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Markus Fenner
Zwei Liebesgedichte

Geburtstagsgedicht

Schafgarbe wogt auf weiten Matten
doch hier bei uns ist alles klein und nah
Du pflanzt den Garten unterm Gitterschatten
des Sonnenhuts von Hermann H.

Du jätest Lungenkraut und Löwenzahn
du setzt Ranunkeln und den Ginster an
Schon steht Klematis, hängen Kerzen
der vielgeliebten Tränen-Herzen.

Frühling in deinem Garten, Süße
doch nicht bei uns – uns steht der Sommer hoch
Schon spinnt der Herbst uns erste Grüße
schon fliegen Fäden, fein und selten noch.

So hübsch wie heute sind wir nicht mehr lange
obwohl wir auch schon hübscher waren
Doch nach den ersten zwanzig Jahren
ist uns um Hübschheit nicht mehr bange.

Noch kreisen sie in uns, die Säfte
in Liebstöckel und Rittersporn
noch geben Knob- und Schnittlauch Kräfte
hat Kerbel Würze nicht verlorn.

Den blauen und den roten Dendron
mischst du mit Resehier und Reseda
vergisst auch nicht den Phlox am Berge
mit Sonne, Mond und Arnika.

Frühling in deinem Garten, Süße
doch nicht bei uns – uns steht der Sommer hoch
Schon spinnt der Herbst uns erste Grüße
schon fliegen Fäden, fein und selten noch.

Ihr Hals ist kühl an meinen Lippen
als sie sich schnell mal zu mir bückt
ich fühl die Adernuhr ein- zweimal tippen
zwei Schläge ist der blaue Zeiger vorgerückt.
Zwei von den Schlägen…


Sinn und Sinnlichkeit

Ich wüsst so gerne, wer du bist
doch kam ich bisher nicht so weit
Ich schaff es nicht, dich zu erfassen
ich kann doch nicht, kann einfach nicht
die Finger von dir lassen.

Ich hör dir zu, tief fasziniert
nur muss ich oft sehr dämlich fragen
weil mein Gehör nicht funktioniert
Das liegt an meinen Trommelfellen
die pelzig werden vor Behagen
wenn deine Stimme sie berührt.

Du weinst und ich bin aufgewühlt
doch nicht von dem, was man so fühlt
Die Tränen, die mein Hals aufsaugt
die zarte Schwellung deiner Lider
lässt ganz was andres bei mir schwellen.
Ich liebe dich und muss mich doch verstellen.

Oft weiß ich nicht, wie groß du bist
Mal krabbel ich insektenklein
auf dir und fall in jede deiner Poren
Mal passt du vogelleicht in meine Hand
bist zart und fremd und luftgeboren
auf kurzer Rast, Ziel unbekannt.

Ich wüsst so gerne, wer du bist
ich kam nur bisher nicht so weit
Doch werd ich schon dich noch erfassen
ich darf nur nicht, darf einfach nicht
die Finger von dir lassen.

So buchstabier ich dich von Kopf bis Zeh
du solltest das nicht unterschätzen!
Kann ich erstmal dein ABC
dann les ich dich bald silbenweise
und dann in ganzen Sätzen.

Markus Fenner

Markus Fenner stammt aus München, begann als freier Schriftsteller, brach mit der Literatur, wurde TV-Redakteur, später Drehbuch-Autor, lebt heute als Dorfschriftsteller am bayerischen Alpenrand: Erzählungen, regionale Theaterstücke, stellenweise Lyrik. Weitere Informationen: http://www.markus-fenner.de/

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