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Alois Schöpf
Wo bleibt die Legitimation?
Apropos

Viele Tiroler schimpfen über den Tourismus, wenn sie im Stau stehen, und vergessen, dass ihre Landsleute von etwas leben müssen, wobei die Landwirtschaft längst nicht mehr in Betracht kommt. Es würde also nur die Industrie übrig bleiben, sofern man die Dienstleistungsbranchen, den Tourismus also, so ablehnt, wie es derzeit Mode ist.

Wäre Tirol tatsächlich schöner und vor allem naturnäher, wenn die Talböden zwecks Ernährung der Bevölkerung voll von Fabriken stünden, statt dass mit Hotels und Skigebieten Gäste beherbergt werden?

Leider sind die meisten Politiker nicht mutig genug, um sich gegen den Zeitgeist zu stellen.

Immerhin hat Tourismuslandesrat Mario Gerber jetzt den Mund aufgemacht und die Frage gestellt, woher Organisationen wie der WWF, Attac, Greenpeace oder der Alpenverein eigentlich die Legitimation nehmen, vom hohen Ross ihrer moralischen Arroganz herab gleichsam als nicht gewählte Parallelregierungen zu bestimmen, wo Skigebiete zusammengeschlossen oder, vom Tourismus abgesehen, Wasserkraftwerke errichtet werden dürfen oder nicht.

Bei aller Würdigung der hehren Ideale der genannten Organisationen: Die Macht geht laut Verfassung noch immer vom Volk aus und das hat gerade zu 90,2 Prozent nicht grün gewählt.

Vielleicht sollte dieser Umstand die tatsächlich Gewählten dazu animieren, vor den Priesterorden der neuen Naturreligionen weniger im Staub zu kriechen.

Erschienen in der Tiroler Tageszeitung am 01.04.2023

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Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

Dieser Beitrag hat 13 Kommentare

  1. Gerhard Scholz

    S.g. Herr Schöpf ,
    Ihrer Kolumne vom 1.4.2023 stimme ich natürlich teils zu .Tirol ohne Tourismus wäre sicher ein ärmliches Land. In den Jahren 1971/72 war ich unter den Ersten, die mit Dr. H.Klier in Seilbahn und Lifte am Gletscher im Gebiet der Dresdner Hütte investierten. Und trotzdem – ich erlaub mir heute Bedenken über solche Projekte .
    In den letzten 50 Jahren hat sich Vieles überdimensional und daher leider nicht nur zum Guten entwickelt. Ich sehe die Gefahr, dass, getragen von Tirols großartigen Naturschönheiten, ein fast unaufhaltsamer Selbstzerstörungsprozess in Gang gesetzt wurde, der im Tourismus durch noch mehr, noch größer, noch moderner aufgeschaukelt wird.
    Dem entgegenzuwirken, zu kritisieren und versuchen zu bremsen, soll eigentlich allen, denen eine gute Zukunft des „Landes im Gebirge“ „im Herz der Alpen“ am eigenen Herzen liegt, ein wichtiges Anliegen sein.
    Der Alpenverein hat meines Erachtens genau diesen Goldenen Mittelweg, der noch möglich ist, als eines seiner großen Ziele im Plan. Der AV hatte in den letzten 150 oder mehr Jahren am Aufschwung des Tourismus in Tirol sicherlich einen wichtigen Anteil. Sehr geehrter Herr Schöpf, Sie kennen sicherlich auch die großartige Infrastrukturleistung, die der AV durch ein unverzichtbares Netz an Hütten und Wegen in unseren Bergen errichtet hat. Viele weitere touristische Entwicklungen sind großteils diesen Fußstapfen gefolgt.
    Aus diesen Gründen, glaube ich, hat der Alpenverein eine besonders starke Legitimation, sich einzumischen, und das zumindest so legitim wie ein Tourismusverband, der Wirtschaftsbund oder der Bauernbund. Ich betrachte es auch als besonders merkwürdig, Attac in der Argumentetion mit dem Alpenverein auf eine Stufe zu stellen .

