Reinhard Kocznar
Wissen ist Macht.
Analyse
Knall bei XY: diese reißerische Zeile lese ich dieser Tage in einem angriffigen Online-Magazin. XY ist eine potente Firma im Finanzbereich. Welche, ist hier nicht wichtig. Das Wesentliche ist der Knall.
Geknallt hat das zuständige Organ, der Verwaltungsrat, hierzulande der Aufsichtsrat. Er hat getan, wofür er zuständig ist. Die Firma XY hatte ein Problem. Der Aktienkurs blieb hinter vergleichbaren Firmen zurück. Was hingegen besser klappte, war zeitgemäßes Woke-Geschwurbel. Eigentlich klappte nur das, die Zentrale in Regenbogenfarben, sensible Sprachregelung im Unternehmen. Das alles wurde nun mit den üblichen Bekundungen des Danks beendet und ein neuer zupackenderer CEO bestellt.
Der Aufsichtsrat hat überall dieselbe Zuständigkeit. Wenn sich ein Management für seine herausragenden Leistungen knapp 19 Millionen an Bonifikationen ausschüttet, hat es vorher den Segen des Aufsichtsrats erbeten und erhalten. Anders geht das nicht. Wenn das wenige Monate vor dem Konkurs passiert, ist es zudem weitblickend.
Hier muss man der Neidgenossenschaft eine Absage erteilen: Boni sind keine österreichische Spezialität. Così fan tutte. So verdiente die Credit Suisse in den letzten 13 Jahren vor ihrem abrupten Ende im Schnitt jährlich 390 Millionen Franken, bezahlte aber ebenso jährlich durchschnittlich 3 Milliarden an Boni aus.
In dieser Art wurde im verzweigten Reich unseres Tiroler Turmbauers die Managementleistung ziemlich hoch bewertet und daher entsprechend belohnt. Statt lediglich 1.000 sollen es gar an die 1.400 Firmen sein. Und in allen musste das Management belohnt werden.
Bei so vielen unabhängigen Firmen kann natürlich schon das eine oder andere Detail übersehen werden. Immerhin hat einer dieser Aufsichtsräte, die praktischerweise in etlichen Firmen deckungsgleich sind, einen Geschäftsführer bestellt, der an die hundert weitere gleichartige Positionen in Unterfirmen bekleiden musste. Zeigt es nicht Scharfblick und Menschenkenntnis, eine Person zu finden, die simultan so viele Posten zu bewältigen imstande ist, wo der Tag doch nur 24 Stunden hat?
Wenn dieser betreffende Manager in jeder GmbH nur zwei Beiratssitzungen im Jahr hat, dann sind allein dafür 200 Arbeitstage weg, ohne Vor- oder Nachbereitung. Das Beamen zu den Sitzungen übernimmt Scotty.
Der Vorsitzende des betreffenden Aufsichtsrats, ein ehemaliger Bundeskanzler und somit ein ehrenwerter Mann, sah sich gleichwohl veranlasst, die Stirn zu runzeln. Er kritisierte im Interview mit einer renommierten Tageszeitung den Strategiewechsel von den Immobilien zum Einzelhandel. Er hatte Recht. Dass das von ihm kontrollierte Management einen so gravierenden Strategiewechsel vornahm, ohne diesen dem Aufsichtsrat fundiert unterbreitet und seine Zustimmung eingeholt zu haben, muss ihn menschlich tief enttäuscht haben.
Zur gleichen Zeit war ein anderer ehemaliger Bundeskanzler, der deshalb auch ehrenwert sein müsste, damit befasst, Geld für den Turmbauer aufzutreiben. Er konnte nicht wissen, in welches Fass ohne Boden das Geld fließen sollte, aber er hatte Erfolg und machte 100 Millionen locker.
Hätte ihm der andere Exkanzler nicht sagen können, dass der Wüstensohn im Begriff war, für gutes Geld Anteile an einem toten Pferd zu kaufen? Es ist nicht gewiss. Im Nichtwissen werden beide Exigen wohl gleichauf liegen, wenn auch der eine stolz bezahlt wurde und der andere karg.
Wissen ist Macht. Jede Medaille hat zwei Seiten. Bei der Macht bietet die andere Seite Fakten und Arbeit, also Mühsal und Plage.
Nichtwissen hat nur Vorteile. Man ist unbefangen und lässt die Phantasie der Suchenden für sich arbeiten. Das bringt Ertrag ohne Anstrengung.
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