Elias Schneitter
Wirtshaussterben
Notizen
Vor mehr als vierzig Jahren hat es in meinem Heimatdorf nicht weniger als zwölf Landgasthäuser gegeben. Übrig geblieben ist davon nur noch eines. Und das, obwohl inzwischen doppelt so viele Menschen hier wohnen.
Die Ursachen dafür sind gewiss vielfältig, aber darum geht es mir jetzt nicht. Ich will auf etwas ganz anderes hinweisen.
Ich bin in den Sechzigern in einer klassischen Arbeitersiedlung aufgewachsen. Das hieß, dass damals die Männer untertags ihrem Handwerk nachgingen und die Ehefrauen zuhause sich der Hausarbeit und den Kindern widmeten.
Am oberen Ende der Straße, direkt bei der Postautohaltestelle, war und ist auch heute noch das inzwischen letzte Landgasthaus, das zu meiner Zeit bei den Ehefrauen sehr gefürchtet war.
Nicht selten kam es vor, dass die Männer, die mit dem Postauto von der Arbeit aus der Stadt kamen, den direkten Weg in die Gaststube wählten.
Das konnte fatal enden, denn man darf nicht vergessen, dass fast alle Männer unserer Siedlung zum Großteil mit grauenhaften Kriegserfahrungen zu kämpfen hatten, und dass das Wirtshaus und jede Menge Alkohol dazu dienten, um mit diesen schrecklichen Erlebnissen irgendwie zurande zu kommen. Sozusagen als Kriseninterventionsstätte.
Dabei kam es unter den Männern häufig zu heftigen Auseinandersetzungen und Streitereien wegen des „verlorenen Krieges“, wegen „dem Hitler“ und „den Juden“. Nicht selten kam es sogar zu Raufereien.
Auf alle Fälle, erinnere ich mich heute noch sehr gut, dass meine Großmutter immer wieder sagte, dass aus einem Gasthaus nie was Gutes herauskomme.
Auch sie wusste genau, wovon sie sprach.
Note 1: Spiegelbild. Das Erschreckende an den Figuren wie Strache, Kickl, Schmid und Kurz ist, dass sie alle nichts weiter sind als Spiegelbilder der Mehrheit von uns Österreicherinnen und Österreichern. So wie die Obgenannten in der Politik agieren und fuhrwerken, so handeln auch wir Normalbürger im Alltag. Und die Heuchelei, mit der sich unsere Gewählten als Opfer und völlig schuldlos fühlen – genauso heucheln wir über uns als Unschuldslämmer.
Note 2: Die Wiener mögen die Tiroler. Das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Anfangs habe ich mich darüber etwas gewundert, warum das so ist. Inzwischen weiß ich es. Der Grund ist ein ganz einfacher. Die Wiener sehen in uns immer noch die schlitzohrigen Hinterwäldler und nehmen uns nicht für voll.
Das ist auch weiter kein Wunder, wenn man die niedrigen Einkommen und die hohen Lebenskosten in Tirol mit jenen in Wien vergleicht. Von der schönen Natur und dem Gebirge kann man nichts abbeißen.
Note 3: Equal pay day. Frauen verdienen im Durchschnitt etwa zwanzig Prozent weniger als Männer. In etwa gleicher Höhe bekommen sie aber unterm Strich (als Gesamtsumme aus dem Pensionstopf) mehr Pension als Männer. Aber das darf man ja so nicht vergleichen. Populismus!
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