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Elias Schneitter
Im Mittelpunkt des Gesundheitssystems steht das Geld.
Notizen

Während meines knapp dreißigjährigen Dienstes bei der staatlichen Krankenversicherung hat man von unseren Verhandlern mit der Ärztekammer immer wieder den ironischen Satz gehört: Im Mittelpunkt des österreichischen Gesundheitssystems steht nicht der Mensch, sondern die österreichische Ärztekammer.

Damit sollte zum Ausdruck gebracht werden, welche Macht die Funktionäre dieser Berufsgruppe haben.

Da kamen dann stets die Drohungen den Gesamtvertrag zu kündigen, wenn ihre Forderungen nicht akzeptiert wurden, was den Zusammenbruch des Gesundheitssystems zur Folge hätte. Interessanterweise waren bei diesem Spiel die Versicherten zumeist auf Seiten der Ärzteschaft und nicht auf Seiten der Kassen, die eigentlich ihre Interessen, also ihre Beiträge, treuhänderisch zu vertreten haben.

Momentan steht die Problematik Vertragssystem gegen Wahlarztsystem auf der Agenda, also privat gegen staatlich. Es wird immer schwieriger Vertragsstellen zu besetzen, da es unattraktiv ist so eine zu übernehmen. Darum entscheiden sich viele Ärzte für eine Wahlarztstelle.

Wenn man diese Situation kritisch betrachtet, dann sind die Wahlärzte eigentlich die Rosinenpicker des Systems. Sie sind an keine Tarife gebunden, können frei ihre Honorare bestimmen, haben eine freie Zeiteinteilung, was die Öffnungszeiten betrifft, und sie brauchen weder Wochenend- oder Notarztdienste leisten.

Eine spezielle Form sind Ärzte, die Teilzeit in Krankenhäusern arbeiten und nebenbei eine Wahlarztordination betreiben. So sind sie versicherungsmäßig gut abgedeckt und haben auch einen guten Zugang zu Patienten für ihre Praxis. Den behandelnden Arzt kennt der Kranke vom Spital, und da ist es naheliegend, dass man auch nachher privat zu ihm wechselt.

Jetzt hat die österreichische Ärztekammer einen Vorschlag unterbreitet, um das angeblich marode österreichische Gesundheitssystem, wieder auf europäisches Niveau zu bringen. Ich will es kurz machen. Bei der langen Liste der Forderungen geht es ausschließlich um mehr Geld, um sehr viel mehr Geld. (Ich will die einzelnen Punkte hier nicht aufzählen, aber eine detaillierte Betrachtung ist einen weiteren Beitrag wert).

Kurz gesagt, da geht es um einige Milliarden, die notwendig wären. Das würde höhere Versichertenbeiträge erfordern, was politisch (Lohnnebenkosten) sicher nicht umsetzbar ist. Daher muss das Geld aus dem Budget kommen, also vom Steuerzahler direkt. Und so wie ich Österreich kenne, werden sich die Ärzte nach den üblichen Drohungen durchsetzen und den Großteil ihrer Geldforderungen auch bekommen. Ansonsten wird unser Gesundheitssystem wieder einmal zusammenbrechen.

Abschießend möchte ich eine Zahl, die der Obmann der ÖGK, Herr Huss, bei einem Interview im ZiB2 erwähnt hat, auch hier anfügen, ohne diese überprüft zu haben. Nach dieser Aussage erhalten Vertragsärzte (Herr Huss bezieht sich dabei auf die Finanz) durchschnittlich ein Nettogehalt  von 9.000,– monatlich (zwölfmal im Jahr). Nun ist das sicher kein Millionärsgehalt, aber für das Hungertuch reicht es auch wieder nicht, wobei ich unbedingt festhalten will, dass Ärzte gut, nein sehr gut bezahlt werden sollen, denn sie haben einen beinharten, sehr verantwortungsvollen Beruf.

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Elias Schneitter

Elias Schneitter, geb. 1953, lebt in Wien und Tirol. Zahlreiche Publikationen. Zuletzt der Erzählband „Fußball ist auch bei Regen schön“ (Edition BAES), der Roman „Ein gutes Pferd zieht noch einmal“ (Kyrene Verlag) und der Gedichtband „Wie geht’s“ in der Stadtlichter Presse, Hamburg. Daneben Tätigkeit als Kleinverleger der edition baes (www.edition-baes.com), wo ein Schwerpunkt auf die Veröffentlichung von Literatur aus der US-amerikanischen Subkultur gelegt wird. Schneitter ist Mitbegründer und Kurator beim internationalen Tiroler Literaturfestival „sprachsalz“ (www.sprachsalz.com) in Hall.

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