  2. Harald Medenus

    Gratulation lieber Alois !
    Mir deucht die Leser, bei denen der Druck – welcher auch immer – etwas über den Sollzustand hinaus angestiegen ist, bis sie zur Feder gegriffen haben, erinnern sich nicht an den alten Brauch! Den Brauch, den wir schon in der Volksschule ausgeübt haben – lang ist’s her – . Da haben wir den Nächsten, Jüngeren zum Greisler geschickt, um „einen Sack haumiblau“. Und wenn das nicht hingehaut hat, dann um „einen Scharmitzel ibindumm“!
    Einen wunderschönen Tag wünsch ich mit besten Grüßen aus dem Hochtal

  3. Sepp Rettenbacher

    Lieber Alois,
    hast Du super geschrieben heute in der TT, genauso wie es wirklich ist.
    Aber es geht trotzdem weiter, auch wo die Landesregierung jetzt gesagt hat, dass genug geschützt wird.

  4. Hansjörg Wohlfarter

    Sehr geehrter Herr Schöpf!
    Herzliche Gratulation zu Ihrem TT-Artikel in der heutigen Ausgabe.
    Ich kann Deine Meinung nur ganz und voll unterstreichen!
    Ich freue mich auf weitere solche objektive Beiträge von Dir.
    Mein Freund Mag. Hannes Parth hat Dir auch schon
    gratuliert!

  5. Karl-Heinz Pohler,

    Sehr geehrter Herr Schöpf! Woher bezieht jemand, der vor nicht allzu langer Zeit einen Herrn Kurz als junges politisches Supertalent von Europa bezeichnet hat, SEINE Legitimation, diese anderen durchaus verdienstvollen Organisationen abzusprechen??? Ihre „Bewertung“ der Nehammer-Rede spricht weitere Bände!
    Mit freundlichen Grüßen

  6. Josef Pockenauer

    Schönen guten Morgen Herr Schöpf!
    Geradezu eine Wohltat, was Sie heute schreiben.
    Schönes Wochenende

  7. Walter Pittracher

    SG Herr Schöpf,
    ich teile die geäußerte Meinung hiezu nicht. Ich muss doch nicht grün wählen, oder?! Wissen Sie, wie das Volk in einzelnen Problem – Themen denkt? Tourismus wird sicherlich in der überwiegenden Bevölkerung nicht generell als schlecht gesehen. Überbordender wohl ja!
    Oder unsinnige Lifterweiterungen u.ä…

  8. Otto Riedling

    Mit der Legitimation ist das so eine Sache. Ist es legitim, dass eine Partei mit 17% der Wählerstimmen (SPÖ) 37,5% der Regierungssitze innehat? Ist es legitim, dass eine Partei
    mit 34% der Wählerstimmen (ÖVP) 62,5% der Regierungssitze innehat? Fragen über Fragen.

  9. Michael Motz

    Hallo Alois, die Macht der NGOs rührt daher, dass sie medial nicht hinterfragt werden. Keine Aussage, keine Zahl und kein Foto einer NGO wird Recherchen unterzogen. Sucht der ORF oder eine Zeitung in der Eile einen „Experten“, so kommt der zu 90 Prozent von einer NGO. Während andere Organisationen politisch zugeordnet werden, gelten NGOs als unabhängig. Dass fast alle NGOs linkslastig sind, passt zum medialen Mainstream.
    Frohe Ostern

    1. Otto Riedling

      Eine heftige Aussage über den ORF, noch dazu als ehemaliger ORF-ler. Dass die Experten in den NGOs zu finden sind, hat damit zu tun, dass die politischen Parteien in den 1980er- und 1990er-Jahren unfähig waren, Experten zu Rate zu ziehen bzw. in ihren Parteien zu etablieren (Aufbau eines Think-Tanks).

