Peter Paul Wiplinger
WÖRTERÜBERFALL

am frühen morgen schon
überfallen mich die wörter

der tod hat eine farbe sage ich
der tod ist stachelbeergrün

in der kornkammer europas
wütet ein vernichtungskrieg

herr putin und seine panzerarmee
brechen jedes gebot der zivilisation

zerschossen wird nach ziel und zufall
alles ist ein ziel egal was wie und wo

mütter harren aus mit ihren kindern
wie ratten in tiefen u-bahnschächten

die propaganda sagt dies sei kein krieg
dies sei nur eine militärische intervention

doch in der ukraine tobt ein kampf
für freiheit frieden und für demokratie

hier werden die lebenswerte verteidigt
mit molotowcocktails gegen die panzer

herr putin beharrt stur darauf
hier gehe es nur gegen faschisten

der kleine michail aber schreit im schmerz
von einem schrapnell am kopf verwundet

herr putin dieser KGB-geschulte zar
träumt vom weltbeherrschungssieg

am frühen morgen überfallen mich
die wörter und die bilder rücksichtslos

alles mögliche ist dann da mit dabei
nur nicht das wichtigste wort frieden

dieses wort ist längst schon liquidiert
es ist im krieg verschwunden irgendwie

der tod hat eine farbe dichte ich
der tod ist stachelbeergrün

Peter Paul Wiplinger

Wiplinger wurde 1939 in Haslach in Oberösterreich geboren. In seiner Jugendzeit besuchte er unter anderem das Bischöfliche Gymnasium Petrinum. Danach studierte er Theaterwissenschaften, Germanistik und Philosophie. Seit 1960 lebt er als freier Schriftsteller und Fotograf in Wien. Als Mitglied des internationalen und des österreichischen P.E.N.-Clubs, der Österreichischen Liga für Menschenrechte, des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes und der IG Autorinnen Autoren erhielt er zahlreiche Preise und Auszeichnungen. 2006 wurde ihm der Titel Professor honoris causa verliehen. Bisher veröffentlichte er etwa 45 Bücher, die teils in mehr als 20 Sprachen übersetzt wurden. Zu seinen Werken zählen hauptsächlich politische Essays, Liebesgedichte und künstlerische Fotos.

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