Andreas Niedermann
Die Knallbar Diaries
Folge 36-38
Über Albträume,
rechte und linke Irrtümer
und die Liebe zu den Tieren
Kapitel 36
Eine Lieblingsfurcht des blutjungen Lev-André Knallbar war, ohne eine Münze in der Tasche (pleite wie immer) und ohne Vorwarnung auf die Straßen von New York gebeamt zu werden, plötzlich am Times Square zu stehen oder in einem Straßenzug der Bronx, einfach so, piff-paff-puff. Da ging dem Kleinen aber der Reis!
Wobei, so klein war er auch wieder nicht, nur jung.
Und so mühte er sich redlich, der Lev-André, diese Lieblingsangst zu überwinden und lebte dahin, bis die Furcht sich in Lust verwandelt hatte. Das hielt er geheim, verriet es niemandem, bis er dann einmal darüber schrieb. Unter einem Pseudonym, das hier, an dieser Stelle, gelüftet werden soll: Martin Walser. Oder war’s doch Günter Grass? Oder Donna Leon? Zsusa Bank?
Verleger Moss ruft an.
– Was ist, Knallbar, hast du heute etwas zu den Zeitläuften zu sagen? Oder hältst dich wieder mal vornehm zurück.
– Hör zu, Moss, ich sag dir was: Wer in Sicherheit und Freiheit lebend in seiner alten Heimat demokratisch den Faschismus wählt, ist ein widerwärtiges und verachtenswertes Stück Scheiße, und die innerste Zicke seines Wollens ist letztlich Krieg. Reicht das?
– Vollauf, Knallbar, vollauf!
Kapitel 37
Kann man sich vorstellen, was los wäre, wären die Verwüstungen, die die Linksfaschisten in Hamburg produzierten, von Rechten begangen worden?
Wie unangenehm, für einen selber, den Unsinn, den man vor Jahren ausgestoßen hat, nun maßstabgetreu aus dem Munde der Rechtfertiger zu vernehmen. Man bekommt dabei eine Gänsehaut.
Wenn man alt wird, dämmert einem, dass alles falsch ist. Vielleicht sogar das Dämmern.
Ich war auch dabei, als in den Achtzigern in Zürich, und auch in Basel, die Schaufensterscheiben klirrten und geplündert wurde. Ich war dabei, ohne Scheiben einzuwerfen und ohne zu plündern. Bei einem Pelzmodengeschäfteeinbruch habe ich die Kleiderbügel geklaut. So habe ich meiner Verachtung für den Konsum Ausdruck verliehen.
Die Geschichte wiederholt sich. Als Farce. Heißt es. Aber die Farce ist schlimmer als die Tragödie. Wusste Marx das auch?
Kapitel 38
Neulich brüllte ich eine maunzende Katze an, sie möge doch die Fresse halten. Was für eine Sau ich doch bin, sowas tut man nicht. Ich habe auch einen Esel, der mich genervt hat, angeschrien, er möge sich umgehend verpissen, ich habe hier zu arbeiten.
Ich habe auch schon Rinder mit einem Stock geschlagen. Ich habe aber auch schon winzige Igel durch den Winter gebracht, und schwer leidende Kühe operiert.
Ich habe Tauben getötet und Ratten ertränkt, Mäuse erschlagen und unzählige Mücken und Fliegen. Ich bin eben ein richtiges Arschloch. Lev-André Knallbar ist ein Arschloch. Das ist keine Neuigkeit, verzeihen Sie die Redundanz.
Stellt sich die Frage: Mag er denn keine Tiere?
Der Komiker, Schauspieler und Drehbuchautor W.C. Fields (1880-1946) sagte einmal: „Wer Kinder und Hunde nicht ausstehen kann, kann kein ganz schlechter Mensch sein.“
Tiere? Es ist wie bei den human beings: Als Gattung können sie mir gestohlen bleiben, aber einzelne Exemplare davon finde ich großartig.
Und jetzt los mit dem Shitstorm!
Ende des Fortsetzungsromans. Wir danken dem Autor herzlich für die Zurverfügungstellung seines Originalmanuskripts.
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