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Vormarsch der Potentaten

Ungestört werkelt in Nordkorea ein jugendlicher Diktator mit seiner Schwester an der Atombombe, während sein Volk verhungert. Noch ungestörter rottet in China Herr Xi Jinping, dessen freundliches Gesicht jenem des Genossen Stalin gleicht, gerade das Volk der Uiguren aus, schert sich nicht um Verträge mit Hongkong und hätte, wenn nicht Corona passiert wäre, nach Ansicht vieler Taiwanesen im nächsten Jahr ihr Land kassiert.

Sein russischer Nachbar Putin lässt es zu, dass Regimegegner, die ihm und seinen korrupten Cliquen gefährlich sein könnten, vergiftet werden und nähert sich über die Ukraine und seinen weißrussischen Freund Lukaschenko den Grenzen der EU. Im Süden Russlands liegt „the failed state“ Afghanistan und natürlich Iran, ein Mörderregime mit Hang zu atomarer Aufrüstung, aber auch die für Europa viel wichtigere Türkei, deren Herrscher Erdogan eine für einen fairen Prozess hungerstreikende Anwältin verhungern und tausende Regimegegner wegsperren lässt.

Für einen verwöhnten Europäer und uns neutralitätsverlogene Österreicher stellt sich die Frage: Wer in der Welt verteidigt eigentlich noch unsere zentralen westlichen Werte? Ein Herr Trump, der sich von allen Fronten zurückzieht, das Regieren mit einer Fernsehshow und die versuchte Hinrichtung eines Schwarzen durch die Polizei mit einem Fehler beim Golfspielen verwechselt?

Langsam könnte einem angst und bange werden.

Alois Schöpf

Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Peter Walch

    Sehr geehrter Herr Schöpf!
    Zu Ihren Apropos vom Samstag, 05. September 2020 in aller Kürze ein paar Zeilen.
    Ich habe nachgeschlagen, was unter Potantaten zu lesen bzw. was das „Erkennungszeichen“ solcher Menschen ist. Veraltet: „Machthaber, Herrscher, regiereder Fürst“. Na ja, regierender Fürst, wird gerade nicht mehr passen, aber die zwei anderen Bezeichnungen könnten schon
    noch – auch in unserer Zeit – zutreffen. Die Devintion von: „Ein Potentat sucht den andren an hohler Aufmerksamkeit zu übertreffen“, das trifft diese Klasse von Regierenden schon besser.
    Ihr Kernsatz aber mit: „Langsam könnte einem angst und bange werden“, den unterschreibe ich!
    Ich unterschreibe ihn deshalb, weil ich auch Kinder und mittlerweile auch Enkelkinder habe, und diesen gilt, besonders Letzeren, meine Sorge.
    Mir würde zu diesen Zukinftsaussichten unserer jungen Generation sehr viel einfallen, es würde den angemessenen Rahmen einer solchen Zuschrift sicher sprengen, aber eines ist bei diesen sogenannten Potanten eklatant: zu weit weg – meilenweit – vom sprichwörtlichen einfachen Mann auf der Strasse.

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