Thomas Nußbaumer bespricht:
6. Symphoniekonzert
des Tiroler Symphonieorchester Innsbruck (TSOI)
Unter dem Motto „Vorbilder“ konzipierte das Tiroler Symphonieorchester Innsbruck (TSOI) ein stimmiges und unterhaltsames Programm mit Werken von Paul Dukas, Richard Strauss und Sergej Rachmaninow, das im 6. Symphoniekonzert auf hohem Niveau umgesetzt wurde. Diesmal stand kein Gastsolist am Podium, sondern ein Musiker aus den eigenen Reihen. So spielte Joan Bautista Bernat Sanchis, seit 2018 Solohornist des TSOI und seit drei Jahren auch Hornlehrer am Tiroler Landeskonservatorium, den Solopart des Konzerts für Horn und Orchester Nr. 1 in Es-Dur (op. 11) von Richard Strauss.
Dirigent Kerem Hasan und Joan Bautista Bernat Sanchis
Doch einleitend stand Dukas‘ populärste Komposition, sein „L’Apprenti sorcier“ (Zauberlehrling – Scherzo nach einer Ballade von Goethe) aus dem Jahr 1897 im Rampenlicht, ein programmatisches etwa zehnminütiges Stück über die Malaisen eines Zauberlehrlings, der in Abwesenheit seines Meisters dessen Zauberformeln ausprobiert. Mit spürbarer musikantischer Freude tauchte das Orchester in die farbenreichen, durch chromatische Ballungen, dramatische Episoden und prägnante Leitmotivik immer wieder zugespitzten Klangfluten ein, dabei angekurbelt von Kerem Hasan mit präzisen Einsätzen und beachtlicher Schlagtechnik. Sehr rasch entstand in diesem Konzert ein schwungvoller Flow und das Stück glitt dahin wie Retro-Filmmusik aus den Fünfzigern.
Dukas‘ „Zauberlehrling“ gilt ja als der „französische Bruder“ von Richard Strauss‘ symphonischer Dichtung „Till Eulenspiegel“, weshalb das erste Hornkonzert, das der damals erst 18jährige Komponist für seinen Vater Franz Strauss, Hornvirtuose an der Münchener Hofoper, schrieb, dazu in gewisser Nähe steht. Bereits in sehr jungen Jahren verfügte Richard Strauss über ein geniales Gespür, auch außerordentliche Kenntnisse, im Hinblick auf Blasinstrumente und insbesondere für die Durchmischung ihrer Klangfarben. Quasi mit Augenzwinkern deutete er an manchen Stellen dieses Stücks die Entwicklung des Horns vom naturtönigen zum Ventilinstrument an, etwa indem fanfarenartige Melodik letztlich durch harmonische Modulationen in die Moderne transformiert wird. Joan Bautista Bernat Sanchis spielte die Solostimme ungemein souverän und mit Fortdauer in einer immer runderen und weicheren Tongebung. Sehr ausdrucksvoll erklang der langsame Mittelsatz und in den rasanten Figuren und Läufen des Schlusssatzes bewies der junge Hornist (Jahrgang 1996) seine außergewöhnlichen technischen Fähigkeiten. Es ist ein offenes Geheimnis, dass er Innsbruck bald schon in Richtung Zürich verlassen wird.
Musikerinnen und Musiker des Tiroler Symphonieorchesters Innsbruck
Rachmaninows „Sinfonische Tänze“ (op. 45), das letzte Orchesterwerk des großen russischen Komponisten und Pianisten, das 1940 im amerikanischen Exil entstand, bildete den Abschluss eines Programms, das offenbar auch von der Idee der orchestralen Klangfülle geleitet wurde. Bei Rachmaninow finden einige Elemente zueinander, die diesen Aspekt verstärken. Insbesondere die Holzbläser und das Schlagwerk sind stark und klangfarbenfroh besetzt und Harfe und Klavier stützen die harmonische Komponente des Orchestersatzes. Diesen Klangapparat nützend werden in den drei Sätzen, die nur sehr eingeschränkt als „Tänze“ im eigentlichen Sinn zu bezeichnen sind, verschiedene Affekthaltungen modelliert: markante Ekstatik, die „russische Seele“ in romantischer Tiefe und dunklen Klangfarben, ein Walzersatz, der als „valse triste“ umschrieben werden könnte, und sakrale Mystik im letzten Satz, indem die Requiem-Sequenz „Dies irae“ und das „Alliluya“ aus der Auferstehungsliturgie der orthodoxen Kirche zitiert und abgewandelt werden. Dazwischen kommt die Musik, die zwischen den Polen der rhythmischen Entfesselung und nahezu kammermusikalischen Reduktion pendelt, immer wieder sehr stimmungsvoll „zum Stillstand“ und es entstehen Situationen, in denen das Saxophon, die Flöte, Klarinette, Oboe, Fagott und weitere einzelne Bläser- und Streicherstimmen zu individueller Entfaltung reifen.
Dem Orchester gelang eine großartige, ausgewogene und von beeindruckenden solistischen Leistungen getragene Aufführung. Ein besonderes Kompliment verdient sich Kerem Hasan, der Chefdirigent des TSOI, der seine Musikerinnen und Musiker mit Konzentration und klar strukturierter Zeichengebung durch eine Partitur leitete, die von rhythmischen Finessen und Takt- und Tempowechseln durchsetzt ist. Das hörenswerte Konzert wird heute (Freitag, 22.4) noch einmal gegeben.
Copyriht der Bilder: Chó, wefeel.art
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