  10. Manfred Waldner

    Sehr geehrter Herr Schöpf!
    Ich möchte meinem Brief an Sie vom Samstag noch zwei Punkte hinzufügen: Erstens – ich habe den Leserbrief in der TT, indem Sie deswegen angriffen wurden, weil Sie KLARE WORTE bzw. eine KLARE Sprache wählen, gelesen! Scheinbar darf man nur LINKS klare Worte reden bzw. in der PC- und Mainstream-Bewegung!
    Wie angenehm war die direkt herzliche Gratulation der unterlegenen finnischen Ministerpräsidentin an die beiden Wahlgewinner, von sowas bzw. dieser demokratischen Gesinnung und diesem lobenswerten Stil können wir in Österreich nur träumen.
    Hier wird alles, was nicht links-grün ist, niedergemacht, ja sogar die ÖVP! Und – leider machen hier sogar die NEOS mit! Und dass der Wahlgewinner klarstellte, dass er mit ALLEN Parteien reden werde bzw. es Koalitionsmöglichkeiten gäbe, auch DAS ist in Ö leider „Geschichte“, Intoleranz und Ausgrenzung haben Hochkultur!
    Zweitens – die Bresche zwischen veröffentlichter und öffentlicher Meinung wird immer größer, die Medien, speziell der Staatsfunk „bewerten“ die Nachrichten selbst und zwingen diese sozusagen den Bürgern auf! Was ist das für eine Demokratie, wo von einer MINDERHEIT den Bürgern vorgeschrieben wird, wie sie zu sprechen oder schreiben hätten, ja sogar vorgeschrieben wird, was sie zu denken (oder nicht zu denken) hätten. Parteien und Meinungen, die NICHT in das oben genannte Schema passen, werden attackiert und ausgegrenzt!
    Zukünftig wird unter dem „Deckmantel“ der „Klimarettung“ den Bürgern auch zunehmend vorgeschrieben, wie sie sich fortbewegen sollen, welche Autos sie fahren sollen, was sie essen sollten und wie und wo sie ihre Reisen (nicht) machen sollten!
    Ein eigenes Thema wäre die Bildung, das würde VIELE Zeilen füllen, denn hier läuft sehr, sehr viel völlig falsch. Nicht umsonst bekommt man keine Lehrer mehr oder steigen immer mehr aus!
    Und schließlich die EU – der Grundgedanke war ja nicht schlecht, aber WAS daraus gemacht wurde, ist haarsträubend! Viele ihrer eigenen Verträge und Gesetze wurden gebrochen oder „außer Kraft gesetzt“, wie Maastricht, Lissabon, EZB (welche ihre eigentliche Aufgabe der Wahrungsstabilität kaum wahrnimmt, dafür aber ihre Kompetenz überschreitet, indem sie die südlichen Staaten bzw. maroden Banken über „faule“ Anleihen in Billionenhöhe unterstützt und so eine „Vergemeinschaftung“ der Schulden, welche ja in der EU verboten sein sollte, genauso vorantreibt wie die EU, entgegen den Verträgen (Lissabon, Maastricht)! Eine EU, welche die A-Kraft vorantreibt und subventioniert, welche bei der Migrations- und Asylfrage grandios gescheitert ist, welche weltfremde Gesetze und Erlässe „verordnet“, in der die Politspitzen KEINE demokratische Legitimation haben, in welcher Tausende von Lobbyisten übermäßig viel Einfluss haben, wo Teile des Parlamentes korrupt sind, welche sich zu einem „Privilegienstadel“ (hohe Gehälter, Zulagen, volle Inflationsabgeltung, ….) „gemausert“ hat, wo der Zentralismus immer stärker wird, wo viele Erlässe, Gesetze in der „Hinterkammer“ ausgeheckt und dann den Mitgliedsstaaten einfach präsentiert werden, ohne viele Einspruchsmöglichkeiten! Eine EU, in der eine Landwirtschaft mit vielen Milliarden subventioniert wird (vor allem die großen und mechanisierte LW) usw.!
    Sie sehen, es läuft vieles falsch bei uns und in der EU! Über viele Themen wird in unserer „gleichgeschalteten“ Medienlandschaft nicht oder kaum berichtet (z.B. steigende Kriminalität, AUCH durch die Migration bedingt, oder die Geringschätzung den Frauen gegenüber, speziell durch konservative bzw. strenggläubige Moslems) usw.!
    Sie mögen nicht mit allem einverstanden sein, was MIR am Herzen liegt, doch das ist für mich normal in einer Demokratie, ja sogar wichtig! Und sehen Sie, DA unterscheide ich mich schon von vielen (eher links-gepolten) Österreichern bzw. politischen Parteien, die andere Meinungen nicht schätzen bzw. sie sogar bekämpfen. Interessant ist, dass gerade JENE, welche immer von „Toleranz“ reden bzw. diese predigen, am wenigsten tolerant gegenüber anderen Ansichten sind! Aber – wie ich schon einmal geschrieben habe, ist in manchen Bereichen sogar mancher „Bananenstaat“ in Mittelamerika (wo ich sehr lange gelebt habe) demokratisch weiter als wir! Aber – das wäre schon wieder ein eigenes Thema!

