Nicole Staudenherz
Eine Stimme für Tiere
Wie Tiroler Aktivistinnen in Berg und Tal für das Tierwohl einstehen.
Der Verein gegen Tierfabriken (VGT) hat sich zum Ziel gesetzt, Mitgefühl und Respekt gegenüber Tieren in der Gesellschaft zu verankern. Mit zeitgemäßen Formen des Aktivismus bringt der VGT dieses wichtige Anliegen an die Öffentlichkeit und engagiert sich österreichweit für nachhaltige Verbesserungen in Sachen Tierwohl. Auch die Tiroler Aktivgruppen beteiligen sich an den Kampagnen und sorgen für Aufsehen.
Ein strahlender Herbsttag, hoch über dem Achensee. Zwei Aktivistinnen steuern aufs Gipfelkreuz zu und entrollen ein Transparent mit der Aufschrift „Nein zum Folterspaltenboden“. Im Hintergrund Berge und Gletscher, im Vordergrund eine klare Ansage: Vor der atemberaubenden Kulisse der Alpen rückt die Tierschutz-Botschaft noch deutlicher in den Fokus, wird fotografiert, gepostet, geteilt.
Wandern gegen Tierleid: Tiroler VGT-Aktivistinnen pflegen die schöne Tradition des alpinen Aktivismus schon seit einigen Jahren. Dafür packen sie neben der veganen Jause auch die Transparente in den Rucksack, um bei Fotoshootings in luftiger Höhe auf das Leid der Tiere aufmerksam zu machen.
„Das ist wichtig, denn es geht um viel“, bringt die Kampagnenleiterin der Aktion die Thematik auf den Punkt. „Es geht um das Leid von Millionen Lebewesen in Österreichs Tierfabriken, denen ihr ganzes Leben lang kein Sonnenstrahl vergönnt ist, geschweige denn genügend Platz oder ein Minimum an Würde. Es geht um die grausame Realität abseits der öffentlichen Wahrnehmung, um die traurige Wahrheit hinter den Schönfärbereien der Fleischwerbung.“
Die Stimme für die Tiere zu erheben und für Veränderung einzustehen, darum geht es dem VGT auch bei Demos, Mahnwachen und spektakulären Performances auf Innsbrucks Straßen und Plätzen. Da kann es dann schon einmal vorkommen, dass sich ein Mensch als Schwein verkleidet in eine Riesen-Fleischtasse legt, um gegen die Billigfleisch-Aktionen der Supermärkte zu protestieren. Oder dass kurz vor Ostern ein Riesenküken reglos am Pflaster kauert, um ein Zeichen gegen die Tötung von Millionen frisch geschlüpften Junghähnen zu setzen.
Ist das nicht alles ein bisschen provokant? „Natürlich wollen wir die Passanten aufrütteln und zum Nachdenken anregen. Aber letzten Endes geht es uns darum, mit den Menschen in Dialog zu treten. Wir wollen den Menschen zeigen, dass jeder und jede etwas für die Tiere tun kann, sei es durch die täglichen Konsumentscheidungen oder durchs Mitmachen bei Unterschriften-Aktionen. Auf diese Weise können wir gemeinsam viel für die Tiere bewegen.“
Tatsächlich erfahren die Aktivistinnen im Gespräch mit der Innsbrucker Bevölkerung viel Zuspruch und Unterstützung. Das Thema Tierschutz ist in den letzten Jahren tatsächlich in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Viele Menschen suchen aktiv den Kontakt mit dem VGT, nicht nur um sich zu informieren, sondern auch um Teil der Tierschutzgruppe zu werden.
Kein Wunder: Die Missstände, die der VGT aufzeigt, lassen (fast) niemanden kalt. Besonders brisant in Tirol ist das Thema Kälbertransporte. Gerade hier vor unserer Haustür werden nämlich Jahr für Jahr Tausende Jungtiere ins EU-Ausland verkauft, wo ein leidvolles Leben in tristen Masthallen auf sie wartet. Oder noch schlimmer – ein Export in Drittstaaten, wo Tierschutzgesetze möglicherweise nicht einmal auf dem Papier existieren, wo schwere Misshandlungen und Schlachten ohne Betäubung an der Tagesordnung sind.
Durch die Aufdeckungen des VGT ging das Thema wiederholt durch alle Medien. Zuletzt baute die Tiroler Aktivgruppe mitten in der Fußgängerzone ein Tiertransportschiff nach, um auf die skandalösen Bedingungen bei Lebendtierexporten übers Mittelmeer hinzuweisen.
„Angesichts dieser Grausamkeiten können wir nicht einfach zuschauen und nichts tun. Man stelle sich vor, jemand würde das Gleiche mit unseren geliebten Hunden und Katzen tun. Würden wir dann nicht auch protestieren?“
Deshalb haben die Tiroler Aktivgruppen auch in Zukunft noch viel vor. Für die Tiere, aber auch für das Wohl zukünftiger Generationen. Denn neben dem Los der Tiere nimmt der VGT zunehmend auf das hoch aktuelle Thema Ernährung und Umwelt Bezug. Um auf die katastrophalen ökologischen Auswirkungen der Intensivtierhaltung hinzuweisen, werden die Aktivistinnen in Innsbruck demnächst in punkto Biodiversität und Klimaschutz wieder von sich hören lassen.