Helmuth Schönauer
Impeachment auf österreichisch
Stichpunkt
Der Bundespräsident steht unter besonderem Schutz. Damit soll verhindert werden, dass er im politischen Alltagsgeschäft angepatzt, herabgewürdigt oder unedel angesprochen wird.
Die österreichische Übereinkunft lautet wie immer: Wir werden keinen Richter brauchen. Das Volk kümmert sich liebevoll um den leicht fahrigen Gestus seines Professors und ist in weiten Teilen sehr angetan von seiner wohlüberlegten, aber letztlich auf weiten Strecken zurückgehaltenen Altersweisheit. Er mischt sich nicht in die Debatten der diversen Meinungsmacher ein, solange diese auf dem Boden der Verfassung geführt werden. Dafür wird ihm das Rauchen und Pizza-Essen im Lockdown verziehen.
Dieser Tage freilich ist der Bundespräsident aus dieser Übereinkunft ausgebrochen und hat quasi den Höchstgerichten ausgerichtet, dass er ihr Urteil nicht akzeptiert. Auf gut österreichisch hat man diese sehr bemerkenswerte Äußerung, die im Nachlauf zu einer rechtsgültigen Asylentscheidung gefallen ist, einfach überhört, da das Debattengeschrei sehr laut war.
Eine Geschichte ist in Österreich dann gegessen, wenn eine Kommission eingesetzt wurde. Jetzt gibt es eine solche Kommission zur Ausgestaltung des Kindswohls in Asylangelegenheiten. Manche fragen sich allerdings, warum nicht einmal die Frage aufgetaucht ist, ein Impeachment gegen den Bundespräsidenten einzuleiten. Immerhin besteht der Verdacht, dass er zum Rechtsbruch aufgerufen hat.
Der Glossist hält fest, dass er den Bundespräsidenten achtet und ihm nur das Beste wünscht. Dennoch quält ihn die Frage und niemand beantwortet sie: Warum fasst Trump ein Impeachment aus, obwohl er gar nicht mehr im Amt ist? Und beim österreichischen Bundespräsidenten ist das Thema nicht einmal eine Fußnote wert?