auftritt ist das zweifellos schwieriger. So machte sich auch niemand Gedanken, wozu man derart viele Kredite aufnimmt; auch für den Aufsichtsrat hat der Tag nur 24 Stunden.

Da der hellhörige Journalismus nicht müde wird, auf die Verquickung mit der Politik hinzuweisen: zweifellos hat bei dieser Zahl an Kleinkrediten überall jemand politisch interveniert. Dennoch überschlägt sich ein Kleinformat mit Fragen wie: Droht jetzt Gefängnis? Natürlich versehen mit der sogenannten Unschuldsvermutung.

Ein oft verwendetes Bonmot lautet: Hat man 10.000 Euro Schulden, hat man ein Problem, bei 10 Millionen hat die Bank eines.

Das ist Unsinn. Die Bank Bär in der Schweiz hatte in drei Tranchen 600 Millionen an den Turmbauer verliehen, das Geld ist weg. Es macht ein Drittel des Jahresgewinns aus; ärgerlich, aber kein Beinbruch. Nur den CEO hat es erwischt. Seine 16 Millionen Boni wurden kassiert, nun muss er mit dem normalen Gehalt, das nicht einmal 2 Millionen erreicht, über die Runden kommen.

Von den 300 Millionen, die nach einem Bericht der Financial Times (wie auch anderer später) noch vor dem ersten Konkurs in Familienstiftungen geflossen sein sollen, hört man nichts mehr. Angeblich gab es die Transfers doch. Später berichtet die Financial Times, dass eine Masseverwalterin diese Gelder in Immobilienprojekte fließen sah. Demzufolge wachsen bald neue Türme in den Himmel.

Es ist nicht so einfach, Geldflüsse zu beurteilen. Bei den Finanzproblemen in Salzburg ca. 2011 konnte die befragte Person auch nicht auf die Schnelle sagen, ob die Millionen auf den Konten im Moment plus oder minus waren. Fehlende Protokolle machten die Wahrheitsfindung auch nicht einfacher.

Beruhigend ist, dass in den höheren Etagen im Finanzbereich drei akademische Grade pro Person üblich sind, nur zwei eher selten. Um einen Schulabbrecher kontrollieren zu können braucht es das auch, der Schaden wäre zweifellos sonst noch höher.


Aber jetzt 3.0.

Vaduz eröffnet Strafverfahren gegen Benko berichtet In$ideParadeplatz, der Leitende Staatsanwalt von Liechtenstein bestätigt das. Ausgerechnet IP zitiert nun die Krone, die von neuen Benko-Stiftungen berichtet. Neu sind sie allerdings nicht.
Ob die Gefahr da nicht von woanders her droht?

In einer Schweizer Zeitung finde ich eine atemberaubende Methode, das Dekantieren. Gemeint ist hier nicht die bekannte kultische Handlung von Weinliebhabern, aber sie funktioniert genauso.

Dekantieren bedeutet dort auch, den Inhalt einer Stiftung in eine andere zu giessen. Dabei bleibt als Bodensatz der eigentliche Stifter oder die von ihm Begünstigten zurück. In der neuen Stiftung kann dann der Treuhänder frei schalten und walten. (Zitat, Die Ostschweiz)

Warum ist denn nichts mehr da? Achselzucken, Anwaltsgeheimnis.

Um Einzelfälle scheint es sich hier nicht zu handeln. Berichte darüber sind vergnüglich zu lesen, z.B. über zwei Stiftungsräte, die sich monatlich 50.000 Euro an Honorar verrechnen. Alles hat seinen Preis.

Zurück nach Innsbruck. Der Flughafen macht heuer kein Fest. Es war zwar immer ein Publikumsmagnet, aber heuer fehlen die 60 bis 70.000, die es kostet.
Man weiß ja nie, aber einen Versuch wäre es wert. Der Flughafenchef ruft den Masseverwalter an.
Hallo Masseverwalter, ich bin‘s, dein Flughafen.
Was kann ich für dich tun, Flughafen?
Ich habe eine Forderung an dich, macht 100.000.
Ich weiß, Start- und Landegebühren. Du musst dich anstellen.
Ein Vorschlag zur Güte, 60 Cent für den Euro.
Verstehe, 60.000, dann hast du dein Fest? Einverstanden.

Das Gespräch wird nicht stattfinden. Bis der Flughafen herausgefunden hat, mit welchem Masseverwalter er reden muss, ist der Herbst vorbei.

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Reinhard Kocznar

Reinhard Kocznar ist Versicherungsmakler und lebt in Birgitz. Seit 30 Jahren selbständig, während 25 Jahren zweiter Beruf als Leiter eines Softwareentwicklungsteams und Systemadministrator. Als Schriftsteller hat er bisher 7 Bücher veröffentlicht, Krimis, Thriller, Erzählungen und Essays. Literarisch betreibt ein den Online-Buchshop: Hardboiled Krimis. Leidenschaftlicher Fotograf, Sportschütze und Motorradfahrer.

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