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Ich bin ein überzeugter Europäer. Oder war es zumindest. Den ersten Knacks bekam meine Begeisterung, als sich Gouvernanten aus Brüssel mit Antiraucherfundamentalisten verbündeten und durchsetzten, dass auf Zigarettenpackungen möglichst grausige Fotos über die Folgen des Rauchens abzubilden seien. Ich bin selbst Ex-Raucher und kenne die Gefährlichkeit der Droge. Dennoch empfinde ich eine solche Bevormundung vernunftfähiger erwachsener Menschen als inakzeptabel.

Ähnlich erging es mir, als ich erfuhr, dass Teile Osttirols als Natura-2000 Gebiet unter den Glassturz gestellt werden sollten, weil eine Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU den Wert einer Genvariante der Deutschen Ufer-Tamariske höher einschätzt als die Interessen der ortsansäßigen Bevölkerung. Das Gleiche gilt auch für das gerade heftig diskutierte Verbot, aufgrund der EU-Artenschutzverordnung Wölfe abzuschießen, auch wenn sie Schafe reißen.

Es ist zu einfach, mit dem Finger nach Brüssel zu zeigen und den Jammer von der bösen EU anzustimmen. Gerade wenn man diese EU schätzt und erhalten möchte, muss endlich die Frage gestellt werden: Welche heimischen Politgrößen haben eigentlich ohne eine breite demokratische Willensbildung über die Köpfe der Betroffenen hinweg Gesetze und Verordnungen unterschrieben, die uns jetzt auf den Kopf fallen? Oder haben sie sie nach dem Motto „Papier ist geduldig“ erst gar nicht gelesen?

Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Rinaldo

    An welchem Ort ich jemals kundgetan habe, dass ich „Richtlinien und Verbote mag“ und wie man sogar eine Vorliebe für Verbote und Bestrafungen aus meinem Kommentar ableiten kann, ist mir – gelinde ausgedrückt – absolut schleierhaft.
    Ich erlaube mir daher zu wiederholen, dass meiner Ansicht nach, ohne dass damit jemandem „meine Meinung aufgezwungen“ wird – es ist mir sowieso unklar, wie das möglich wäre und was ich davon haben sollte – bei FREIWILLIGER EINHALTUNG empfohlener Schutzmassnahmen, welche vielleicht durch entsprechende Aufklärung und Appellen an die Vernunft, auf geduldigem Papier, ähnlich wie das auf Zigarettenpackungen der Fall ist, gefördert werden könnte, BEVORMUNDUNGEN UND VERBOTE VERMEIDBAR wären! Das dürfte doch nicht so schwer zu kapieren sein, wohl aber, was jemand dagegen haben könnte.
    Bedauerlicherweise ist es dafür sowieso schon wieder zu spät, und es sieht so aus, als ob wir kurz davor stehen würden, wieder mit Verboten und Konsequenzen bei deren Nichteinhaltung leben zu müssen. Mir hinein zu interpretieren, dass ich dafür wäre, dürfte nicht nur bei mir ein Kopfschütteln verursachen.
    Allerdings klingt eine Aussage, auf nicht verstandene oder unliebsame Meinungen anderer zu deren Reduzierung MIT GROBHEIT reagieren zu wollen, geradezu gefährlich – VON DERARTIGEN TYPEN WIRD ES HOFFENTLICH NICHT ALL ZU VIELE GEBEN.

  2. Rinaldo

    Sehr geehrter Herr Schöpf,
    wahrhaftig, Papier ist geduldig, was uns täglich, immer wieder aufs Neue, in tausendfachen , mehr oder weniger zumutbaren Varianten vor Augen gebracht wird.
    Die grundsätzliche Aussage des betreffenden Artikels ist vollkommen klar, aber trotzdem kann ich Ihrer Meinung, dass es sich bei Warnhinweisen auf Zigarettenpackungen um Bevormundung handelt, nicht zustimmen.
    Darin sehe ich viel mehr einen sehr wichtigen Beitrag zu meinem eigenen, vor vielen Jahren erfolgten Entschluss zur Beendigung der Raucherkarrriere, einen Appell an die Vernunft der Raucher damit aufzuhören, den Statistiken nach zu schließen durchaus erfolgreich.
    Ich würde es auch nicht als Bevormundung, sondern als sehr wichtige Informationsmöglichkeit betrachten, wenn man auf dem dem geduldigen Papier in ähnlicher Art und Weise den Menschen immer wieder eindringlich in Wort und Bild die Konsequenzen der Nichteinhaltung der aktuell empfohlenen Schutzmassnahmen zur Kenntnis bringen, an deren Vernunft appellieren und erklären würde, dass dadurch Bevormundungen in Form von Verboten vermieden werden könnten.
    Die beiden folgenden Absätze hingegen enthalten eindeutig – einen Bruchteil – zahlreicher Bevormundungen durch die EU, eine davon – den Wolf betreffend – im Freien Forum nachzulesen.

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