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Wölfe und Marderhund

Für die Horrormeldung der Woche sorgte diesmal nicht ein Bestsellerautor oder Politiker, sondern der Berliner Starvirologe Christian Drosten, der meinte, dass SARS-CoV-2 wahrscheinlich über die chinesische Pelzindustrie auf den Menschen übertragen worden sei. Marderhunden und Schleichkatzen wird nämlich bei lebendigem Leib das Fell abgezogen. Dabei stoßen sie Todesschreie aus, durch deren Aerosole sich der Mensch anstecken kann.

Wenn man solche Geschichten hört, denkt man ziemlich schlecht über das Reich der Mitte. Bis einem einfällt, dass in Dänemark gerade 9 Millionen Nerze gekeult wurden, wie das Umbringen der Tiere vornehm bezeichnet wird. Und dass die Grillsaison naht, deren verbilligtes Fleisch nur auf Tierquälerei basieren kann. Es ist wirklich unglaublich, was der Mensch seinen Mitgeschöpfen antut. Und es ist daher auch nicht verwunderlich, wenn viele Zeitgenossen das nicht länger ertragen wollen und zu militanten Tierschützern werden.

Dort halten wir derzeit. Auf der Brennerautobahn wurde gerade ein Wolf überfahren, ein Tier, das in einem Land, das von Berglandwirtschaft und Tourismus lebt, absolut nichts verloren hat. Trotzdem ist sein Abschuss verboten. Unsere unsägliche Brutalität den Tieren gegenüber und eine weltferne Naturmystik, für die der Mensch ein Krankheitsbefall ist, bilden offenbar ein kommunizierendes Gefäß. Eine vernünftige Mitte ist leider nicht in Sicht.

Alois Schöpf

Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

Dieser Beitrag hat 5 Kommentare

  1. Michael Unterweger

    Sehr geehrter Herr Schöpf!
    Wieder einmal melde ich mich bei Ihnen im Zusammenhang mit Tierleid-Themen, diesmal auf Ihr „Apropos“- „Wölfe und Marderhunde“. – Vielen Dank dafür!
    Mir wird zwar regelmäßig schlecht, wenn ich von den extremen Grausamkeiten erfahre, die Menschen Tieren antun, ich bin aber auch froh, dass diese Themen angesprochen werden. Klar, die chinesische Pelzindustrie wird sich keinen Deut darum kümmern, aber vielleicht der eine oder andere potentielle Pelzinteressierte im Westen reagieren. Die Grillfanatiker werden, wie üblich, ihre sattsam bekannten Verdrängungsmechanismen für sich arbeiten lassen, manch Unentschlossene aber vielleicht zu einem Denkprozess angeregt werden. Hoffentlich.
    Ich bin kein militanter, aber engagierter Tierschützer, der das Elend im Kleinen einzudämmen versucht, um nicht vor Hilflosigkeit (im Bemühen, unseren geschundenen Mitgeschöpfen beizustehen) zu verzweifeln. Als Anregung dafür hat mir Ihr Apropos-Beitrag gedient.

  2. Ernst Maier

    Guten Morgen Herr Schöpf
    Ihre Leitartikel veranlassen mich, unterschiedlichste Themen meist zustimmend oder zumindest aus einem anderen, vielleicht „neutraleren Blickwinkel“ zu beurteilen. Das heutige Thema „Wölfe oder Marderhunde“ kann ich allerdings beim besten Willen nicht so ganz unwidersprochen zur Kenntnis nehmen.
    Dass große Beutegreifer in unserem Tourismusland Tirol nichts verloren haben, mag ein frommer Wunsch sein. Fakt ist, dass wir uns der Tatsache stellen müssen, zumal Wildtiere im Gegensatz zum Homo sapiens wohl eher nicht in der Lage sind, Landesgrenzen zu erkennen und diese folglich auch zu akzeptieren.
    Es wird nur mit einer bestmöglich abgestimmten Zusammenarbeit zwischen Nutztierhaltern, Behörden- u. Interessensvertretern einerseits, und den durch den hohen Schutzstatus zurecht agierenden Naturschützern andererseits möglich werden, ein halbwegs gedeihliches Miteinander zu ermöglichen. Radikal-Forderungen von welcher Seite immer tragen nicht zur Versachlichung bei und befeuern lediglich die ohnehin sehr aufgeheizte, auch medial unterstützte Stimmung. Zudem dürfte sich die derzeitige „Problematik“ mit dem Zuzug großer Beutegreifer im Verhältnis zu künftigen Herausforderungen auf unserem Planeten als halbwegs überschaubar erweisen.

