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Gerda Walton
Die besten Urlaubsgrüße
Bemerkungen zur Reisekunst

Ein Urlaub könnte so schön sein, wären da nicht diese verflixten Postkarten, die zu schreiben man sich traditionell, zumindest als Verweigerer moderner Technik, immer noch verpflichtet fühlt. 

Angeblich soll ihr Absatz ja sehr zurückgegangen sein, was wohl nicht nur darin liegen dürfte, dass heutzutage sogar ältere Damen technisch so up to date und hochgerüstet sind, dass sie ihren gesamten, ehrfürchtig staunenden Pensionisten- Freundeskreis täglich und in Sekundenschnelle mit Urlaubsbildern zwangsbeglücken. 

Ursache ist ganz wesentlich auch die leidige Tatsache, dass in kaum einem Land der Welt noch Briefmarken zum Aufgeben dieser als Neidobjekte für die Daheimgebliebenen gedachten farbenfrohen Objekte aufzutreiben sind. Und hat man mit viel Glück wider Erwarten doch eine Marke ergattert, dann liegt die wirkliche Herausforderung erst vor einem. Nämlich das Auffinden eines Briefkastens, von dem man als Optimist mit Fug und Recht annehmen kann, dass er zumindest ab und zu ausgeleert wird. 

Die ganz Unverbesserlichen geben ihre Grüße an die daheim Gebliebenen mangels anderer Möglichkeiten nicht selten am Abreisemorgen schnell noch an der Hotelrezeption ab. In diesem Fall sollte man allerdings nicht gekränkt sein, wenn sich die mit einer Urlaubspostkarte Beglückten erst drei Monate später beim Absender dafür bedanken, der dadurch nicht selten etwas irritiert ist, da er inzwischen nicht nur längst vergessen hat, wem er seinerzeit Postkarten geschickt hat, sondern auch, dass er da tatsächlich auf Urlaub war, weil er inzwischen schon wieder eine ganz andere Reise hinter sich gebracht hat. 

Die Welt gehört bekanntlich dem, der sie zu genießen versteht, und wenn man nicht selbst genießt, dann tun es verlässlich die Erben. Der einzige Nachteil des digitalen Postkartenersatzes besteht nur leider in der Tatsache, dass man sich beim Versenden oft einfach nicht mehr daran erinnern kann, wie dieses blöde Schloss oder was auch immer man via Äther verschicken will, eigentlich geheißen hat, was einem bei der guten alten Postkarte natürlich nicht passieren kann.

Gelegentlich denkt man, insbesondere beim abendlichen Urlaubsspaziergang, über so manches nach. Unter anderem vielleicht auch über Sinn und Zweck der zumeist etwas überkolorierten Postkarten, die man, auch wenn man im Grunde genommen gar keine verschicken möchte, alleine schon auf Grund der totalen Urlaubsunterbeschäftigung im Kiosk um die Ecke, der sie wie in alten Zeiten in reicher Auswahl anbietet, Abend für Abend durchstöbert und irgendwann dann doch kauft. 

Dabei stellt man dann fest, dass sich die Postkartenerzeuger gegenüber der modernen Fotoübermittlung mittels Internet doch einen raffinierten Wettbewerbsvorteil zu verschaffen wussten, indem sie Fotomotive von sämtlichen und wirklich allen, mit eisernem Willen vom Urlaubsort aus gerade noch erreichbaren Sehenswürdigkeiten anbieten. Einerseits wird man dadurch fraglos inspiriert, sich vielleicht doch einmal einen Tag vom Strand wegzubewegen und zumindest eine der auf den Postkarten abgebildeten berühmten antiken Stätten und Attraktionen in natura in Augenschein zu nehmen. 

Andererseits darf man natürlich nicht außer Acht lassen, dass man durch das Versenden einer simplen Postkarte daheim tiefen Eindruck schinden und unschwer den Eindruck erwecken kann, doch tatsächlich das gesamte, berühmt umfangreiche historische Potential einer griechischen Insel in Augenschein genommen zu haben. Auch wenn man sich vom Strand überhaupt nicht wegbewegt hat, weil das angebotene Besichtigungsprogramm angesichts der Hitze und auch sonst ganz einfach zu mühselig war oder die Kinder gestreikt haben, weil sie nicht schon wieder so einen Haufen alter Steine ansehen wollten.

Ein guter Tipp noch für all jene, die sich aus Langeweile oder aus welchem Grund auch immer, gelegentlich doch zum Kauf von Postkarten verführen lassen, und es dann aus Mangel an Briefmarken oder ganz einfach aus Faulheit, die einem im Urlaub ja bekanntlich zusteht, nicht geschafft haben, die Postkarten auch zu schreiben und auf den Weg zu schicken. 

Daheim hat man, im Gegensatz zum Urlaub, wieder viel, viel Zeit. Und da gibt es, zwar auch nicht mehr vor der Haustüre, aber da und dort doch, die Möglichkeit, in den Besitz von Briefmarken zu gelangen und zumeist ist die Postkarte dann wesentlich schneller und vor allem sichererer beim geplanten Empfänger, der sich hoffentlich auch über die Urlaubsgrüße freut und, wie beabsichtigt, um den wieder einmal hochinteressanten Urlaub beneidet wird.

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Gerda Walton

Gerda Walton ist ein wandelndes botanisches Lexikon. Sie hat in den letzten Jahren weit über 600 Gärten dieser Welt bereist, die sie mit viel Einfühlungsvermögen auch fotografisch festgehalten und über die sie zahlreiche Artikel in renommierten Gartenzeitschriften geschrieben hat.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. c. h. huber

    amüsant und ein spiegel heutigen urlaubs- und sonstigen lebens, ihre betrachtung, frau walton

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