Helmuth Schönauer
Akademisch aufgeschwemmt
Stichpunkt
Achtung, fertig, Master los! – Studieren ist etwas Sinnvolles und Schönes und sichert auf diversen Campus-Arealen ungeheuer viele Arbeitsplätze, die ebenfalls als schön und sinnvoll empfunden werden.
Allerdings ziehen die Unis durch ihr tolles Angebot viele Jahrgänge wortlos ab und nehmen sie vom Arbeitsmarkt. Die Wirtschaft beklagt bereits, dass die Unis zu gut sind für eine Welt, in der niemand mehr Hand anlegen will. Im Nullsummenspiel bei der Verteilung von Arbeit vernichten die Studierenden gewissermaßen Arbeitsplätze, indem sie diese nicht antreten.
Natürlich ist mittlerweile die Gesellschaft so feingliedrig und unübersichtlich strukturiert, dass du zur Vorsicht für alles einen akademischen Grad brauchst, um einen Sachverhalt einschätzen zu können. Vor allem brauchst du ein akademisch abgefedertes und gegendertes Wording, um etwas richtig unverständlich auszudrücken.
Hier schlägt auch die späte Stunde der Germanisten. Mit ihrem Schwurbel-Stil Marke Habeck können sie zumindest den Vorderteil eines Interviews mit Leere zudecken.
Aber auch für die Alltagshandgriffe braucht es mittlerweile akademisches Werkzeug. Das Pflegepersonal lechzt nach Bachelor-Titeln, um die Sache am After der Alten täglich richtig einschätzen zu können, wenn die Leibschüsseln entmunitioniert werden müssen. Nicht dass jemand Infusion mit Klistier verwechselt!
Am Klärwerk sind mittlerweile ganze Cluster von Chemieabsolventinnen am Werk, um die Scheiße des bevölkernden Mittelmaßes wieder zu dekonstruieren und in sinnvollen Einzelteilen zu kompostieren.
Die Verkehrsbetriebe sind zunehmend mit der juristischen Aufarbeitung von Verspätungen beschäftigt, wenn die Klagen der Fahrgäste auf Refundierung des Fahrpreises im Minutentakt aufgearbeitet werden müssen. Die Manpower steckt mittlerweile in der Beschwerdestelle und nicht mehr in den Fahrzeugen, für die niemand mehr eine Lenkerberechtigung braucht, weil alles auf autonomes Fahren eingestellt ist.
Ha! Und selbst am Konsumentenschutz, einer der Giga-Abteilungen unserer Gesellschaft, wimmelt es nur so von G´studierten. Eine Magistra beispielsweise darf für das Konsumenten-Magazin einen kleinen Beitrag schreiben: Warum kühlen die Supermärkte die Eier nicht mehr? (Konsument, 4/23) Dafür hat sie sicher unter Entbehrungen ein paar Jahre lang studiert und ist jetzt glücklich, dass sie das letzte Thema aufgerissen hat, das noch nicht von einer KI niedergetextet worden ist.
Gerade im Konsumbereich gilt die Faustregel, dass du immer zwei Promovierte brauchst.
– Einer sitzt auf einem Posten, wo Sachen erfunden, angeleiert und mit schönem Wording versehen werden;
– sein Gegenspieler sitzt auf einem EU-Posten, um das Erfundene zu dekonstruieren und zu recyceln. (Faustregel: Wenn du die Pläne für etwas recycelst, brauchst du später nicht das Produkt recyceln.)
Gleichzeitig rennt akademisches Lobby-Personal zwischen Erfindung und Verhinderung hin und her und wundert sich, dass ihre Tätigkeit aber schon gar nichts mit dem seinerzeitigen Studium zu tun hat.
Letztlich ist auch jede Menge juristisches Hirnschmalz gefragt, um die Hitzköpfe im Land auseinanderzuhalten, die sich Tag und Nacht aufregen und sich, unterstützt von Rechtsschutzversicherungen, vor Gericht bekämpfen.
Der Fachkräftemangel, wie er allenthalben bejammert wird, geht auf einen akademischen Überschuss zurück, könnte man lapidar sagen. Aber noch darf man das nicht!
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