  3. Johanna Rotter

    Sehr geehrter Herr Schöpf!
    Für Ihr Apropos in der TT vom 12.06.21 „Wölfe und Marderhunde“ möchte ich mich wieder einmal bedanken – auch wenn dessen Inhalt, was Tierquälerei betrifft, grauenhaft ist. Vielleicht bringt das möglichst viele Personen zum Nachdenken und zur Änderung ihres (Konsum-)Verhaltens.
    Auch Ihre Meinung zu – nicht mehr hierher passenden – Wölfen (und anderen großen Beutegreifern) teile ich voll und ganz.

  4. Peter Walch

    Sehr geehrter Herr Schöpf!
    Zu ihrem Apropos „Wölfe und Marderhunde“ in der TT vom Samstag, 12. Juni 21, komme ich nicht umhin, ihnen ein paar Zeilen zu schreiben.
    Es dreht sich mir geradezu der Magen um – und es sich ausmalen darf man sowieso nicht – wenn man liest, dass Tieren, also Marderhunden und Schleichkatzen, bei lebendigem Leib das Fell abgezogen wird. Bestialisch!
    Es ist ein Hilfsausdruck, wenn Sie schreiben, dass es, Zitat: „…unglaublich, was der Mensch seinen Mitgeschöpfen antut“: Könnte so ein gequältes Tier reden, es müsste zum Himmel schreien.
    Zu Recht sprechen Sie die Problematik der Wölfe am Beispiel des kürzlich auf der Brennerbautobahn überfahrenen Tieres an. Wo ist hier das rechte Maß? Mit zunehmender Wolfspopulation und aufgrund der Geografie, auch der beschränkten Möglichkeiten des Herdenschutzes, wird es nie möglich sein, die Schafe auf den Weiden unserer Berge ausreichend zu schützen.
    Es ist ganz einfach die Kardinalsfrage zu stellen: Was wollen wir?
    Wollen wir unsere kleinbäuerliche Struktur mit der Beweidung der Region über der Waldgrenze durch die Schafe erhalten, oder so weit gehen, dass sich mehr und mehr Bauern sagen: wir nehmen es nicht mehr in Kauf, unsere Tiere massenweise durch Wölfe reißen zu lassen? Wir sperren unsere Stalltüren zu, wir geben auf!
    Es ist das rechte Maß so wie bei vielen Dingen heutzutage verloren gegangen, und – ja- es fehlt mehr und mehr der (gesunde) Hausverstand, besonders bei jenen, wie mir scheint, die abseits der Realität in den sogenannten „Tintenburgen“ leben bzw. dort ihre Schreibtischarbeit verrichten und jene Gesetze konstruieren, die eine Entnahme der Beutegreifer unmöglich macht.
    Aufwachen Herrschaften, bevor es zu spät ist!

  5. Albert Schwarzmann

    Nicht ganz ernst gemeint:

    Auf zum Schwur

    Neue Strophe aus aktuellem Anlass

    Auf zur Schur, Tiroler Schaf 🐑,
    dich frisst der Wolf, bist du nicht brav.
    Und bist du brav, er frisst dich doch,
    der WWF, der will es noch.
    Drum geloben wir auf’s Neue,
    schießt du den Wolf, zeig niemals Reue!

    AS2021

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