  11. Urban Winkler

    Sehr geehrter Herr Schöpf, guter Alois !
    Mit viel Freude lese ich immer wieder Ihre so toll gefassten Kolumnen in der TT. Denn Sie sind ein mutiger Mann, der mit beiden Beinen im Leben steht und einen gesunden Menschenverstand hat.
    Ja, Sie sind ein wertvoller Mensch, weil Sie sich von Ihren ach so ehrenwerten Kritikern (diesen komischen Vögeln) nicht einschüchtern lassen, denn diese Leute sind nur eine Minderheit im Land und kommen sich als Weltverbesserer und weiß Gott für Besserwisser vor, und bilden sich ein, die große Mehrheit im Land darzustellen. Leider vermehren sich solche Leute besorgniserregend, weils ja so bequem ist gegen etwas zu schimpfen oder gegen etwas zu sein, und sogar viele Studenten kommen sich gut vor, wenn sie auf dieser Schiene mitmachen. Aber oft fehlt es grob an Hirnschmalz.und gesundem Menschenverstand.
    Darum sagt ja ein altes Sprichwort, dass man vor Inbetriebnahme des Mundwerkes das Gehirn einschalten sollte. Damit hätten sich schon viele Menschen eine Blamage erspart.
    Also dann guter Luis, mach weiter so, denn Du netter Mann wirst von vielen Leuten im Land respektiert.

  12. Wolfgang Kerber

    Sehr geehrter Herr Schöpf,
    ich kann Ihnen durchaus eine Antwort auf Ihre Frage „Wo bleibt die Legitimation?“ anbieten.
    Aber von vorne: Ist es nicht etwas pauschal und ungenau, weil es wird doch nicht der Tourismus an sich abgelehnt, sondern der „immer weiter, höher, größer“-Tourismus? (In derselben TT-Ausgabe vom Samstag wird zur Skischaukel Sillian-Sexten der Alpenverein zitiert, dass die Politik einen „neuen Weg“ im Tourismus angekündigt hat; ich erinnere mich auch. Und bitte zu entschuldigen, gleich so früh vom Alpenverein zu schreiben, aber dazu später noch mehr.)
    Der Tourismus ist auch nur ein Teil des Dienstleistungssektors, es bliebe selbst ohne Tourismus doch etwas mehr als nur die Industrie.
    Ich klammere die anderen NGOs mal aus, aber agiert der Alpenverein tatsächlich vom „hohen Ross der moralischen Arroganz“ aus? Ist dies nicht eine Verunglimpfung eines Vereins (und seiner Mitglieder), in dem viel Freiwilligenarbeit stattfindet, wovon auch der Tourismus profitiert?
    Woher der Alpenverein seine Legitimation hernimmt, lässt sich auch beantworten: Er hat mehr als eine halbe Million Mitglieder, mehr als 100.000 davon in Tirol. Viel mehr Stimmen hat die Volkspartei bei der letzten Wahl auch nicht mehr erhalten. Das macht den Alpenverein zwar nicht zu einer „gewählten Parallelregierung“, aber durchaus relevant. Der Umkehrschluss, dass mehr als 90 % nicht die Grünen gewählt haben (also weniger als 10 Prozent), funktioniert nicht, weil der Alpenverein eben mehr als 10 Prozent Tiroler als Mitglieder hat. Ich kann mich für die Umwelt interessieren, ohne grün zu wählen. Und ich hoffe doch, wenn die Macht vom Volk ausgeht, dass auch die Minderheit trotz ihrer Minderheit Teil des Volkes sein darf.
    Sie verweisen zwar mit obiger Aussage zu NGOs auf Tourismussprecher Gerber, der „den Mund aufgemacht“ hat, aber wie hat er den Mund aufgemacht (zu lesen vorletzten Sonntag in der TT)? Sie gehen ihm „langsam, aber sicher auf die Nerven“. Etwas dünnhäutig für einen Politiker, womit sich Gerber nur einreiht bei Geisler, Walser, Hörl, die auch nicht immer den richtigen Umgangston treffen. Und alle einer Partei angehören, die bei der letzten Wahl 9,5 Prozentpunkte verloren hat, deren Legitimation also auch immer geringer wird.

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