Literarische Korrespondenz:
Hannes Hofinger an Alois Schöpf
Betrifft:
Ich hätte auch kommunistisch gewählt!

Lieber Alois!

Deinen Angriff auf die Wähler der Frau Elke Kahr kann ich nicht nachvollziehen. Es kann doch nicht Aufgabe von Wählerinnen sein, die historischen Zusammenhänge aus gottseidank längst vergangenen Zeiten zu studieren, um dann zu entscheiden, wer nun wählbar ist und wer nicht.

Die geschätzten Unterstützer der Grazer Kommunisten haben nicht die kommunistische Partei Stalins gewählt, sondern sie haben eine Gruppe gewählt, welche ihre Anliegen und Probleme ernst nimmt und nach Möglichkeit versucht, ihnen zu helfen.

Niemand dieser Leute hat dabei an das kommunistische Manifest gedacht. Was übrigens gar nicht gar so grausig ist, wie Du meinst. Zumindest, so, wie es ursprünglich gedacht war, nämlich als weltweite Befreiung des Proletariats von Unterdrückung und Ausbeutung (Jesus wollte ja angeblich dasselbe).

Mit diesem, Deinem Argument wäre kaum eine Partei mehr wählbar, denn irgendwo in der Vergangenheit – oder auch Gegenwart, wie wir wissen – liegen Leichenberge nicht nur im Keller, sondern oft auch in Parteizentralen sogenannter christlicher Gruppierungen.

Und da komme ich zu Deinen schöpfschen BreakingNews bzgl. Herrn Kurz. Deine, für meine Begriffe schon hymnische Verehrung dieses Schaumschlägers sei Dir unbenommen. Aber ich kann sie schlichtweg nicht verstehen.

Diese dauernd geäußerten Unschuldsvermutungen sind zum Kotzen.
Wenn ich beispielsweise Florian Klenks detaillierte Auflistung über die Machenschaften zwischen Kurz und Fellner im „Falter“ lese, dann erlaube ich mir, diese Typen als völlig unmoralische Zeitgenossen zu bezeichnen, auch wenn mir dies (noch) nicht durch Gerichtsbescheid bestätigt wurde.

Und jetzt komme ich zum letzten Punkt. Deine andauernden Angriffe auf Alles was auch nur eine Handbreit links vom rechten Rand erscheint! Links ist schrecklich, furchtbar, weltzerstörerisch und unmoralisch. Bitte etwas sachlicher! So wird es nur noch peinlich.

Zum Abschluss: Wie wir eben erfahren, wurden in Frankreich seit 1950 330.000 Kinder von Vertretern der katholischen Kirche missbraucht. Nach Deiner Logik bzgl. Grazer Kommunistenwähler, macht sich jeder Katholik der Mittäterschaft schuldig.

Und in diesem Falle: Da wäre ich wieder mal mit Dir einer Meinung!

Liebe Grüße
Hannes

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Hannes Hofinger

Hannes Hofinger (* 21. Dezember 1947 in St. Johann in Tirol) ist ein österreichischer Schriftsteller, Bibliothekar und Verleger. Hannes Hofinger ist Chronist und Heimatforscher und verlegt vor allem Kleinodien aus der Umgebung von St. Johann in Tirol.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Reinhold Knoll

    Die Kritik an Alois Schöpf benötigt einen weiteren Aspekt. Über den Niedergang einer Partei muss man nicht schreiben. Schreiben muss man, wer wohl für das künftige Emanzipationspotential aufkommen wird, wenn es diese Partei nicht mehr gibt. Das heißt: Schöpfs Sorge ist weit mehr, dass wir mit dem Ausfallen konservativer Positionen nichts mehr besitzen, wovon wir uns emanzipieren können. Wenn also Hässlichkeit Ästhetik „rettet“, heißt das nicht, dass Hässliches Ästhetik bewirkt, aber sie macht Ästhetik notwendig. In diese Funktion rutschte die ÖVP. Von ihr etwas zu erwarten, ist kaum denkbar, aber dennoch sollte sie im „Denkmalschutz“ eine politische Dauer erhalten.

  2. Josef Müller

    Ich kann mich (als jemand, der seine Jugend in Graz verbracht hat) nur Herrn Hofinger vollinhaltlich anschließen. Herrn Schöpfs beinahe hündische Unterwürfigkeit und Huldigungen gegenüber Kurz widersprechen ‚Schöpfs Intellekt.
    Es ist auch ein wenig ein Beweis, dass Schöpf niemals ,auch nicht ansatzweise, ein investigativer Journalist gewesen ist. Mir völlig unverständlich, wie ein so intellektueller Mensch sich so in die „ÖVP-Philosophie“ verlieben und unterwerfen kann??

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